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Greenpeace-VorschlagMilliardärssteuer für den Klimaschutz

Greenpeace will extrem Vermögende und umweltschädliche Investitionen stärker besteuern. Das soll bis zu 200 Milliarden Euro für Klimaschutz einbringen.

Geschenke fürs Klima: Besteuerung von Reichen, die mit ihrem Lebensstil und Investitionen für viel CO₂ verantwortlich sind Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | „Uns geht es darum, dass hoch Vermögende Verantwortung für die Klimawirkung ihrer Handlungen übernehmen“, sagt Bastian Neuwirth, Wirtschaftsexperte der Umweltorganisation Greenpeace. Schließlich würden gerade sie meist hohe CO2-Emissionen verursachen. „Zum einen durch ihr direktes Verhalten, wie die Nutzung von Pools und Privatjets, zum anderen durch Investitionen“. Neuwirth hat deshalb letzten Freitag gemeinsam mit seinem Kollegen Mauricio Vargas ein Konzept zur Besteuerung von Mul­ti­mil­lio­nä­r*in­nen veröffentlicht.

Das sieht einen jährlichen Steuersatz von 2 Prozent auf Vermögen von mindestens 100 Millionen Euro vor. Dazu kommt ein Malus: Investiertes Vermögen, zum Beispiel in Unternehmen, das nicht mit den Pariser Klimazielen konform ist, soll mit zusätzlichen 0,5 Prozent besteuert werden. Das soll einen Anreiz für Investitionen in klimafreundliche Unternehmen schaffen. Die Steuer würde nach Angaben von Greenpeace rund 4.700 Haushalte in Deutschland betreffen.

Unternehmensentscheidungen beeinflussen

Gerade bei Mul­ti­mil­lio­nä­r*in­nen ist der Anteil des Betriebsvermögens dem Umweltverband zufolge hoch. Das bedeutet, dass diese Personen den Großteil ihres Vermögens in Unternehmen anlegen. Deshalb hätten sie eine starke Lenkungswirkung auf Unternehmsentscheidungen, sagt Neuwirth. Die Steuer solle diese Verantwortung adressieren. Den Greenpeace-Berechnungen nach könnte dieses Steuermodell bis 2030 bis zu 200 Milliarden Euro generieren. Die könnten Maßnahmen für Klimaschutz und Klimafolgeanpassung finanzieren. Die Organisation schlägt zum Beispiel den Ausbau von Bus und Bahn und eine Finanzierungshilfe für Wärmepumpen für finanzschwache Hausbesitzende vor.

Das Konzept beruht auf einem Steuervorschlag des französischen Ökonomen Gabriel Zucman. Der hatte eine 2-Prozent-Steuer auf Milliardärsvermögen dieses Jahr im Auftrag der brasilianischen G20-Präsidentschaft erarbeitet. Greenpeace hat dieses Konzept um das beschriebene Malus-System von 0,5 Prozent erweitert. Tobias Hentze vom Institut der Deutschen Wirtschaft sieht das allerdings kritisch. Es sei kompliziert, festzulegen, welche Vermögen davon konkret betroffen seien, der bürokratische Aufwand deshalb vermutlich hoch. Außerdem gebe es mit dem CO2-Zertifikatshandel bereits ein Instrument, um Unternehmen zu klimafreundlichem Wirtschaften zu bewegen.

Ergänzung zum Zertifikatehandel

Auch Neuwirth hält das Zertifikatssystem für ein wichtiges Instrument, um die CO2-Emissionen von Unternehmen zu reduzieren. Die „Milliardärssteuer mit ökologischer Lenkungswirkung“, wie Greenpeace den Vorschlag nennt, könne die Zertifikate jedoch gut ergänzen. Schließlich sollten die Einnahmen aus der Steuer auch dazu dienen, Gegenmaßnahmen für durch den Klimawandel verursachte Schäden zu finanzieren.

Die CO2-Bepreisung, auf der der Zertifikatehandel beruht, sehe das nicht vor. „Die Einnahmen aus einer Besteuerung von Vermögen wäre dagegen zielgenau, da der Vermögensaufbau ja zur heutigen Klimakrise beigetragen hat“, so Neuwirth. Der geplante Steuer-Malus sei zudem weitreichender als das Zertifikatssystem. Denn für Produktionsstätten außerhalb der EU würde teilweise kein CO2-Preis erhoben.

Das heißt, dass deutsche Unternehmen mit Werken im Ausland dort unter Umständen keinen CO2-Preis zahlen. „Die von uns vorgeschlagene Milliardärssteuer von 2 Prozent würde also Hochvermögende stärker in ihre Verantwortung für die Klimakrise nehmen und bestehende Instrumente sinnvoll ergänzen“, so Neuwirth.

