Hamas-Angriff auf Israel: Gazastreifen vollständig blockiert
Die Armee erlangt Kontrolle über die von Hamas-Kämpfern infiltrierten Ortschaften. Die israelische Regierung kappt Wasser- und Stromversorgung Gazas.
Auch der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen hielt am Montag weiter an. In den Städten Aschkelon und Aschdod wurden mehrere Menschen verletzt. Israelische Medien gaben am Montag an, dass sich die Zahl der Toten auf israelischer Seite mittlerweile auf mehr als 800 belaufe.
Als Vergeltung flog das israelische Militär am Montag weitere Luftangriffe auf Ziele der Hamas sowie des Islamischen Dschihads im Gazastreifen. Hunderte Ziele seien getroffen worden. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei bislang mehr als 500 Menschen getötet.
Nach UN-Angaben wurden zudem mehr als 120.000 Menschen innerhalb des Gazastreifens vertrieben. Viele suchten Zuflucht in Schulen des UN-Palästinahilfswerks UNRWA. Die Hamas behauptete, bei israelischen Luftangriffen seien auch vier der mehr als 100 Geiseln getötet worden, die die Angreifer am Samstag in ihre Gewalt gebracht hatten.
USA verlegt Flugzeugträger
Die USA haben bislang nicht bestätigt, dass unter den Geiseln auch dutzende US-Staatsbürger*innen seien, wie Gilad Erdan, Israels Botschafter bei der UNO, am Wochenende angegeben hatte. Washington teilte am Montag allerdings mit, dass neun US-Bürger*innen in den Kämpfen zwischen der israelischen Armee und militanten Palästinensern getötet worden seien. Weitere würden aktuell noch vermisst.
Die USA hatten am Sonntag erklärt, dass ein US-Flugzeugträger samt Kriegsschiffen ins östliche Mittelmeer, also in die Nähe der Küste von Israel und dem Gazastreifen, verlegt werde. Außerdem erhält Israel weiteres Kriegsgerät und Munition aus den USA.
Israels Verteidigungsminister Joaw Galant teilte am Montag mit, er habe eine „vollständige Blockade“ des Gazastreifens angeordnet. „Es wird keinen Strom geben, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff, alles ist geschlossen“, so Galant. Einem Bericht der Times of Israel zufolge sprach der Minister von einem Kampf gegen „menschliche Tiere“. Dementsprechend würde man sie behandeln. Energieminister Israel Katz ordnete zudem an, die Wasserversorgung des Küstengebiets aus Israel einzustellen.
Insgesamt wurden mehr als 300.000 Reservist*innen mobilisiert – nach israelischen Medienberichten so viele wie seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973 nicht mehr. Der Oppositionspolitiker und ehemalige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman forderte die Regierung am Montag auf, nicht nur mit Artillerie und Luftangriffen gegen die Hamas vorzugehen, sondern auch eine Bodenoffensive im Gazastreifen zu starten. Die Hamas zu eliminieren bedeute unglücklicherweise, dass Soldat*innen auf dem Landweg bis nach Gaza-Stadt vordringen müssten. „Wir müssen den Stall ausmisten“, so Lieberman.
Gefechte im Norden
Indes gab es auch Berichte über Gefechte im Norden des Landes an der Grenze zu Libanon. Die israelische Armee gab an, mehrere Bewaffnete getötet zu haben, die über die Grenze nach Israel eingedrungen seien. Auch seien Geschosse auf israelisches Gebiet abgefeuert worden. Im südlibanesischen Grenzgebiet hat die politische Partei und Schiiten-Miliz Hisbollah die Kontrolle, die eine Auslöschung Israels zum Ziel hat. Sie stritt gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Montag allerdings ab, mit der Aktion etwas zu tun zu haben.
Während in Israel zunächst sämtliche politische Diskussionen hinter der Trauer um die Toten und dem Kampf gegen die Angreifer in den Hintergrund getreten sind, vermeldete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf einen ägyptischen Geheimdienstmitarbeiter am Montag, dass die israelische Regierung vor „etwas Großem“ im Vorfeld des Überraschungsangriffs vom Samstag gewarnt worden sei. Warum Israels Sicherheitsapparat offenbar völlig unvorbereitet war, ist bislang ungeklärt. „Erst kämpfen wir, dann stellen wir Untersuchungen an“, erklärte Armeesprecher Hagari.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde