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Gesundheitliche Folgen der KlimakriseDas große Hitzesterben

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Immer mehr Menschen sterben an Hitze infolge des Klimawandels. Wir müssen uns anpassen, aber vor allem die Ursachen beseitigen.

Raus aus der Sonne, denn die Hitze kann gefährlich werden Foto: K-H Spremberg/imago

M ittlerweile sterben allein in Deutschland jedes Jahr Tausende Menschen infolge von Hitzewellen: 3.200 waren es laut Robert-Koch-Institut im vergangenen Jahr, 4.500 im Jahr davor. Andere Schätzungen kommen teils auf noch mehr. Das wird in ganz Europa zu einem immer größeren Problem, warnt nun der EU-Erdbeobachtungsdienst Copernicus. In den vergangenen 20 Jahren ist die hitzebedingte Mortalität um 30 Prozent gestiegen.

Und wie der Klimawandel geht auch das Sterben entsprechend weiter. Vor allem alte Menschen und Kleinkinder sind gefährdet, aber auch Menschen mit Krankheiten, die durch Hitze verstärkt werden.

Deutschland ist kaum auf die Hitze vorbereitet. Es ist gut, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im vergangenen Jahr endlich einen Hitzeschutzplan vorgelegt hat. Unter anderem will er die Gefahren besser kommunizieren, die Warnsysteme effektiver machen. Aber viele Maßnahmen brauchen eine Weile, um zu reifen. Zum Beispiel brauchen Städte viel Grün, Frischluftschneisen, Schatten­areale und gute Gebäudedämmung.

Aber vor allem muss das Problem an seiner Wurzel bekämpft werden: indem der Ausstoß von Treibhausgasen aufhört. Deutschland hat seine Emissionen teilweise schon gesenkt. Der Strom ist viel sauberer als früher, im vergangenen Jahr kam er zu mehr als der Hälfte aus erneuerbarer Energie. Nicht genug, aber immerhin. Das verlangt allerdings auch niemandem viel ab. Der Strom kommt halt aus der Steckdose. Wie er dort hineingekommen ist, macht für die meisten Ver­brau­che­r*in­nen keinen Unterschied.

Anders sieht es im Verkehr aus. Dass im vergangenen Jahr sogar noch mehr Auto gefahren wurde als vorher, geht in die völlig falsche Richtung. Derweil verwässert die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz weiter, sodass Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zwar noch ethisch, aber nicht mehr gesetzlich zum Gegensteuern gezwungen ist. Dabei könnte das nicht nur das Hitzesterben verringern – sondern auch die vielen Unfalltoten, die der Autoverkehr mit sich bringt.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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14 Kommentare

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  • taz: "Immer mehr Menschen sterben an Hitze infolge des Klimawandels. Wir müssen uns anpassen, aber vor allem die Ursachen beseitigen."

    Da der klimaschädliche 'Wirtschaftswachstumswahnsinn' von allen Politikern dieser Welt angebetet wird, wird sich nichts ändern.

    Der Klimawandel muss jedenfalls in diesem Land keine Angst haben, dass er zu wenig CO2 zum Wachsen bekommt, denn dafür werden unsere "Volksvertreter" schon sorgen (egal aus welcher Partei auch immer). Wenn der Klimawandel demnächst die große "Keule" herausholt, dann werden sich aber bestimmt auch die verbohrtesten Klimawandelleugner fragen, weshalb sie sich Anfang der 2020er Jahre darüber aufgeregt haben, dass besorgte Klimaschutzaktivisten Bäume besetzten, Straßen blockierten oder alte Ölbilder in Museen mit Kartoffelbrei "verzierten", anstatt endlich mal die Verursacher des Klimawandels (Großkonzerne etc.) zu stoppen und zur Verantwortung zu ziehen.

