Gespräche mit den Taliban: Keine Verhandlungen mit Terroristen
Wer mit den Taliban reden will, verkennt, welche Bedrohung von ihnen ausgeht. Nötig ist massiver internationaler Druck.
E U-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich für Verhandlungen mit den Taliban ausgesprochen und sagt, es bedeute keine Anerkennung. Sie verkennt diese Terrorgruppe. Die Taliban wurden in Pakistan mit Härte und einem versteinerten Glauben in allen Lebensbereichen erzogen.
In der politischen Kultur gilt schon als Blasphemie, sich gegen etwas zu stellen, was die Taliban-Führung richtig findet. Wer rebelliert, kann bestraft, auch getötet werden. Ein Dialog, überhaupt ein Für und Wider, ist den Taliban fremd. Gespräche mit ihnen sind deshalb zwecklos und sogar schädlich. Die Taliban werden nur mehr Zugeständnisse erzwingen, ohne selbst ihre Zusagen einzuhalten.
Fakt ist, dass die Bundesregierung ihren Mitarbeitern in Afghanistan gegenüber fahrlässig gehandelt hat. Der Vormarsch der Taliban ist seit Monaten klar, auch dass sie die Tore Kabuls erreichen können. Ohne diese Fahrlässigkeit hätte die Evakuierung der Ortskräfte schon vor Monaten begonnen. Dies ist nicht passiert und hat die derzeitige dramatische Situation erst geschaffen.
Selbst wenn es gelingen sollte, auf diese Weise besonders gefährdete Menschen außer Landes zu bringen, darf man nicht vergessen, dass es Millionen anderer Menschen in Afghanistan gibt, die weder einen ausländischen Pass besitzen, noch zu den Ortskräften gehören. Sie müssen unter der tyrannischen Herrschaft der Taliban leben.
Jahrgang 1991, musste seine Heimat Afghanistan Ende 2011 wegen Todesdrohungen der Taliban verlassen und lebt heute in Berlin. Er ist Journalist, Student und Aktivist.Er arbeitet als persischer Redakteur für das mehrsprachige Magazin kulturTür http://www.kulturtuer.net.
Eine nach wie vor gefährliche Gruppe
Ihre einzige Hoffnung besteht nun in der internationalen Gemeinschaft. Dafür müssen die Taliban international massiv unter Druck gesetzt werden, denn sie gefährden nicht nur das afghanische Volk, sondern auch die globale Sicherheit. Allein dass Khalil-ur-Rehman Haqqani, einer der meistgesuchten Terroristen der USA, in der zukünftigen Taliban-Regierung sein wird, zeigt, wie gefährlich die Gruppe nach wie vor ist. Entgegen ihren Behauptungen kooperieren sie weiterhin mit internationalen Terroristen.
Pakistan hat die Taliban geschaffen. Saudi-Arabien stützt sie ideologisch und politisch. Statt mit den Taliban zu sprechen, muss mit diesen Ländern verhandelt werden, dass die Taliban die Menschenrechte respektieren, insbesondere die Rechte der Frauen. Sie müssen mit der Unterdrückung der ethnischen Minderheiten, insbesondere der schiitischen Hazara, aufhören. Vielen scheint noch nicht klar zu sein, dass ihnen ein Völkermord drohen könnte, weil sie von den Taliban nicht als Muslime angesehen werden.
In Afghanistan droht noch viel größeres Leid als das, was wir derzeit sehen. Und es nicht abwegig zu befürchten, dass die Welt nicht mehr hinschaut, wenn die westlichen Ausländer und die Ortskräfte ausgereist sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Türkei und Israel nach Assad-Sturz
Begehrlichkeiten von Norden und Süden
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“