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Gepard-Panzer für die UkraineHilfreich in den Ebenen des Donbass

Der Flugabwehrpanzer war mal das Neidobjekt der Natostaaten. Dann sortierte ihn die Bundeswehr aus – der Ukraine kann er aber von Nutzen sein.

Unterwegs mit dem Flugabwehrkanonenpanzer „Gepard“ 2007 während einer Gefechtsübung Foto: Michael Wallrath/action press

Im Kalten Krieg war der Gepard ein Prunkstück der Bundeswehr. Denn er schützte deren zentralen Bestandteil: die Streitmacht aus seinerzeit 2.000 Leopard-Panzern, die eine Sowjet-Invasion verzögern sollte, bis die USA einträfen. Heute ist bei der Bundeswehr kein Gepard mehr im Einsatz. Mit der kolportierten Ankündigung, 30 dieser Panzer an die Ukraine zu liefern, sind sie plötzlich aber wieder Thema.

Der Gepard ist darauf ausgelegt, Panzerverbände zu begleiten und diese vor Luftangriffen abzuschirmen, indem er Attacken von Hubschraubern und Kampfflugzeugen zerschlägt. Dieses Kampfszenario steht den Ukrainern nun in den Weiten des Donbass gegen die russische Armee bevor. Dafür verfügt der Gepard über eine Zwillings-Maschinenkanone, die in hoher Kadenz verschiedene Munitionsarten verschießen kann. Die Nato-Partner beneideten die Deutschen um den kampfstarken Kettenpanzer, der in den 1970er Jahren in die Bundeswehr kam.

Wegen ihrer Bedeutung für die Bundeswehr war die Flugabwehr eine eigene Truppengattung, wie Infanterie oder Artillerie. Die deutschen Streitkräfte stellten üppige 14 Flugabwehrregimenter beim Heer mit Geparden auf. Noch 1990 verfügte die Bundeswehr über 432 dieser Panzer. Die Heeresflugabwehr wurde in den folgenden Jahrzehnten jedoch massiv verkleinert. Zur Hochphase der asymmetrischen Konflikte wie in Afghanistan glaubten Politik und Militärführung, auf eine leistungsstarke Flugabwehr verzichten zu können. Der Gepard verschwand aus dem Inventar. Die Heeresflugabwehr wurde 2012 sogar ganz aufgelöst. Die Verteidigung der eigenen Bodentruppen gegen Luftangriffe ging als Nebenaufgabe an die Luftwaffe.

Schon zwei Jahre später mit der Krim-Annexion und der Rückkehr eines möglichen Großkampfs gegen eine Hauptmilitärmacht wie Russland erwies sich das De-facto-Abschaffen der Flugabwehr als schwerer Missgriff. Bis heute steht ein Wiederaufbau in der Bundeswehr aus. Bei der Luftwaffe fristet die mobile Flugabwehr ein Schattendasein, mit kümmerlichen 19 Systemen „Ozelot“. Das sind Minikettenfahrzeuge vom Typ „Wiesel“ mit der Flugabwehrrakete Stinger.

Schon in den 2000ern wurde in Rumänien ausgebildet

Ein Kontingent von 43 Geparden gab die Bundeswehr bereits in den frühen 2000er Jahren an Rumänien ab und bildete dort die ersten Besatzungen aus. Dabei ging es nicht nur um die Mannschaften, sondern vor allem auch um die Mechaniker. Die gesamte Ausbildung wurde in neun Monaten abgewickelt, erfuhr die taz von Wolfgang Sommer, der als Oberstabsfeldwebel damals die Ausbildung für die Rumänen plante und leitete. Die rumänischen Streitkräfte bilden mit ihren Geparden inzwischen zwei Flugabwehrbataillone. Diese sind seit Jahren ein wichtiges Element für die Flugabwehr bei den Nato-Gefechtsverbänden, welche die sogenannte Vorwärtspräsenz im Baltikum bilden.

Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) wiederum verkaufte einige Geparden an Katar und Brasilien. Beide Länder setzen das System ein, um Veranstaltungen in urbanen Räumen, wie die Fußballweltmeisterschaft, vor möglichen Attacken mit Drohnen zu schützen.

