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Geschäfte, die nach der Postleitzahl fragenDie 25541 gegen's Datensammeln

Der Liedermacher Christoph Weiherer ruft zu zivilem Ungehorsam auf. Er will die großen Konzerne mit Verwirrung ärgern.

Der Liedermacher Christoph Weiherer ruft zum gewaltlosen Protest auf Foto: dpa

Kunde – Kundin – kommst du an die Super- oder vor allem Baumarktkasse, verkündige dorten schamlos eine Lüge! Mache es also so wie Christoph Weiherer, jener Kämpfer gegen die Datensammelwut großer Konzerne, die dich ausspionieren wollen und nach deiner Postleitzahl fragen.

Weiherer, 36, ein Liedermacher, bekannt für eher ruhige Songs, gebürtig in Burghausen, wohnhaft in München, der sich mit „der Weiherer“ am Telefon meldet, nennt auf die Frage nach der Postleitzahl stets die von Brunsbüttel: 25541. Seine Theorie: Wenn alle auf Nachfrage diese Nummer sagen, können die Marketingstrategen einpacken, „wegen einem bayerischen Hanswurst“, wie er es selbst sagt.

Seit sechs Jahren ruft Weiherer nun schon bei seinen Auftritten zumeist in Bayern zu diesem einfachen wie gewaltlosen Widerstand auf, richtig berühmt geworden ist er dafür – schlagartig – erst jetzt. Eine NDR-Journalistin war in Bayern unterwegs, hörte davon, dachte an den Ort an der Elbmündung im Verbreitungsgebiet ihres Senders und machte was daraus. In einer Art Telefonkonferenz, im Radio übertragen, mit Weiherer und dem Brunsbütteler Bürgermeister, der sich freute, dass sein Ort nun mal auch positiv besetzt wurde, nicht immer nur über ein marodes Atomkraftwerk.

Aufruf zum „25541-Widerstand“

So nahm die Sache ihren Lauf, und Weiherer zündete mit Hilfe der durch den NDR geschürten Popularität die nächste Stufe. Beim Liedermacherfestival in Kloster Banz, „Songs an einem Sommerabend“, rief er wieder zum 25541-Widerstand auf, komprimiert auf sendefähige 3 Minuten, die er als Video auf seiner Facebookseite gepostet hat. Seitdem wurde das Filmchen 2,5 Millionen mal angeklickt, und Weiherer kommt seinem Ziel so langsam nahe. Wenn es alle wissen und alle machen, dann …

Dass Facebook auch gerne Daten sammelt, nimmt Weiherer als Widerspruch einer komplexen Welt hin, sagt er. Er jedenfalls ist jetzt auch in Brunsbüttel und Umkreis bekannt, seine Konzerte dort im Januar sind bereits ausverkauft. Inwieweit Marketingabteilungen von Bau- und Supermarktketten verzweifelt sind, ist noch nicht bekannt. Aber es geht ja auch erst richtig los.

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8 Kommentare

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  • Einfach eine andere PLZ als die eigene angeben (ca. 300 - 600 km entfernt, von Freunden, Verwandten, ehemaliger Wohn-/Urlaubsort) oder gleich Schweiz/Österreich sagen.

     

    Dann werden neben den Baumärkten vielleicht auch bald Center Parcs etc. eröffnet...

  • Ich hab mal im Beichthaus von jemanden gelesen, der immer die PLZ der Zugspitze angibt.

     

    Das fand ich auch immer ne klasse Idee, nur leider kann ich mir die Nummer nicht merken.

     

    Jetzt ärger ich mich bei der Frage immer. Jedesmal denk ich "Wie war jetzt nochmal die PLZ"

     

    Ich sollte weniger Smoken, vielleicht klappt es dann irgendwann mal.

     

    Sähe bei den Marktforschern bestimmt auch lustig aus, wenn die Zugspitze Tausende Einwohner hätte.

  • Die Grundidee ist richtig, die Umsetzung falsch. Wenn falsche Angaben gemacht werden, dürfen sie nicht oder nur mit größerem Aufwand als falsche Daten erkannt werden. Das ist gar nicht so einfach. Auf jeden Fall nicht tausendfach die gleiche PLZ, sowas ist leicht rauszufiltern. Stattdessen z.B. die eigene PLZ plus 50 oder minus 304.

     

    Auf Browser übertragen: Wenn es ein Plugin gäbe, das alle paar Minuten eine andere gültige Browserkennung erzeugt, wäre das Profiling darüber schon mal sehr viel schwerer.

