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Grüner Politiker über Blackrock und Merz„Für die Demokratie ist das Gift“

Der Kandidat für das Amt des CDU-Parteichefs hätte als Aufsichtsratschef des Vermögensverwalters viel früher handeln müssen, sagt Finanzexperte Gerhard Schick.

Er berät Abzocker und möchte CDU-Chef werden: Friedrich Merz Foto: dpa
Interview von Roland Schaeffer

taz: Friedrich Merz gehört seit Jahrzehnten zu den bestinformierten Leuten in der deutschen Finanzwirtschaft, jetzt will er CDU-Chef werden. Am Dienstag gab es Razzien beim Vermögensverwalter Blackrock, wo er Aufsichtsratschef ist. Hätte Merz nicht wissen müssen, dass die Geschäfte der Firma ein Problem für seine Kandidatur werden würden?

Gerhard Schick: Das hätte er. Wer bestimmte Geschäfte unmoralisch findet, sollte aktiv werden, bevor die Staatsanwaltschaft klingelt. Er sollte nicht einfach über solche Pro­bleme hinwegsehen und hoffen, dass sie nie auffliegen.

Durchsucht wurde Blackrock wegen des Zeitraums 2006–2011. Es geht also wahrscheinlich um Cum-Ex-Geschäfte. Cum Cum, das Modell mit dem vermutlich viel größeren Schadensvolumen, lief bis mindestens 2016 …

… und der Gewinn wird allein durch Steuergestaltung erzielt, es gib also keinerlei realwirtschaftlichen Nutzen. Die Finanzminister der letzten Jahre, die Herren Eichel, Steinbrück und Schäuble, haben es nicht geschafft, solche Milliardenlöcher zu stopfen und die Finanzbehörden auf Augenhöhe mit den Steuertricksern zu bringen.

Merz findet angeblich beide Modelle unmoralisch. Hätte er da nicht dafür sorgen müssen, dass Blackrock die Gewinne aus den Geschäften zurückzahlt, und zwar bevor der Staatsanwalt kommt?

Manche Banken haben von sich aus ihr Unternehmen auf die Beteiligung an Cum-Ex durchleuchtet und zu viel erstattete Gelder zurückgezahlt. Merz hätte diesen Prozess auch bei Blackrock anschieben können. Das wäre das richtige Verhalten für jemanden gewesen, der eines der höchsten Ämter im Staat anstrebt.

Im Interview: Gerhard Schick

46, ist promovierter Volkswirt und sitzt seit 2005 für die Grünen im Bundestag.

Was meinen Sie zu dem Bild, das Merz abgibt: Blackrock, HSBC, Partner in einem Anwaltsbüro, das Firmen beim Steuersparen berät – und dann hat er im Bundestag gegen die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten gestimmt?

Das ist ein Punkt, der mich bei Friedrich Merz extrem irritiert: Dass Interessenkonflikte offengelegt werden müssen, ist ja wohl das Mindeste. In der Wirtschaft ist das übrigens selbstverständlich. Wer das für den politischen Raum ablehnt, will unerkannt lobbyieren. Für die Demokratie ist so etwas Gift.

Friedrich Merz gilt als konservativ. Wie passt die Art Finanzwirtschaft, für die Blackrock steht, in die CDU-Tradition der sozialen Marktwirtschaft?

Selbst wenn Blackrock und jeder der Blackrock-Mitarbeiter den Buchstaben des Gesetzes millimetergenau eingehalten haben sollten, steht dieser Investmentfonds für eine gigantische Zusammenballung finanzieller Macht, die schon wegen ihrer Größe politisch relevant ist. Ordnungspolitisch ist das sehr problematisch. In einer funktionierenden Marktwirtschaft muss der Staat als unabhängiger Schiedsrichter agieren, der Wettbewerb darf nicht durch eine dominierende Stellung einzelner Unternehmen eingeschränkt werden. Ich bin gespannt, wie die CDU, die sich ja als Partei der sozialen Marktwirtschaft versteht, die Rolle von Blackrock und Friedrich Merz diskutiert.

Hält Merz das durch?

