Homöopathie in Bremen: Krankenkassen-Verträge gekündigt
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Homöopathie wirkt. Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen beendet Verträge über deren Vergütung.
Die Meinungen über die Wirkung von Homöopathie gehen auseinander, „aber der wissenschaftliche Nachweis fehlt“, sagt Christoph Fox, Sprecher der KV. Da immer noch nicht alle Behandlungen, deren Nutzen dagegen wissenschaftlich bewiesen ist, komplett von Krankenversicherungen getragen werden könnten, seien für Homöopathie keine Mittel übrig, heißt es zudem in der Mitteilung.
Gekündigt werden sogenannte Selektivverträge. Solche gehen über das hinaus, was die Kasse im Rahmen der gesetzlichen Regelungen übernehmen muss. Es gebe sie zum Beispiel für bestimmte Krankheitsbilder – und eben zur Vergütung homöopathischer Leistungen, sagt Fox. Die betroffenen Kassen in Bremen seien bereits informiert. Es handele sich um kleinere Kassen, „nicht die großen Player in Bremen“, auch das Volumen sei „nicht nennenswert“, sagt Fox. Die Kündigungen seien eher „ein politisches Zeichen“.
Denn im Herbst 2019 hatte die Ärztekammer Bremen – als erste bundesweit – die Homöopathie aus den Weiterbildungsangeboten gestrichen. Das heißt: Ärzt:innen können seither keine offizielle Zusatzbezeichnung als Homöopath:in mehr erlangen. Klagen dagegen blieben erfolglos. Andere Ärztekammern sind dem Beispiel gefolgt. Lediglich in fünf Bundesländern gibt es die Zusatzbezeichnung weiterhin. Die Entscheidung über die Vertragskündigungen wird von der KV und auch der Ärztekammer Bremen daher als folgerichtig beschrieben.
Zwischen Patient:in und Kasse
Wer bei einer betroffenen Krankenkasse versichert ist, konnte homöopathische Leistungen bisher in Anspruch nehmen, indem er oder sie beim Arztbesuch die Versichertenkarte hat einlesen lassen. So, wie man es eben gewohnt ist: hingehen, Leistung erhalten, fertig, erklärt Fox. Jetzt solle man besser vorab klären, welche Leistungen die Kasse weiterhin trägt.
Was übernommen wird, müsse dann mit der entsprechenden Rechnung nachträglich eingereicht werden. „Die Kostenerstattung ist nach wie vor möglich“, sagt Fox. Das sei allein Sache zwischen Krankenkasse und Patient:innen. Die KV dagegen kümmere sich lediglich um die Abwicklung der Kostenströme zwischen Arztpraxen und Versicherungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Betroffen ist etwa die IKK gesund plus. Auf der Webseite sind die Verträge mit der KV explizit erwähnt. Dort heißt es zudem: „Nicht verschreibungspflichtige, apothekenpflichtige Arzneimittel zur homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Behandlung werden in vollem Umfang von der IKK gesund plus erstattet.“ Allerdings nur bis zu einer Grenze von 100 Euro pro Jahr.
Wird die Kasse auch ohne den Vertrag die Leistungen weiterhin übernehmen? Man wolle nun zunächst intern besprechen, wie man damit umgehe und in den kommenden Tagen dazu Stellung beziehen, sagt der Sprecher der IKK auf Nachfrage der taz. Es solle „eine Lösung im Sinne der Versicherten“ gefunden werden.
Thema hatte Grüne gespalten
Einige Grünen-Mitglieder dürften die Kündigung der Verträge begrüßen: Sie wollten ins Wahlprogramm zur letzten Bundestagswahl schreiben, dass die Finanzierung der Homöopathie über die Krankenkassen zu beenden sei. Sie sind bei einem Bundesparteitag jedoch am Widerstand der Globuli-Befürworter:innen gescheitert. Man einigte sich schließlich darauf, dass die Kassen homöopathische Leistungen bezahlen dürfen – aber nur Versicherten mit Sondertarif.
Mit der Kündigung der Verträge ist die KV laut Fox die erste in Deutschland. „Mal schauen, was da noch kommt“, sagt er. Von der Webseite der KV Bremen seien die Verträge schon verschwunden, die Kündigungen erfolgten nun so bald wie möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los