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21 Kommentare

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  • Tja, wenn ich mein Geld der Deutschen Bank zum " arbeiten " überlasse, und diese dann, unter anderem - massiv gewinnbringende Anlagen in der Rüstungsindustrie für mich generiert - bin ich dann noch Pazifist ?

  • Da geht Greenpeace sicherlich mit gutem Beispiel voran und entrichtet selbst schonmal diese Steuer.



    Die jährlichen Einnahmen von Greenpeace liegen bei etwa €75 Mio.



    Das ist kein Milliardenbetrag aber dennoch ein deutlicher Multimillionenbetrag. Bestimmt entrichtet Greenpeace daher freiwillig etwas davon.

  • Wir fassen zusammen:



    Milliardärssteuer ab 100 Mio (suche den Fehler!)



    Steuer auf investiertes Vermögen (bei Privaten). Interessant, wenn alle wollen dass mehr investiert wird. Sogar staatliche (zahlt der dann an sich selbst Steuer?) Stellen dafür Schulden machen wollen. Ja was jetzt: Invest befördern in Allesmöhliche oder verhindern?



    Wir müssen uns einfach nicht wundern wenn das in weiten Teilen der Wählerschaft abgelehnt wird, derlei Vorschläge.



    Warum eigentlich nicht die Arbeiter und Angestellten höher besteuern, die für Milliardäre oder deren Firmen arbeiten? Wenn man Unlogisches will, dann kann man auch unlogisch argumentieren, also finde ich

    • @Tom Farmer:

      Es geht bei der Einführung der Vermögenssteuer um folgende Klassifizierung : Mehrfachmillionäre, Millonäre bis 100 Millionen, über 100 Millionen und dann die Milliadärssteuer. ( ab 1.000 Millionen )



      Sicher gibt es auch Künstler, Handwerker selbstständig oder angestellt, deren Vermögen, so denn sie in eine dieser Kategorien fallen, zur Zahlung, der Vermögenssteuer, herangezogen werden.



      Genauso Arbeiter mit entsprechenden höheren Erbschaften.



      Verstehe echt ihre Polemik nicht.

  • Praktische Frage: Für die hehren Ziele braucht man nicht die Firmenanteile der Reichen, sondern Geld. Wem also verkaufen wir die deutsche Wirtschaft? Den Amerikanern? Den Saudis? Den Chinesen?



    Und dann wird alles besser?

  • "Uns geht es darum, dass hoch Vermögende Verantwortung für die Klimawirkung ihrer Handlungen übernehmen (...) durch ihr direktes Verhalten, wie die Nutzung von Pools"



    Was hat denn die Nutzung eines Pools mit superreich oder Klimawandel zu tun?



    Wir haben seit langem einen Pool - beheizt via Wärmepumpe die ihren Strom von der PV auf dem Dach erhält...



    Die Wärmepumpe darf auch nur laufen, wenn das Dach Überschuss liefert - regelt alles die Hausanlage.



    Bis auf die Bauphase läuft der Pool somit quasi grün und umsonst.



    Da wir einen Salzwasserpool haben entfallen auch umweltbelastende Chemikalien um die Wasserqualität zu erhalten und auch die sporadischen Wasserwechsel wie bei Süßwasserpools.



    Einen Pool umweltverträglich zu betreiben ist weder ein Hexenwerk noch ein finanzielles Unterfangen ausschließlich für Superreiche.

    • @Farang:

      👍👍

  • Eine Vermögenssteuer ist gar nicht für den Bund einnehmbar. Den die Vermögenssteuer geht ans Land. Daher kann der Bund gar nicht entscheiden was mit dem Geld passiert. Um das zu ändern müsste das Grundgesetz geändert werden und aus Sicht der Länder würde ich das nicht zustimmen. Eine Vermögenssteuer find ich auch nicht gut wenn das deutschlandweit eingesetzt wird. Dazu kommt das ich es nicht für sinnvoll erachte das die Reichen ala Robin Hood den Staat retten sollen. Aktuelle sehe ich nicht das im Klimaschutz das Geld fehlt nicht sondern ehr wie Deutschland gerecht den Klimaschutz gestalten soll als größeres Problem. Geld hat der Staat genug, er gibt es nur falsch aus.

