Große Rechtsextremisten-Demo in Berlin: Neonazis im Regierungsviertel
3.000 Rechtspopulisten und Neonazis haben in Berlin für autoritäre und rassistische Forderungen demonstriert. Die Gegendemos mobilisierten nur 1.000 Menschen.
BERLIN epd | Mehr als 1.000 Menschen haben am Samstag für ein weltoffenes und tolerantes Berlin und gegen eine zeitgleiche Kundgebung von Rechtspopulisten und Neonazis demonstriert. Zu der Gegenkundgebung hatte ein breites Bündnis aus demokratischen Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und von Wohlfahrtsverbänden aufgerufen. Der Protest richtete sich gegen die Veranstaltung der rechtsgerichteten Koalition „Wir für Berlin & Wir für Deutschland“ im Berliner Regierungsviertel und durch die Innenstadt. Dabei zählte die Polizei nach Angaben eines Sprechers rund 3.000 Teilnehmer, deutlich mehr als im Vorfeld erwartet.
Nach wochenlanger bundesweiter Mobilisierung waren neben Rechtspopulisten auch Parteianhänger von NPD und „Pro Deutschland“, Hooligans, Vertreter von „Pegida“ und Neonazis erwartet worden. Mobilisiert worden war unter anderem mit der Aussage „Merkel muss weg“. Mit einem entsprechenden Banner zog die Kundgebung durch das Berliner Regierungsviertel. Dabei erklangen Rufe wie „Lügenpresse, Lügenpresse“ und „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“. In der Kundgebung waren neben anderen auch Regionalflaggen zu sehen, wie etwa eine sächsische Fahne. Der Freistaat war wegen der Häufung von Übergriffen auf Flüchtlinge und Flüchtlingsheime zuletzt ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.
Die Polizei war mit rund 1.300 Beamten vor Ort. Sie sperrte aus Sicherheitsgründen die Ausgänge zum Washingtonplatz, so dass Reisende die seitlichen Ein- und Ausgänge nutzen mussten. Auf einer Gegenkundgebung demokratischer Kräfte am Berliner Hauptbahnhof sprachen unter anderem der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, und die Vorsitzende des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, Ayse Demir.
Dröge erinnerte in seiner Rede an den weltoffenen Charakter der deutschen Hauptstadt. Berlin dürfe niemals wieder zu einer Stadt werden, in der Mauern gebaut werden – „keine Mauern aus Beton, keine Mauern im Kopf und erst recht keine Mauern in den Herzen der Menschen“. Der Bischof lobte das vielfältige Engagement für Geflüchtete. Die Stimmung kippe nicht, sagte Dröge und fügte hinzu: „Es sei denn sie wird mutwillig gekippt von denen, die mit ihren Parolen die Gesellschaft spalten wollen.“
Auch die Vorsitzende des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg, Ayse Demir, nannte es auf der Kundgebung wichtig, gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Dieser habe in den zurückliegenden Monaten deutschlandweit zugenommen. „Rechtspopulistische Aussagen dürfen in der Öffentlichkeit nicht länger geduldet werden, denn sie bereiten den Nährboden für rassistische Gewalt“, mahnte Demir. Auf Transparenten von Gegendemonstranten war etwa zu lesen „Für ein weltoffenes und tolerantes Berlin“ oder „Bekämpft die Ursachen, nicht die Flüchtlinge“.
Die Polizei sprach im Anschluss von einem „weitgehend störungsfreien“ Verlauf der Veranstaltungen, die gegen 18.30 Uhr endeten. Insgesamt 32 Personen seien vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. Es wurden Verstöße gegen das Vermummungsverbot registriert sowie mitgeführte Elektroschocker und Pfefferspray sichergestellt.
Leser*innenkommentare
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
Die wird man nicht mehr so einfach los, diese Geister, welche unsere Politprominenz - von "Deutschland schafft sich ab" bis "Multikulti ist gescheitert" - rief, in den letzten Jahren.
chillbill
@DR. ALFRED SCHWEINSTEIN Vielleicht sollten sich die Gegendemonstranten ihre Energie sparen. Dann kann die arme Polizei sich wenigstens auf eine Gruppe konzentrieren. Man lasse Pegidas und Konsorten ohne Reaktion durch leere Straßen laufen. Wozu so viel Aufmerksamkeit? Nach den Landtagswahlen am vergangenen Sonntag dürfen die selbsternannten Volksdeutschen ihre verführerischen Phrasen nun auch noch in den Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen verbreiten. Sicher gibt es viel zu kritisieren, aber in dieser Situation lobe ich mir die Humanität von CDU, SPD und Grünen-Vertertern, die den rechten Emporkömmlingen mit Differenziertheit argumentativ die Stirn bieten, denn der Diskurs dieser unsäglichen Rechtspopulisten ist gefährlich, wenn deren Wähler sich nicht die Mühe machen, sich ausgiebig zu informieren und das Programm der Parteien zu hinterfragen.
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
@chillbill Klüger wäre es gewesen, die letzten 25 Jahre eine Politik zu machen, die den Ansprüchen an eine glaubwürdige Demokratie gerecht wird.
chillbill
@DR. ALFRED SCHWEINSTEIN jep, denke ich auch
Anarchie-Jetzt
Ekehaft war das gestern!
Erdbeerbaer
wir haben seit Jahrzehnten die - nur in Christlich Demokratisches SCHWARZ Umlackierten - gewählt!
Die Anfänge der Dreißiger ähneln den heutigen erschreckend.
hans dampf
Nach Mölln, Rostock Hoyerswerda Solingen gab es jahrelang Lichterketten.
Ich seh kein Licht in dieser Kette. Arme Menschheit !