Humanitäre Hilfe für Gaza: Weitere Vorwürfe gegen UN-Hilfswerk
Angesichts der Vorwürfe wegen Hamas-Unterstützern im UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge bröckelt die Hilfe. Alternativen für die Bevölkerung gibt es kaum.
Laut Bericht sind zudem rund 23 Prozent aller männlichen Mitarbeiter der UN-Organisation aktiver Teil verschiedenster Hamas-Strukturen. Die Informationen der israelischen Geheimdienste kommen aus Verhören gefangener Hamas-Terroristen, beziehen sich auf Dokumente von toten Terroristen oder auf Mobilfunkdaten.
Die UNRWA beschäftigt rund 13.000 Personen – und unterstützt Palästinenser:innen im Gazastreifen mit Nahrungsmittelhilfe, Trinkwasserversorgung, betreibt Schulen und Flüchtlingsunterkünfte. Geld dafür bekommt sie auch von der Bundesregierung. Im vergangenen Jahr rund 206 Millionen Euro, davon etwa 130 Millionen Euro aus dem Auswärtigen Amt. 83 Millionen Euro flossen den Angaben nach allein in den Gazastreifen. Die Bundesregierung forderte daher am Montag eine schnelle Aufklärung. Es sei an der UNWRA, „sehr schnell und rasch die notwendigen Schritte zur Aufklärung zu unternehmen, um diese Situation zu bereinigen“, sagte ein Außenamtssprecher.
Die humanitäre Hilfe gehe indes weiter, bestätigt die Bundesregierung. Für diese Woche ist zudem eine digitale Konferenz mit UNRWA-Chef Philippe Lazzarini und den Geldgebern geplant. An ihm als Chef der Organisation hält die Bundesregierung derzeit fest, obwohl erste Rufe nach seinem Rücktritt, etwa von Israels Außenminister Katz, laut werden. Alternativen zur UNRWA gibt es derzeit kaum, weil andere Hilfsorganisationen wie das Welternährungsprogramm, Unicef, der Rote Halbmond oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) nur bedingt dessen Aufgaben übernehmen können. Über Jahrzehnte hinweg hingen die Palästinenser:innen am Tropf der UNRWA.
Basisversorgung hat Priorität
Auch aus dem Bundesentwicklungsministerium bekommt die UNRWA Geld. Doch bereits unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 hatte das von Svenja Schulze (SPD) geführte Ministerium alle Zahlungen und Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt. Kontrolliert wurden Geld- und Transferkonten, sämtliche lokale Partnerorganisationen und auch Angaben über das gelieferte Material, das strengen Auflagen unterliegt. Neben der UNRWA, die im Wesentlichen humanitäre Hilfe umfasst, wurde die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit den palästinensischen Gebieten geprüft. Darunter fallen etwa auch Projekte, die die Verwaltung unterstützen sollen.
Seit dem Krieg im Gazastreifen hat jedoch die Basisversorgung absolute Priorität. Nach den neuen Vorwürfen steht nun auch eine komplette Reform der UNRWA im Raum. Allerdings wird diese Monate dauern, Zeit, die die Palästinenser:innen im Gazastreifen nicht haben. Vor allem im Norden droht derzeit eine Hungersnot. Für die akute Versorgung reichen die bereits gelieferten Güter noch aus, aber in wenigen Wochen könnte die Versorgung deutlich stocken, wenn weitere Lieferungen ausbleiben.
Der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, sagte der taz: „Dem Vorwurf der Beteiligung von UNWRA-Mitarbeitenden an den Terroranschlägen vom 7. Oktober muss konsequent nachgegangen werden. Eine Beteiligung wäre erschütternd, denn eine Täterschaft würde den humanitären Zielen – Leben zu retten und Leiden zu lindern – diametral entgegenstehen.“ Entschieden stellt er sich gegen eine Einstellung der Finanzierung von UNRWA-Programmen. „Die UNRWA ist der maßgebliche Akteur, der in der gegenwärtigen Lage in Gaza der Zivilbevölkerung im großen Maße Schutz und Versorgung ermöglichen kann.“
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