Hype um UGG-Boots: So hot wie unattraktiv

UGG-Boots, die plüschig gefütterten Wildlederschuhe, sind vor allem eines: hässlich. Oder liegt das eher am sonstigen Styling der Annikas?

Personen mit Einkaufstaschen von hinten, Blick auf die Schuhe

Wirken wie Hausschuhe, werden aber vornehmlich draußen getragen: UGG-Boots, hier in New York Foto: Richard B. Levine/imago

Regelmäßige taz-Leser_innen wissen: Bei mir wird niemand verschont. Keine Gruppe, kein Sternzeichen, keine Subkultur, kein Schuh. Niemaus wird vergessen. Und so komme ich nicht drum herum, mich nach den Crocs und den Barfußschuhen nun endlich einem der kontroversesten Schuhe meiner Generation zu widmen: den UGG-Boots.

Wer die letzten zwanzig Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, wird schon mal UGG-Boots gesehen haben. Der plüschig gefütterte Wildlederschuh erinnert mit seinen runden Formen, seiner Schaumgummisohle und seiner fleckenempfänglichen Oberfläche an Stiefel für zu Hause, wird jedoch herkömmlicherweise draußen getragen. Klassisch ist er braun-beige, doch es gibt mittlerweile alle möglichen Farben, Schafthöhen und Gimmicks wie zum Beispiel Pailletten, Plateau oder Schleifen. Obwohl es sie seit den 1970ern gibt, war der Peak ihres Trends in den 2000er Jahren.

Durch das Y2K-Revival geriet der Schuh bereits letzten Winter näher an mein Toleranzlevel, als mir lieb ist. Jetzt, wo selbst das Modelabel der Stunde, Telfar, eine UGG-Kollektion herausbringt, sind sämtliche Fashion-Koordinaten verschoben. Denn obwohl beim Design an Hässlichkeit nicht gespart wurde, waren es vornehmlich Basic Bitches (zu Deutsch: Annikas), die den Schuh zu dem machen, was er heute ist: der Pumpkin Spiced Latte des Schuhwerks.

Nun würden einige einwenden, dass die Annika-Aversion oder das Basic-Bitch-Bashing etwas Sexistisches in sich birgt. Das mag zutreffen, wenn Comedy-Timo sich Mario-Barth-mäßig über seine Freundin lustig macht. Doch wer selbst unter der Tyrannei der Annikas gelitten hat, fühlt ihnen gegenüber eine Abneigung, die schnell in Arroganz schwanken kann. Aus gutem Grund.

Halten warm, aber nicht trocken

Was spricht dafür, dass der australische Winterstiefel in die Fußstapfen der eins verhassten, nun gehypeten Crocs treten könnte? Nun: UGGs sind wie Hausschuhe. Das macht sie so hot wie unattraktiv. Weil sie die Füße zwar warm, aber nicht trocken halten. Außerdem ballern sie an den wenigsten Leuten. Wahrscheinlich gelten sie deshalb als so furchtbar: Das schlechte Styling der Annikas hat sich ins kollektive Gedächtnis der Gesellschaft fest eingebrannt.

Andererseits ist es so: ich liebe hausschuhartige Straßenschuhe. Pantoffeln, Loafer, Crocs, Plüschslipper, die ganze Palette. Und spätestens, seit Franziska Giffey gesagt hat, Berlin sollte sich weniger „schludrig“ kleiden, wissen wir, dass schludrig the new sexy ist. Gleichzeitig frage ich mich, ob Annika Giffey nicht selbst in den 00ern in UGGs unterwegs war. Vielleicht nicht in Kombi mit einem Juicy-Couture-Anzug, sondern mit Longchamp-Tasche und Starbucks-Becher-Selfie im Publikum einer Rede von ihrer Ikone Heinz Buschkowksy, um sich ein paar rassistische Politics abzugucken?

Wahrscheinlich macht es eben die Kombi und das Mindset. Annika ist nicht, was du trägst, sondern wie du es trägst – und wie du tickst.

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Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.

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