     

    Allerdings gibt es zwei-, dreistellig Merkmale, die zusammen genutzt werden können, um die Qualität von Daten zu prüfen und zu verbessern. An viele davon ist schwer ranzukommen, wie etwa die Altersgruppe, die sich durch Einkäufe bei Amazon oder Klicks bei Youtube genau genug herleiten lässt. Und Telefonnummern, Liefer- oder Mailadressen sind als eindeutige Schlüssel auch für den Datenabgleich Gold wert.

     

    Trotzdem: 10-20% nicht identifizierbarer Datenschrott macht riesige Datensammlungen wertlos oder viel weniger wert. Entsprechend verschlechtert sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis, bei jeder Gelegenheit Daten abzugreifen, und damit auch die Motivation dazu. Auch die heiße Ware Datensammlung ist dann nur noch lauwarm.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Heißer Tip: Wenn man gefragt wird ob man seine PLZ verrät kann man diese Frage auch mit dem magischen Wort "Nein" beantworten.

     

    Dazu kommt: Die Frage ist harmlos. Die Daten die digital erfasst werden sind viel aussagekräftiger als eine bloße Postleitzahl, die noch nicht mal einer Person zugeordnet wird.

     

    Wenn ich ein filialbasiertes Unternehmen hätte und ich etwas über meine Kunden wissen wollte würde ich das einfach über deren Mobiltelefone machen. Das ist technisch einfach machbar und man muss keine doofen Rabattsysteme anbieten. Nicht ganz legal aber es würde mich nicht wundern wenn das bereits hier und dort gemacht wird.

  • Das ist komplett sinnlos, da in der späteren Auswertung die 25541 einfach entfernt wird und schon hat man wieder die ordentliche Stichprobe. Es ist nicht so schwer, in solchen Datenmengen die mutwillig falschen Angaben zu identifizieren.

     

    Warum man nicht einfach keine Nummer angibt wird nicht so recht klar. Ausweiskontrolle in so einem Fall klappt wohl auch nur in Süddeutschland ;)

     

    Wenn man es ordentlich macht, sucht man sich eine realistische Nummer in der Gegend.

  • Nur, dass ich mir nie im Leben diese Nummer merken kann bis ich das nächste Mal an der Kasse stehe.

    Im Übrigen find ich das harmlos bis sinnlos mit der PLZ: da wird nur das Einzugsgebiet ermittelt, um vielleicht irgendwo (näher an MEINEM Wohnort) vielleicht eine weitere Filliale aufzumachen - so what? Ist doch nicht personalisiert. Zumindest nicht, wenn ich bra zahle ;-) wenn mit Karte, gibt es vielleicht eine Korrelation.

    • @Mitch Miller:

      Ich weiß nicht genau, ob ich so viel Verantwortung übernehmen will!

       

      Mal nachdenken: Wenn ich bei dieser Aktion mitmache und auch andere dazu anstifte, werden vielleicht demnächst in Brunsbüttel 100 neue OBI-Baumärkte eröffnet - und im übrigen Deutschland werden genau so viel OBI-Baumärkte geschlossen. (Den Marketing-Strategen traue ich einfach nicht zu, dass sie rechtzeitig merken, dass ihre Zahlen diesmal gar nicht stimmen können. Die denken mir zu wenig. Und ihren Auftraggebern traue ich an dieser Stelle auch nicht über'n Feldweg.)

       

      Wo war ich noch mal gleich? Ach ja: Wenn also demnächst in Brunsbüttel 100 neue OBI-Märkte eröffnen und woanders ebenso viele schließen, werden entweder Hunderte OBI-MitarbeiterInnen arbeitslos, oder sie müssen der Arbeit nach ins schöne Brunsbüttel ziehen - und kriegen da womöglich Krebs. Ich glaube nicht, dass ich damit zurecht käme.

       

      Und überhaupt: Wo kaufe ich demnächst meine 15-Euro Nachtlampen, auf die ich 20 Tage warten muss, weil sie erst durch Europa reisen müssen, bevor ich sie in Händen halten kann? Überhaupt: Was haben ich und all die anderen davon, wenn wir diesen Liedermacher – wie hieß er noch – bekannt machen? Na also!

       

      Stille Weiherer, heiß es, wären tief. Laute sind offenbar mitunter eher seicht und schlammig.

  • Ziviler Ungehorsam, lol!