Gutschein-Idee der Grünen: Besser als Steuersenkungen
Die Grünen wollen kleine Betriebe fördern. Am besten wäre, das Geld direkt an die Mini-Firmen zu verteilen.
D ie Idee der Grünen klingt charmant: Alle Bundesbürger sollen einen staatlichen Einkaufsgutschein von 250 Euro erhalten, mit dem sie dann ihre Lieblingsläden und -kneipen aufsuchen können. Gedacht ist also an eine Art öffentliche Nachbarschaftshilfe. Die Grünen wollen die kleinen Betriebe vor Ort stützen, die durch die Corona-Krise am meisten gelitten haben. Supermärkte und Online-Handel sind ausdrücklich ausgenommen.
20 Milliarden Euro soll das Projekt kosten. Doch so bodenständig die Gutschein-Idee klingt – diese staatlichen Milliarden würden weitgehend verschwendet. Ein gutes Beispiel sind die Kneipen: Sie dürften kein Problem haben, ihr Stammpublikum anzulocken, sobald die Corona-Krise vorbei ist. Auf nichts warten die Deutschen sehnlicher, als endlich ihre Freunde auf ein Bier zu treffen.
Normalerweise würden sie dafür ihr eigenes Geld ausgeben, aber wenn es einen staatlichen Gutschein gibt, dann zahlen sie natürlich damit. Im Ergebnis würden die Kneipen also gar nicht mehr Umsatz machen. Stattdessen würde das staatliche Geld letztlich auf den Sparbüchern der Bürger landen. Natürlich gibt es arme Familien, die sich ohne den Gutschein einen Gang ins Restaurant nicht leisten könnten.
Und natürlich ist vorstellbar, dass es zu indirekten Effekten kommt – dass also die Kneipengänger das Geld, das sie durch den Gutschein sparen, hinterher in einem Kleiderladen oder im örtlichen Buchhandel ausgeben. Aber diese indirekten Geld-Kaskaden sind unkalkulierbar und erinnern stark an den Spruch „Hätte, hätte, Fahrradkette“. Die Idee der Grünen krankt daran, dass sie sich auf einem Umweg ans Ziel pirschen wollen.
Der schlauste aller dummen Vorschläge
Ihr Anliegen ist, völlig richtig, die kleinen Betriebe zu unterstützen, die durch die Corona-Krise an den Rand des Bankrotts geraten. Aber der effektivste Weg wäre, die 20 Milliarden Euro direkt an diese Mini-Firmen zu verteilen. Dann wäre den Kneipen und Läden tatsächlich geholfen: Sie hätten das staatliche Geld und zusätzlich den Umsatz, der sowieso anfällt. Auch den Grünen dürfte klar sein, dass ihr Plan suboptimal ist. Aber sie befinden sich gerade in einer politischen Abwehrschlacht.
Mit ihrer Gutschein-Idee wollen sie nämlich einen noch dümmeren Plan verhindern: Viele Politiker aus CDU und CSU trommeln inzwischen für Steuersenkungen, die sehr teuer wären, von denen nur die Reichen profitieren würden, die den Kleinstbetrieben gar nicht helfen würden – und die in alle Ewigkeit gelten würden. Insofern ist der grüne Plan doch ganz pfiffig. Er ist gerecht, billig, zeitlich begrenzt, hilft auch den Armen und sicher auch ein paar Kleinstbetrieben. Im Wettstreit der dummen Vorschläge ist die Gutschein-Idee die schlauste.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu