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Hausdurchsuchung bei AStA-MitarbeiterinGefährlicher Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft

Kommentar von Robert Matthies

Die Durchsuchung bei einer Studentin im Anschluss an eine kritische Tagung in Hamburg zeigt, wie gefährdet die Freiheit akademischer Räume ist.

Nicht für alle wissenschaftlichen Tagungen ein Heimathafen: Schild an einer Baustelle an der Uni Hamburg vor ein paar Jahren Foto: Christian Charisius/dpa

D ie Uni Hamburg verweigert einer wissenschaftlichen Konferenz zur Klimakrise und zu sozialer Gerechtigkeit kurzfristig die Räume, weil der Verfassungsschutz in ihr eine Propagandaveranstaltung PKK-naher Gruppen sieht. Im Anschluss an die Konferenz, die woanders stattfinden musste, kommt es zu weiteren Ermittlungen, Überwachungsmaßnahmen und einer Durchsuchung des WG-Zimmers einer AStA-Mitarbeiterin, weil sie sich an der Konferenz beteiligt hatte – die der Asta mitorganisiert hatte.

All das hat rechtliche Grundlagen, wirft aber ernsthafte Fragen über die Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in akademische Räume auf. Demokratie lebt vom offenen Diskurs, übermäßige Kontrolle diskreditiert legitime Debatten und schüchtert kritische Stimmen ein. Die Wissenschaftsfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Unschuldsvermutung sind aber Grundpfeiler unserer Demokratie. Wenn sie im Namen der Sicherheit ausgehöhlt werden, ist das in Zeiten einer schleichenden gesellschaftlichen Autoritarisierung hochgefährlich.

Dass eine Veranstaltung, die sich mit Demokratieabbau, Klimakrise und Alternativen zum Kapitalismus auseinandersetzt, unter Terrorismusverdacht gerät, weil kurdische Gruppen daran teilnehmen, ist absurd. Die Kriminalisierung dieser Gruppen nach Paragraf 129b StGB wird als Vorwand genutzt, einen kritischen Diskurs zu unterbinden. Sich mit der Gefährdung von Menschenrechten, mit Umweltzerstörung und patriarchaler Gewalt wissenschaftlich und auch politisch auseinanderzusetzen, ist richtig und wird nicht deshalb zum Problem, weil auch kurdische Gruppen das tun.

Unis dürfen nicht zu Vollzugsgehilfen werden

Die Rolle, die die Unileitung bei den Vorkommnissen gespielt hat, ist erschreckend. Statt die akademische Freiheit zu verteidigen, hat sich Unipräsident Hauke Heekeren politisch beeinflussen lassen und mit der Entscheidung, die Veranstaltung wegen einer angeblich „parteipolitischen Ausrichtung“ abzusagen, letztlich zugelassen, dass ein Geheimdienst den Charakter wissenschaftlicher Tagungen beeinflusst.

Die Hausdurchsuchung bei der Asta-Mitarbeiterin ist eine weitere Eskalation und zeigt, wie fragil die Wissenschaftsfreiheit ist und wie schnell unliebsame Formen kritischen Denkens unter Verdacht geraten können. Es braucht eine breite öffentliche Debatte über die Grenzen staatlicher Eingriffe in den akademischen Raum. Universitäten dürfen nicht zu Vollzugsgehilfen politischer Interessen werden.

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Redakteur taz nord
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11 Kommentare

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  • Unterstützung von und Zusammenarbeit mit terroristischen Vereinigungen hat mit Wissenschaft nichts zu tun und an einer Universität nichts verloren!

  • "... unter Terrorismusverdacht gerät, weil kurdische Gruppen daran teilnehmen, ist absurd."

    So geschrieben stimmt das natürlich. Lautet der Satz aber "... unter Terrorismusverdacht gerät, weil als terroristisch gelablte PKK Gruppen daran teilnehmen, ist absurd. ", dann klingt das schon ganz anders.

  • Ja nun. NATO-Beschluss für die Region ist nicht, die Demokratie der kurdischen Gesellschaften in der Region zu sichern.



    (NATO ist dieses grösste Militärbündnis der Welt, mit den höchsten Rüstungsausgaben der Welt, das sich gerne als Brauchtums- und Heimatverein verzwergt - Zwinker-Zwinker-Smiley -)

    Weshalb der formal geltende Beschluss lautet: Die Befreiungsbewegungen, die Verteidigungsorganisationen Kurdistans gelten als "terroristische Vereinigung" nach den von den NATO-Staaten festgelegten Kriterien für "internationalen Terrorismus"

    Weshalb nachgeordnete Dienste zur Tat zu schreiten haben.



