Getötete Journalistin im Westjordanland: Das gleiche Fazit

Die UN-Untersuchung zum Fall Shireen Abu Akleh kommt zum selben Schluss wie Medien und NGOs: Das israelische Militär habe die Journalistin erschossen.

Palästinenser:innen vor einer Gedenkwand für Shireen Abu Akleh

Nun ein Schrein und Ausflugsziel: Der Ort, an dem die Journalistin Shireen Abu Akleh getötet wurde Foto: ap

TEL AVIV taz | Eine kriminologische Untersuchung gibt es bislang nicht – stattdessen haben sich Jour­na­lis­t:in­nen und nun auch die UNO des Falles Shireen Abu Akleh angenommen.

Die Reporterin des Nachrichtensenders Al Jazeera wurde am 11. Mai erschossen, als sie über eine Razzia des israelischen Militärs in der Stadt Jenin im Westjordanland berichtete. Die Palästinenserin war auch amerikanische Staatsbürgerin.

Einige Wochen nach dem Vorfall untersuchten bereits der amerikanische Fernsehsender CNN und die Nachrichtenagentur Associated Press den Vorfall. Es folgten Aufarbeitungen der US-amerikanischen Tageszeitungen Washington Post und New York Times. Nun hat auch das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte seine eigenen Schlüsse vorgelegt.

„Mehr als sechs Wochen nach der Ermordung der Journalistin Shireen Abu Akleh und der Verletzung ihres Kollegen Ali Sammoudi am 11. Mai 2022 in Jenin ist es zutiefst beunruhigend, dass die israelischen Behörden keine strafrechtliche Untersuchung durchgeführt haben“, erklärte die Sprecherin des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte, Ravina Shamdasani, am Freitag.

Immer wieder dieselbe Schlussfolgerung

Unabhängig voneinander kommen die verschiedenen Zeitungen und die UNO zu dem Schluss, dass die Kugel, die Abu Akleh getötet hat, wohl von israelischen Sicherheitskräften kam. Vorgegangen sind sie alle ähnlich. Sie haben Foto, Video- und Audiomaterial gesichtet, den Tatort besucht, Ex­per­t:in­nen konsultiert und mit Au­gen­zeu­g:­in­nen gesprochen. Auf dieser Grundlage kamen sie zu dem Schluss, dass „die Schüsse, die Abu Akleh töteten, von israelischen Sicherheitskräften kamen und nicht von wahllosen Schüssen bewaffneter Palästinenser.“

Dass militante Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen Abu Akleh getötet haben könnten, wurde vom israelischen Militär unmittelbar nach dem Vorfall nahegelegt. Kurz danach räumte das Militär bereits die Möglichkeit ein, dass einer ihrer Sol­da­t:in­nen den tödlichen Schuss abgefeuert haben könnte.

Allerdings: Jegliche Schüsse, so das israelische Militär, die zum fraglichen Zeitpunkt abgeschossen wurden, seien auf einen palästinensischen Bewaffneten gerichtet gewesen, der zwischen den israelischen Soldaten und den Jour­na­lis­t:in­nen gestanden haben soll.

Die New York Times erklärt jedoch in ihrer Darstellung der Situation, dass sich keine bewaffneten Palästinenser in Abu Aklehs Nähe befunden hätten, als sie erschossen wurde.

New York Times: Keine Belege für Vorsatz

Einige Fragen sind auch laut den bisherigen Untersuchungen offen, etwa die, ob Abu Akleh absichtlich erschossen wurde. Dies hatte die palästinensische Autonomiebehörde in ihrer eigenen Untersuchung des Vorfalls behauptet. Dafür konnte die New York Times, wie sie betont, jedoch keine Beweise finden.

Ebenso bleibt ungeklärt, so die US-Zeitung, ob der Schütze sah, dass sie und ihre Kol­le­g:in­nen Schutzwesten mit der Aufschrift „Presse“ trugen.

Die israelischen Behörden haben die endgültigen Ergebnisse ihrer Untersuchung noch nicht bekannt gegeben. Vor einer Woche erklärten sie, sie hätten ihr Team um einen hochrangigen Mitarbeiter erweitert und forderten die palästinensischen Behörden erneut auf, Israel die Kugel auszuhändigen, die die Journalistin getötet hat. Nur mit ihr könne mit Sicherheit gesagt werden, aus welchem Gewehr die Kugel stammte.

Die Palästinensische Autonomiebehörde weigert sich nach wie vor, die Kugel auszuhändigen, weil sie Israel und der israelischen Untersuchung nicht traue. Stattdessen fordern Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen nun im Gegenzug, die vermeintliche Tatwaffe zu übergeben.

Der internationale Druck auf Israel steigt

Die Untersuchungen durch die Medien und die UNO erhöhen den Druck auf Israel, Ergebnisse zu liefern. Auch beim in drei Wochen anstehenden Israel-Besuch von US-Präsident Joe Biden dürfte der Fall Abu Akleh erneut zur Sprache kommen.

Nach einem Vorstoß von Mitgliedern des Repräsentantenhauses, in dem diese eine FBI-Untersuchung gefordert hatten, hielten in der vergangenen Woche 24 Se­na­to­r:in­nen Biden dazu an, dass sich die USA der Vorgänge annehme.

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