    Momentan werden Klimaschutzaktivisten in diesem Land aber lieber weiterhin "kriminalisiert", anstatt dass Politiker endlich einmal etwas gegen den CO2-Ausstoss unternehmen. Aber das würde ja schließlich bedeuten, dass man das klimaschädliche Wirtschaftswachstum endlich mal beendet (oder zumindest massiv einschränkt) und dann wäre Deutschland ja nicht mehr einer der Exportweltmeister und die reichen Industriellen können dann nicht noch reicher werden.

    Solange Politiker den Verursachern des Klimawandels den roten Teppich ausrollen und der Bürger weiterhin der Meinung ist, dass das Lebensglück im Konsumieren unnötiger Waren (oder Billigreisen) zu suchen ist, solange wird es den klimaschädlichen und ressourcenfressenden Kapitalismus auch geben.

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Die Tatsache, dass im vergangenen Jahr mehr Auto gefahren wurde, wird denselben Grund haben, wie man im Rahmen der Vorstellung der PKS 2023 vor zwei Wochen lesen konnte: es sind einfach mehr Menschen hinzugekommen.

  • Solange die Menschen nicht vor den Supermärkten am Einkaufswagen geklammert zusammenbrechen, in Lokalen vor Hitze ermatten von den Stühlen rutschen oder sonst wo im öffentlichen Raum sichtbar an Hitze sterben, ändert sich überhaupt nichts. Die kapitalistische Verwertungsidiologie, die Werbeslogans von “Freier Fahrt für freie Bürger” und “Ein Platz an der Sonne” sitzen tief im (Unter)Bewusstsein unserer Gesellschaft und kaum ein Mensch möchte auf jedwede Form von Konsum “verzichten”. Kein Mensch hindert uns daran maximal 120 km/h auf der Autobahn zu fahren, keine Kreuzfahrt zu buchen, spanische Erdbeeren im Supermarkt Regal liegen zu lassen. Wir haben die Möglichkeit auf die Straße zu gehen und für politische Veränderungen zu demonstrieren. Wollen wir aber nicht. Wir wollen auch an den letzten Krümeln vom großen Buffet teilhaben und werden die Party nicht verlassen, ehe sie zu Ende ist - auch wenn es unser Ende bedeutet. Die Zukunft unserer Kinder, die Lebenssituation von den Menschen im sogenannten globalen Süden, die Zerstörung von Naturräumen - das tut uns schon ein bisschen leid, da sollte die Politik was machen (aber bitte ohne unsere Freiräume zu beschneiden) - und weiter geht’s!

    • @MaTaBe:

      So ähnlich denke ich auch. Wenn mensch denn für Klimaschutz ist, für Kinder/Enkel*innen sorgen möchte, sollte sogleich die offensichtlichen klima- und umweltaschonenden Veränderung gleich persönlich vornehmen - vegan leben, Auto öfter stehen lassen/abschaffen ... Aber irgendwie handeln die meisten dann doch weiter wie bisher. An sich scheint der gesamte Luxus der eigenen Lebensweise auch nicht reflektiert zu werden. Selbst viele der Leute, die persönlich zu der Energiewende beitragen, indem sie PV-Anlagen installieren lassen, schaffen sich dann (neue) E-Autos an. Mindestens sind das pro neuem Auto 1,5 t an aufwändig geförderten und verarbeiteten Rohstoffen, also auch (fossiler!) Energieverbrauch, Umweltzerstörung und -vergiftung ...

  • Dieses ernste und dramatische Problem betrifft die ganze Bevölkerung, Alte, Kranke, Schwangere, Kinder und rapide zunehmend alle. Vielleicht wacht CDSUFDP jetzt endlich auf und kümmert sich ernsthaft um einen wirksamen Klimaschutz. Doch es steht zu befürchten, dass die allesamt sehr viel lieber bei Populismus bleiben und die Menschen damit verhöhnen. Der Blick dieser Politiker*innen ist nur bis zur nächsten Wahl gerichtet, die Zukunft interessiert die nur insofern, als sie Macht und Mandate erhalten können, sonst nichts. Welche Erbärmlichkeit....

