Großbritannien nach der Wahl: Johnson im Glück
Der britische Premier lässt sich am Samstag in einstigen Labour-Hochburgen feiern. Er wolle, dass sich das Land sein „nationales Selbstbewusstsein“ zurückhole.
Johnson sprach in Sedgefield rund 400 Kilometer nördlich von London in einem Cricketclub vor mehreren Dutzend Anhängern. Es war der einstige Wahlkreis von Labour-Premier Tony Blair, der an die Konservativen gefallen war. „Ihr habt die politische Landkarte verändert“, rief Johnson. Er versprach wie im Wahlkampf Investitionen in Infrastruktur, in Schulbildung und moderne Technologie. Er stellte Freihäfen und Freihandel in Aussicht.
„Wir werden uns unser nationales Selbstbewusstsein zurückholen“, sagte Johnson. „Es brechen wunderbare Zeiten für unser Land an.“ Die Konservativen haben 47 Sitze dazugewonnen und haben jetzt eine satte absolute Mehrheit im Unterhaus.
Corbyn: „Habe alles getan, um die Partei gut zu führen“
Die abgewählte Labour-Abgeordnete Anna Turley sagte dem Radiosender BBC Radio 4, in ihrem Wahlkreis sei Corbyn das größte Problem gewesen. Leute, die ihr Leben lang Labour gewählt haben, hätten gesagt: „Ich kann einfach nicht dafür stimmen, dass der Mann Premierminister wird.“ Der frühere Labour-Innenminister David Blunkett machte in der Daily Mail Corbyn und eine Clique seiner Berater für das verheerende Ergebnis verantwortlich. Er monierte: „Keine Reue, keine Entschuldigung von Jeremy Corbyn.“ Er bemühte einen alten Spruch: „Im Namen Gottes: geh! – Und geh schnell.“
Corbyns Söhne brachen dagegen auf Twitter eine Lanze für ihren Vater. Ihr Vater sei von seinen Gegnern auf gemeine Weise angefeindet worden. Corbyn übernahm keine Verantwortung für die Niederlage. Er sagte vielmehr, er habe alles getan, um die Partei gut zu führen. Er will den nötigen Reflexionsprozess noch als Parteichef begleiten und nächstes Jahr zurücktreten.
Während Johnsons Brexitkurs – abgesehen von dem geplanten Austritt aus der EU am 31. Januar – noch unklar ist, machte er seine Haltung zu schottischen Abspaltungstendenzen sehr klar. Im Telefonat mit der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon erteilte er deren Plänen für ein neues Unabhängigkeitsreferendum eine Absage, wie ein Regierungssprecher sagte.
Sturgeon, die den Konservativen mit ihrer Schottischen Nationalpartei (SNP) mehrere Parlamentssitze abnahm, will trotzdem ein Referendum vorbereiten. Johnson müsse das Recht der Schotten auf Selbstbestimmung respektieren, sagte sie. Bei einem Referendum 2014 hatte sich die Mehrheit für einen Verbleib im Vereinigten Königreich (England, Schottland, Wales, Nordirland) ausgesprochen. Mit dem EU-Austritt, den die Schotten abgelehnt haben, habe sich die Lage aber geändert, argumentiert Sturgeon.
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