    Da hilft keine Empörung, kein Gejammer, kein Gezeter.



    Fakt ist, dass EU, dass NATO die Demokratie der kurdischen Gesellschaften nicht schützen nicht verteidigen wo sie es könnten.



    Das ist die geltende Außenpolitik.



    Ungebrochen auch, seitdem B90 /GRÜNE das Außenministerium führen.



    In der Praxis gibt es keine parlamentarische Vertretung in Deutschland, die Demokratie, Freiheit, Frieden und Souveränität Kurdistans garantiert, oder auch nur garantieren will.

    Scheiternde NATO-EU Aussen-Geostrategie-Politik seit Jahrzehnten.

  • Die Absage war korrekt, wenn man sich die Historie der Veranstaltung und der Veranstalter anschaut (die gleiche Veranstaltung in 2017 - Kämpfer berichten, PKK GRündungsmitglieder sind Redner usw...)

    DAs es hier um "Unterdrückung von MEinungen" geht ist absurd denn die Veranstaltung wurde ja erst zugelassen und nachdem der VS über die Veranstalter informierte abgesagt. Thematisch hatte die HH also damit wohl gar kein Problem.

    Die Begründung der Hausdurchsuchung wäre trotzdem sicher interessant.

    • @hkj2314:

      Richtig: Kämpfende berichten, PKK-Gründungsmitglieder sind Redner.



      Was gibt es daran auszusetzen? Wer glauben Sie hat in annähernd 40 Jahren den Widerstand, den Kampf in den kurdischen Gebieten des NATO-Staates der Türkei getragen?

      Was wissen Sie darüber, wie, warum und wo sich die PKK in diesen Jahrzehnten wandelte?



      Welchen Informationsstand haben Sie darüber, welchen Beitrag die PKK zur Demokratisierung des Widerstandes, der Gesellschaften Kurdistans beigetragen hat?

      Geschichtslosigkeit, Ahnungslosigkeit und das Nachplappern von Terroristenlisten der NATO ist keinerlei Grundlage für einen Diskurs.



      Es ist bloß funktionaler, galoppierend rechts retardierender Mainstream. Also das Zentrum der Organisation der internationalen Katastrophen.

  • Die Einengung des sagbaren, auch und gerade an Universitäten ist ein Problem.

    Nach wissenschaftlicher Freiheit und nach offenen Diskurs für/durch die Asta zu rufen erscheint mir jedoch wie Hohn. Das gilt zumindest solange, wie man selbst nicht bereit ist, auch zur anderen Seite hin offen zu sein. Zumindest zum Reden. Wie oft verweigern Unis bereits angesetzte Reden weil die Asta oder vergleichbares Theater machen?

    Natürlich sind cancel culture und staatliche Eingriffe nicht gleichzusetzen. Aber nach offenen Diskursen an Hochschulen zu rufen kann nicht funktionieren, wenn man das Konzept vorher bereits tot gemacht hat.

    Übrigens: ich bedaure das sehr. Reden und zuhören sollte m.E. nach wieder in einem wesentlich breiterem Rahmen erfolgen.

  • Das WG-Zimmer einer AStA-Mitarbeiterin ist ein "akademischer Raum"?



    Gilt das seit heute für alle Studentenbuden? Das eröffnet ja ganz neue Perspektiven der Wissenschaft.

  • Da gewinnt man den Eindruck, dass es gar nicht um "PKK-nahe Gruppen" (welche?) geht, sondern just um die sozialen und ökologischen Themen selbst.

    Sicherlich sind die Zensurmethoden in der Türkei u.a. drastischer und brutaler. Aber die Ziele sind offenbar die gleichen, weil immer gegen soziale Themen im engeren und weiteren Sinne gerichtet, gerne auch gegen progressive Diskurse rund um Ökologie, Frieden, Wissenschaft.

    Regt sich eigentlich von den demokratischen Parteien irgend ein Protest dagegen? Denn im Artikel steht davon nichts.

  • Wie begründen die denn die Durchsuchung? Einfach mal so durchsuchen, weil einem das politische Thema oder die Ansicht nicht passt kann ja wohl nicht sein.

    • @Axel Schäfer:

      Da 129b und PKK erwähnt werden nehme ich stark an Unterstützung einer terroristischen Vereinigung