  • Wieder einmal sehr einseitige berichtserstattung. In anderen Medien zieht man den Schluss, das a den vermehrten Hitzetode nicht nur der Klimawandel eine Rolle spielt , sondern auch mind. Genauso die steigende Lebenserwartung und damit eine höhere Anzahl von älteren Menschen. Aber das passt halt nicht ins Weltbild der Autorin - klar wenn man den direkten Zusammenhang zw CO2 aus Deutschland und den EU Hitzetoden herstellen will , passen halt andere Faktoren nicht hinzu…..

  • Woher weiß man, daß oder ob die an einer Hitzewelle gestorben sind?

  • Viele denken leider: das betrifft doch eh nur die Alten.

    • @Ulrich Haussmann:

      Richtig!



      Will man uns ein schlechtes Gewissen machen? Was wir brauchen ist vielmehr die Mindestgeschwindigkeit von 200 km/h auf der linken Spur der Autobahnen!



      Freie Fahrt für freie Bürger!!!

    • @Ulrich Haussmann:

      Die taz bleibt bei diesem Beitrag viel zu zahm: nachdem der wesentliche Ansatzpunkt klar benannt war und Wissings Beitrag zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen bekannt ist, muss er DIREKT adressiert werden. Z.B. "Es ist anzunehmen, dass Wissing intellektuell den Zusammenhang zwischen Schadstoffausstoß und Verkehrsgeschwindigkeit von Autos erkannt hat. Auf seine Politik ist ein Teil der Hitzetoten zurückzuführen. Das muß er sich anrechnen lassen und das auch juristisch verantworten."

      • @CTD:

        Naja, als sooo groß würde ich den Anteil Deutschlands miserabler Verkehrspolitik nicht annehmen. Zumal die CO2-Emissoon aus Wissings-"Ära" sich erst zukünftig auswirken. Wobei - die Logik einbezogen, dass bereits eine Hitzetote* eine* zu viel ist, dann käme das wohl doch hin. Wie auch immer, die Emissionen aus Verkehr sind dennoch schnell und umfangreich zu reduzieren um Klimaziele zu erreichen und Klimakrise hoffentlich abbremsen zu können - durch Tempolimit, Verbrennerverkaufsverbot, autofreie Städte, Verbot bin Inlandsflügen, Verteuerung von Kerosin, von Start/Landelizenzen und Kreuzfahranlegegebühren ... und ja, gerne auch anhand von Fahrverboten am Wochenende.



        *Männer sind auch gemeint.

        • @Uranus:

          Das einzige was Ihnen für die Umsetzung dieser Vorschläge fehlt, ist eine politische Mehrheit :D

          • @Tom Tailor:

            Naja, es müsste eben jegliche Verbrennung fossiler Energieträger gestoppt werden. Radikaler wäre es, die Nutzung von Verbrennern egal ob jene in Autos, Flugzeugen oder Schiffen zu verbieten. Angesichts der bereits zu vielen Treibhausgasemissionen und Fortschritts der Klimakrise, wäre dies gerechtfertigt. Aber ja, dafür, würde ich auch annehmen, gibt es wohl schwerlich Mehrheiten. Wenn mensch nicht Verdrängung, Arroganz, Ignoranz und/oder Vor-sich-hinwurschteln wahrnehmen würde, könnte mensch auf die Idee kommen, es gäbe unter den Menschen eine unausgesprochene Bejahung von Selbstvernichtung analog zum Klischee der Lemminge oder des NS-Wahnsinns hinter dem "Totalen Krieg".

    • @Ulrich Haussmann:

      besser gesagt betrifft es Oma und Opa, manches mal bereits auch Mutter und Vater. So können wir jederzeit etwas zur Verlängerung der gemeinsamen Lebenszeit beitragen und unsere Familie erleben. Unsere Lebenszeit ist auch ohne Hitzewellen schon kurz genug.