Wenn er die Fragen in Bezug auf seine Vergangenheit überzeugend beantwortet und deutlich macht, dass er für eine effektive Regulierung auch von Schattenbanken wie Blackrock eintritt, kann er die Diskussion durchaus gewinnen. Letztlich entscheiden aber die CDU-Mitglieder, ob die CDU die Partei der sozialen Marktwirtschaft oder der unkontrollierten Finanzwirtschaft sein will.

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20 Kommentare

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  • Wichtig für die CDU wird sein, das der oder die gewählte, die CSU zukünftig in die Schranken weist.



    Das Vorführen der CSU hat der CDU viele Wählerstimmen gekostet, das wird aber tunlichst verschwiegen.

  • Vor kurzem empfahl hier Schulte: die Wahl von F Merz sei das beste was den Nichtkonservativen passieren könnte.

  • Danke Herr Schick! Sie sagen es:



    „Für die Demokratie ist das Gift“.

    Sollte eine|r aus der CDU wirklich etwas gegen die derzeitigen Schlupflöcher tun wollen – meine, wie ich finde, nicht ganz unbegründete Vermutung wäre, dass sie gleich ein neues finden oder schaffen werden.

    Warum sollen Parteien und deren Vertreter etwas ändern, von dem sie sehr gut leben können, auch über ihre Bundestags- und Parteienzeit hinaus? Solche Gesetze werden ja m. E. sowieso von externen Wirtschaft- und Konzernsvertretern geschrieben, und dann nur noch zur Abstimmung vorgelegt – so funktioniert doch Lobbyismus, ne?!

    Wir brauchen eine (auch finanziell) unabhängige Schiedsstelle, die diese Auswüchse wirksam unterbindet.



    Es gibt ausreichend unabhängige Fachleute, die über das notige (Fach)Wissen und Feingespür verfügen dürften, um diesem Selbstbedienungsladen einen endgültigen Riegel vorzuschieben.

    Das wird sehr schön in dem Film "Dave" gezeigt. If you can dream it, you can do it.



    Es geht, wenn es wirklich gewollt ist – gesetzeskonform, umweltkonform, grundgesetzeskonform und menschlichkeitskonform. Es geht um Gerechtigkeit.



    Die Partei, die damit wirklich ernst machen würde, gewönne j e d e Wahl.



    Da müssten m. E. auch und besonders die Grünen als Gesamtpartei noch viel ändern (wollen), um für mich wieder wählbar zu werden!

  • Durchschaubar

  • Man sollte vielleicht nochmal daran erinnern, dass der Aufsichtsratsvorsitzende nicht der verantwortliche und alleinentscheidende Boss einer Firma ist sondern nur sein Kontrolleur und ein Interessenvertreter der Aktionäre.

    Als solcher trägt er sicherlich (im Rahmen seiner durchaus beschränkten Kenntnisse über die Abläufe im beaufsichtigten Unternehmen) auch Verantwortung dafür, dass das Unternehmen sich auch an Recht und Gesetz hält. Aber aus persönlichen ethischen Erwägungen legal erworbenes Gesellschaftsvermögen herzugeben, liegt weder in seiner Entscheidungsmacht, noch steht es ihm zu, stellvertretend für die Aktionäre entsprechende Direktiven zu beschließen. Von daher macht es sich Herr Schick, schon verdammt leicht, wenn er Merz aus seiner bisherigen Rolle bei Blackrock einen Strick zu drehen versucht.

    Daneben stellt sich die Frage, warum man Unternehmen wie Blackrock als Paria behandeln sollte nach dem Motto: "Der Laden ist unseriöss, den beaufsichtige ich nicht. Das soll mal jemand machen, der genauso unseriös ist." Wie rechtsstaatlich ist DAS denn?

