Grünes Ergebnis bei Wahl in Bremen: Nach dem Debakel
Aufgrund des schlechten Abschneidens der Grünen bei der Bremen-Wahl kündigt Spitzenkandidatin Schaefer ihren Rückzug an – und beklagt Gegenwind aus dem Bund.
Bei einer Pressekonferenz erklärte Schaefer, wie schwer ihr der Schritt falle, sie möchte keine Fragen beantworten. Dass ihr Amtsverzicht alternativlos ist, hatten Parteifreund:innen auf der Wahlparty am Vorabend angedeutet. „Das ist ein Signal des Aufbruchs, mit dem wir gestärkt in mögliche Sondierungsgespräche gehen“, sagte am Montag eine der beiden Grünen-Vorsitzenden, Alexandra Werwath. Die SPD hatte angekündigt, mit allen Parteien außer den rechtspopulistischen „Bürgern in Wut“ zu sprechen.
Werwath würdigte Schaefers Verdienste. „Sie hat in Bremen den Kohleausstieg eingeleitet, den Umweltschutz vorangetrieben und im Wohnungsbau auch unter schwierigen Bedingungen viel erreicht.“
Auch überregional habe sie die Verkehrswende vorangetrieben. „Ohne dich gäbe es kein 49-Euro-Ticket.“ Dies sei ihr Verdienst als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, hatte Maike Schaefer selbst gesagt, als sie ihre Erfolge aufzählte, darunter 10.000 überwiegend in dieser Legislaturperiode fertiggestellte neue Wohnungen sowie die Weideprämie für Milchviehhalter – die sie vor drei Wochen bei einer Podiumsdiskussion als „beste Senatorin, die wir je hatten“, gelobt hatten.
Hass gegen Grüne-Wahlkämpfer*innen auf der Straße
Es sei nicht gelungen, Erfolge und grüne Programmatik im Wahlkampf zu vermitteln, so Schaefer, eine Einschätzung, die die Bremer Parteivorsitzenden teilen. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel Verantwortung übernommen“, sagte der zweite Vorstandsvorsitzende Florian Pfeffer später im Rathaus, bei der sich die Parteivorsitzenden vor Journalist:innen zum Wahlausgang äußern. Neben Maike Schaefer gab es einen grünen Finanzsenator sowie eine grüne Sozialsenatorin – aber am meisten Aufmerksamkeit bekam die Senatorin, deren Politik unmittelbar im Alltag aller spürbar ist.
Auch Pfeffer verwies wie Schaefer darauf, dass den Grünen das Kopf-an-Kopf-Rennen von SPD und CDU geschadet habe. Aber anders als sie möchte er die Verantwortung nicht delegieren. Schaefer hatte bei der Pressekonferenz am Morgen variiert, was sie schon am Vorabend gesagt hatte. „Wir hatten starken Gegenwind“ – gemeint ist die Energiepolitik des Bundesklimaschutzministers Robert Habeck, Stichwort „Wärmepumpe“.
„Wir müssen uns in Bremen kritische Fragen stellen“, befand hingegen Pfeffer. Die Menschen seien angesichts der vielen Krisen und Veränderungen verunsichert, „wir haben es nicht geschafft, ihnen zu vermitteln, wie sie mit diesen Veränderungen in ihrem Alltag fertig werden“. Doch wie genau den Grünen dieser Spagat gelingen soll, in politischer Verantwortung auf Klimaschutz zu drängen – ohne diejenigen gegen sich aufzubringen, die die Klimakrise zwar fürchten, aber nicht bereit sind, daraus persönlicher Konsequenzen zu ziehen, das konnte er an diesem Montag nicht erklären.
Wie schwer das sein wird, zeigt der Hass, den viele grüne Wahlkämpfer:innen an den Ständen erlebten, wie sie auf der Wahlparty am Vorabend erzählten. Besonders viel davon und mit einer großen Portion Frauenfeindlichkeit garniert – das sagten sie bei aller Kritik an ihrer Spitzenkandidatin – sei über Maike Schaefer ausgekübelt worden. „Unter der Gürtellinie“ sei die Kritik an ihr oft gewesen, sagte Florian Pfeffer Montagmittag im Rathaus. Und häufig auch ungerechtfertigt. So kolportierten Medien, Maike Schaefer sei „schwierig“ gewesen und für Koalitionszwist verantwortlich.
Christoph Spehr, Landesvorsitzender der Bremer Linkspartei, die in Bremen seit vier Jahren mit Grünen und SPD regiert, hat das anders erlebt. Bevor er sich wie die anderen Parteivorsitzenden zur Wahl äußerte, sprach er Maike Schaefer „Respekt“ für ihren Rückzug aus und sagte, er habe „immer gut mit ihr zusammengearbeitet“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen