Handwerkerparkausweise in Hannover: Parkprivilegien für Ludenkarren
Der Bezirksrat Hannover-Mitte regt sich über großzügig verteilte Handwerkerparkausweise auf. Dabei ist eigentlich ein Skandal, wer die nicht kriegt.
E s gibt ja das böse Gerücht, Bezirksräte beschäftigten sich nur mit Hundekotbeutelspendern und umgefallenen Blumenpötten oder Mülltonnen. Das stimmt aber nicht, habe ich jetzt mal wieder vom Stadtbezirksrat Hannover-Mitte gelernt. Manchmal sind es auch Sportwagen.
Mehr als 30 Seiten mit Autobildern umfasst ein Dossier, das die rot-grüne Mehrheitsfraktion erstellt hat. So notiert es jedenfalls der freundliche Kollege von der HAZ und zählt auf: Ein Porsche Boxster (Zweisitzer), ein tiefergelegter Hyundai in hellblau, ein kleiner Smart – und viele dicke SUV-Luxusschlitten und Coupés. Der Porsche Boxter hat es dem Kollegen besonders angetan, glaube ich, der schmückt seither jeden Beitrag zum Thema.
Es geht hierbei allerdings nicht um die x-te Dokumentation des deutschen Autofetischs, kleine Jungs die Quartett spielen, Sozialneid auf FDP-Wähler oder sonst so etwas, sondern um ein Thema, über das sich der besagte Bezirksrat schon seit einem Jahr aufregt: Den Missbrauch von Handwerkerparkausweisen.
Die berechtigen nämlich zum Parken im eingeschränkten Halteverbot, auf Anwohnerparkplätzen und auf Parkplätzen, für die man sonst zahlen muss. Das ist praktisch, vor allem in der Innenstadt, wo der Parkraum knapp und teuer ist.
Gilt auch für Handwerker im Rotlichtviertel und ITler
Sinn und Zweck des Ganzen ist natürlich, dass Handwerker, die tatsächlich etwas zu reparieren haben, Ersatzteile und Werkzeug nicht erst noch drei Meilen schleppen müssen. Theoretisch braucht man für so eine Sondergenehmigung eine Gewerbeanmeldung und ein Auto, das zum Transport schwerer Lasten geeignet ist. Gebühren kostet es auch: 276 Euro pro Jahr sind das derzeit, mit jedem weiteren Fahrzeug wird es billiger.
Nun finden sich – vor allem in der Umgebung des Rotlichtviertels, an der Langen Laube und am Marstall – etliche Fahrzeuge, denen man den Handwerkseinsatz nicht so recht abkauft. Anfangs rechtfertigte die Stadt das noch damit, dass man vom Fahrzeugtypus keine voreiligen Schlüsse ziehen könne – immerhin gelte die Regelung ja zum Beispiel auch für Telekom-Mitarbeiter und IT-Techniker.
Daraufhin rückten einzelne Bezirksratsherren zur Dokumentation aus und versuchten zu belegen, dass es sich bei all diesen tiefergelegten Ludenkarren doch wohl nur um Handwerk im allerweitesten Sinne handeln könnte.
Nun ja, musste die Stadt einräumen, so ganz genau kontrolliert hat man das bisher wohl nicht, möglicherweise seien da auch gefälschte Parkausweise im Umlauf. Im Bezirksrat entspann sich darauf eine lebhafte Debatte, wie man diesem Problem denn nun Herr werden könnte.
Nur die Pflegedienste gehen leider leer aus
Dabei wird dann schnell mit so Worthülsen wie „kein Generalverdacht“ und „anständige Handwerker“ hantiert – als ob viele von denen diese Parkausweise nicht auch dauerhaft auf dem Armaturenbrett liegen hätten – unabhängig davon, ob sie nun gerade im privaten oder im Arbeitseinsatz unterwegs sind.
Worüber sich bei all diesem Geschäume über anständige und unanständige Gewerbesteuerzahler bedauerlicherweise kaum jemand aufregt, ist allerdings folgendes: Pflegedienste betteln seit Jahren darum, auch einmal in den Genuss von solchen Parkprivilegien kommen zu dürfen.
Die haben vielleicht nicht so viel schweres Zeug zu schleppen, können – anders als die Handwerker – aber auch nicht für einmal anfahren, gucken, Achseln zucken und „muss ich Ersatzteil bestellen“-muffeln 70 Euro aufwärts in Rechnung stellen.
Die müssen weiter 16-mal um den Block kreisen und dann zusehen, wie sie die verlorene Zeit vom ohnehin engen Budget abknappsen. Aber die kriegen es bei ihrem Schichtdienst eben auch selten hin, nebenbei noch im Bezirksrat zu sitzen. Patriarchale Strukturen „in der Nussschale“, wie man im Englischen sagen würde.
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