    Zu "Gefährdung der Demokratie": Mit der Lobbytätigkeit von politisch vertdrahteten Aufsichtsräten ist es ein wenig wie mit Huhn und Ei. Im Zweifel suchen sich Unternehmen solche Leute aus, weil die von vornherein ihre Vorstellungen (z. B. von einem funktionierenden Finanzmarkt) teilen. Dass man dabei gerade einen Merz nicht verbogen bekommt, sollte eigentlich Allen klar sein, die ihn als Politiker erlebt haben. Er ist nunmal ein außerordentlich stringenter Fan des Marktes (sagt ein Fan des Marktes, dem seine Einschätzungen hier und da trotzdem zu weit gehen). Das ist nicht notwendigerweise ein Charakterfehler, sondern zunächst mal eine spezielle Einschätzung, was den Wohlstand einer Gesellschaft (auch insgesamt) am meisten fördert. Das weiß man aber nicht erst, seit er ein Amt bei Blackrock hat. Es wäre also so oder so Teil der Wahlaussage einer Merz-CDU.

    • @Normalo:

      Legal erworbenes Gesellschaftsvermögen? Ich möchte Ihnen ja keine Böswilligkeit unterstellen und gehe deswegen mal positiv davon aus, dass sie nicht lesen können, es geht um Steuerbetrug.

  • Besonders schön ist ja auch die Rolle des gerade mal wieder beliebtesten Politikers: Wolfgang Schäuble. Der hat ja nicht nur die jetzige Kandidatur von Merz gefördert sondern auch jahrelang dem Cum Cum und Cum Ex Betrug zugesehen. Schäuble ist mindestens fünf Jahre untätig geblieben, das kann man schon als Untreue bezeichnen. Unabhängig von der noch zu klärenden Schuld von Blackrock und der Kenntnisse von Merz ist es schon sehr befremdlich wenn der Finanzminister nach Feierabend mit dem Chef eines solchen Unternehmen zusammensitzt. Man fragt sich dich, worüber "die Freunde" sich so unterhalten haben. Oder geschwiegen.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Ja - das fragt man sich dich dann doch -

      Ha no. Zwei Taschendiebe unter sich.



      “Aber nett sind sie alle.“ Woll.



      Bekundete jedenfalls a cappu die Steuerberaterin: - “Vorsicht Vorsicht - waren jahrelang - als ich noch in der Provinz wohnte - unsere Nachbarn!“



      Als ich nach verbotener Stadt - in gewohnter Manier - Richtung Brilon Wald & Bierdeckel ablederte.

      Nu. Blackrock & Grexit - Gingen aber gar nicht. Wollnichwoll & Gellewelle. Normal.

      • @Lowandorder:

        Wie "technisch machbar" wäre es denn Ihrer Meinung nach, Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäften gesetzgeberisch einen Riegel vorzuschieben?

        Das ist ja gerade bei komplexen Steuergestaltungsmodellen gerne mal eine echte Sisyphusarbeit.

        • @Normalo:

          ;) - ja bin ich Jesus - hab ich Haare auffe



          Brust*¿* & wenn ich mir die FinRichter Revue so passieren lasse - hands off!;)

          vllt - treff ich die Dame ja nochmal -



          auffem cappu - ;) sie hatte da einiges auf Lager.“Sie glauben ja in welch unglaublicher Weise - eiskalt Steuern nicht gezahlt werden. In xfacher Milliardenhöhe & nicht nur Apple Amazon & Cie. - Gellewelle.“

          Im Ernst dazu - was Sven Günther knapp angerissen hat - sind ja die Grundparameter.



          Die Deregulierung etc hat doch die Schleusen entgültig wegbrechen lassen.



          In usa sitzen doch ausgebufft hochkarätige Absolventen der Ivy Leage & drücken sich eins ums andere Giftpapier aus dem Schädel.



          &



          Was Cum-Cum-ex angeht - mal davon ab - daß das der Job eines - vor allem Gröfimaz ist - früh den Stecker zu ziehn



          So er dess denn will. Die erfordelichen hochkarätigen Beamten dafür hat er unstreitig an Bord.



          Neu ist die Chose über Umbuchen Länder-hin-&her etc ja nun wirklich nicht.



          Kuhlenkampf hatte das einst in



          EWG - Einer wird gewinnen (sic) am



          Start. Da wurden die Zollsubventionen über Bande - Kreisverkehr - abgegriffen



          Klar - Alles legal.



          kurz - Frauman kann nur hoffen - daß bei C&C&ex - aus Halsnichtvollkriegen.