  • ... wenn es zu kompliziert ist, dann fangen wir mal einfach an: die Vermögensteuer ist seit 1997 ausgesetzt, die Regierenden müssten also nur neu aufsetzen. Die Finanztransaktionssteuer sollte für die Entwicklungshilfe genutzt werden, wurde dann aber so verwässert, dass sie nicht mehr dafür taugt. Erbschaftsteuer zahlen die wirklich Reichen auch nicht angemessen, weil es Sonderregelungen gibt.



    Man KANN also, wenn man will. Wenn wenigstens die Sozialdemokraten, Linke und Grüne solche Projekte konsequent vorantreiben würden und deren Wähler das einfordern würden ...



    Nein, es geht nicht nicht um "Omas klein Häuschen", das man wegbesteuern will!

    • @Albrecht Thomas:

      @ Slbrecht Thomas 22 h



      Das können Sie den " Kleingeistern " nicht oft genug predigen !

    • @Albrecht Thomas:

      Omas klein Häuschen wird aber das sein, was letztlich besteuert werden wird.

      Omas klein Häuschen übersteigt vom Wert her in z.B. großen Teilen Bayerns und in fast allen Städten schon heute sehr deutlich die Freibeträge. Dann kommt nach dem Tod der Oma auch noch die Heizungserneuerung on top. Das dürfte viele Erben überlasten.

      Die 100 Mio-Besitzer, die dürfte es eher nicht treffen. Des kann man gewiss sein.

      Und wie will man denn die klimaschädlichen Investitionen festmachen? Der stellt Kunststoff her, das ist klimaschädlich. Oh, halt stopp, das ist ja Kunststoff für Windräder...

      • @EIN MANN:

        Woher haben Sie die Informationen ?



        Explizit sollen Einfamilienhäuser, auch im höherem Segment, von der Vermögenssteuer ausgenommen sein.

    • @Albrecht Thomas:

      Gesetzesvorlagen zur Vermögenssteuer liegen dem Bundestag schon seit 1997 vor, unsere Volksvertreter wollten sie nur nicht verabschieden, was eigentlich ihr Job wäre...

    • @Albrecht Thomas:

      "Nein, es geht nicht nicht um "Omas klein Häuschen", das man wegbesteuern will!"



      Da wäre ich mir nicht so sicher. Die Grundsteuerreform war ein Anfang.

  • Seit wann haben Preise (der CO2-Preis) keine Lenkungswirkung? Das Konzept von GP ist für die Rundablage

  • Bevor wir hier die nächste wilde Sau durchs Dorf jagen und über das dargebotene Stöckchen springen, denken wir doch mal nach (ist immer gut).

    Wie viele Milliardäre haben wir den in Deutschland (merkwürdig, dass im Artikel von 100 Mio. Euro gesprochen wird.

    Gewichtiger ist jedoch, dass das Aufkommen einer Vermögensteuer den Ländern zusteht und eine Mehrheit fr eine GG Änderung zur Erreichung des Ziels "Klimaschutz" nicht einmal ansatzweise in Aussicht ist.

    Klasse gemacht, Herr Neuwirth.

  • Ja natürlich und überfällig. Wie bei Veränderungen in Organisationen auch, packt man natürlich auch "oben" an, aus Gerechtigkeits- und Zielgründen. Einige wenige mit inzwischen zumeist geerbtem Vermögen sind gierig und setzen ihren Zaster dabei ein, um noch mehr durch Steuertricks und Lobbyismus zu raffen.

    Entweder müssen wir die nahestehenden Parteien wie Union, FDP, ADis, FW aus den Parlamenten drücken (die aber gewieft auf andere Themen versuchen abzulenken), oder wir schaffen international wieder greifende Gegenmacht und erinnern an Gerechtigkeit.

    • @Janix:

      Feiner Gedanke - nur - die repräsentative Demokratie wurde ja gerade deswegen " installiert - um Einzelne vor der Mehrheit zu schützen...😉

  • Christian Lindner würde so etwas als Praktikantenstreich ablehnen.

  • Richtiger Vorschlag. Und die Bevölkerung weltweit sollte mal langsam den F ... ziehen und aus ihrer Schockstarre erwachen, um von der Politik und den s.g. Reichen die richtigen Maßnahmen sowie Verantwortungsübernahme einfordern.

    • @Gerhard Krause:

      Verstehe ich nicht. Welche "Verantwortungsübernahme einfordern"? Ist das so etwas wie ein Schuldübertrag? Sollen erst mal die Milliardäre ihr Luxusleben ändern.



      Ist es nicht das allgemeine Volk, welches für die Zustände auf diesem Planeten in der Kritik stehen sollte? Die Millionen Flugpassagiere jeden Tag? Die Millionen Kreuzfahrer? Unsere allgemeine 'Gier' nach Konsum?