          Belastbare kriminelle Fehler gemacht worden sind.

  • Für die einen ist es Gift, für die anderen ist es Medizin. Kommt halt immer auf die Dosis an (Paracelsus).



    Ein Friedrich Merz in medizinischen Dosen wird die CDU nicht allzu lange antörnen können. Ohne eine letale Dosis wird es mit Ihm deshalb kaum abgehen. Mach et, CDU!

  • Auch wenn Herr Schick erst 2005 MdB wurde und ich seine persönliche Position als abweichende Meinung von seiner Partei kenne und auch sein Buch gelesen habe und schätze, sollte doch nicht unter den Tisch fallen, wie Investmentgesellschaften wie BlackRock in Deutschland so einflussreich werden konnten.

    4. Finanzmarktförderungsgesetz von 2001, das eigentlich eine Lockerung des Börsenhandels für Investments Fonds war und viel wichtiger, es befreite Unternehmen von Steuern auf Veräußerungsgewinne und so Unternehmenskäufen und -verkäufen lukrativ machte, wurde von wem beschlossen Rot-Grün.

    Das die Fonds nicht unter die Kontrolle der BaFin fallen, Rot-Grün 2003 Investmentmodernisierungsgesetz.

    Das Private-Equity-Gesetz und viele andere Änderungen kommen aus dieser Zeit und haben Deutschland meiner Meinung nach viel stärker verändert als die Agenda 2010, diese Entwicklungen waren aber für viele Menschen nicht so sichtbar.

    Wer Probleme beklagt, für die er selbst hauptsächlich verantwortlich ist, wirkt unglaubwürdig...

    • @Sven Günther:

      Was sicher 2001 nicht erlaubt wurde ist Steuerbetrug, ich glaube aber tatsächlich dass die Grünen und sogar Teile der SPD ihre Lektion gelernt haben was Finanzmarktregulierung angeht, ausgelöst durch die Finanzkrise.

    • @Sven Günther:

      Gewiß - nach wiki-lecture - ein bunt-schräger Vogel & Hans-Dampf in allen Gassen - leicht katolsch-moralinsauer •



      de.m.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Schick

      Aber - "hauptsächlich verantwortlich" ?



      &



      Seine - wie Ihre zutreffende Kritik dazu sind mir glaubhaft.



      Ob er "unglaubwürdig wirkt" - may be.



      Ihnen ja scheint's schonn.



      Mir eher wumpe.

      Anyway. Danke & sicher - Bertelsmann & BW-Immergriien-Verankerung gibt zu denken.

      • @Lowandorder:

        Ich meinte die Partei, nicht die Person.

        • @Sven Günther:

          ;) duck duck - anschließe mich.;)((

          • @Lowandorder:

            Shalom, haben wir da gerade wirklich eine ähnliche Meinung?

            Meine Großeltern haben mir erklärt, als ich damals zur Bundeswehr bin, egal wem du nachläufst. Frauen, Job, Rabbi, Sport, egal was. Der Herr hat dir deinen Kopf nicht nur für die Frisur gegeben, benutze ihn ab und zu.

            • @Sven Günther:

              Moinmoin - schonn - aber immer Skeptiker;) - hm. Fein.



              &



              Liggers. Denn Kopp nich nur tonn Hoorsniiden*¿* Na - mich wolltens ernsthaft in Thomas den Ungläubigen umtaufen!;))



              &



              vllt n kleiner Tipp - wir sind weit häufiger gleicher/ähnlicher Meinung - als Ihnen scheint’s bewußt.



              Meine Einwände der Schabernack etc



              Sind immer auch Lockerungsübungen.



              Normal.



              “…stoß ich auf Widerspruch - der mir genehm…“ - so jet halt.;)

  • Gewiß. Nur - Wer hätte anderes erwartet*¿*

    Nun. Nur ein Narr.



    Normal.

    • 8G
      87233 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      LoL



      Danke - Sie haben damit mein Tag schön anfangen lassen.