Der Schutz vor unbemannten Flugkörpern ist der neue Fixpunkt für die mobile Flugabwehr im Nahbereich. Hier ist die Bundeswehr nahezu völlig blank, gerade gegen Mini­drohnen. Im kommenden Jahr übernimmt Deutschland die Führung des Haupteinsatzverbandes der Nato – bekannt unter seinem englischen Akronym VJTF. Um hier Kleinstdrohnen abwehren zu können, schafft sich die Bundeswehr ein Notbehelf. Es werden ein paar Radpanzer Boxer mit Gra-natmaschinenwaffen gerüstet, um Kleinstdrohnen zerschießen zu können. Heeresinspekteur Alfons Mais bekannte jedoch, dass die Flugabwehr zur VJTF 2023 nur in „abgestufter Qualität“ erreicht werde.

In den Planungen für die Schließung der Fähigkeitslücke wurde eine Reaktivierung der Geparden durch die Bundeswehr geprüft, dann aber verworfen. So berichtet es Markus Richter im Gespräch mit der taz. Richter ist als Ex-Ausbilder am Gepard Spezialist für Flugabwehr. Bekannt ist er als „Gepardtatze“ auf Twitter, wo er Flugabwehr-Themen analysiert. Schwachpunkte seien die fehlende Vernetzung sowie der Neuaufbau der Ersatzteillogistik und damit verbundene hohe Kosten gewesen. Durch die Auflösung der Heeresflugabwehr hatte die Bundeswehr zudem für eine rasche Erosion des Personals mit Fachwissen zum Gepard gesorgt.

Mindestens ein Bataillon für die Ukraine

Die Gepard-Nachfolge zu beschaffen und entsprechende Einheiten aufzustellen soll über zwei Projekte bis 2032 umgesetzt werden. Ob das Sondervermögen – wenn verabschiedet – hier beschleunigt, muss sich noch zeigen. Das erste Projekt hat den Fokus auf die Abwehr von Kampfjets, Hubschraubern und großen Drohnen. Laut Luftwaffen-Planung ist hierfür der Lenkflugkörper IRIS-T basierend, der als Luft-Luft-Variante bereits in der Bundeswehr eingeführt ist. Zu den Trägerfahrzeugen wird noch keine Aussage getroffen.

Bei motivierten Soldaten der Ukraine ist eine Ausbildung von sechs bis acht Wochen machbar

Markus Richter, ehemaliger Ausbilder

Über das zweite Projekt soll zudem die Abwehr kleiner Drohnen und indirekten Feuers wie durch Raketen und Mörsergeschosse umgesetzt werden. Zu dortigen Systemen hält sich die Luftwaffe noch bedeckt. Da es hier um die Bekämpfung massenhafter Kleinziele geht, ist klar, dass hier wieder eine Kanonenlösung ansteht, die mit hoher Kadenz Splittermunition in die Luft pumpen kann. Der Rüstungskonzern Rheinmetall lobbyiert hier seit Langem für seinen „Skyranger“ – einen neuen Flugabwehrpanzer mit Revolverkanone.

Mit 30 Geparden könnten die Ukrainer mindestens ein Bataillon aufstellen, so Flugabwehr-Experte Richter. Die Depot-Geparden für die Ukraine muss KMW erst aufbereiten, außerdem muss der Konzern ein Wartungspaket aus Spezialwerkzeug für die Instandsetzung zusammenstellen. Auch die Ausbildung wird die Industrie übernehmen. Die Bundeswehr hat diese Kompetenz nicht mehr, machte Generalinspekteur Eberhard Zorn im Podcast „Aus Regierungskreisen“ deutlich.

Das Problem mit der Munition

Die Ukraine steht vor einem Dilemma: Auf der einen Seite muss sie Waffen rasch zum Einsatz bringen, auf der anderen Seite senkt eine hastige Einführung deren Einsatzwert. „Bei motivierten Flugabwehr-Soldaten der Ukraine, die schon über ihr Gerät die Einsatzgrundsätze beherrschen, ist eine Ausbildung von sechs bis acht Wochen machbar“, sagt Richter. Ob die Industrie auf der technischen Seite mithalten kann, ist fraglich. Der Teufel liegt im Detail. So ist die Eingabemaske am Bedienpult der Geparden, die für die Ukrainer vorgesehen sind, auf Deutsch. Wie für Katar oder andere Kunden muss diese von KMW erst angepasst werden. „Je nachdem, wie gut Ausbildung und technische Bereitstellung ablaufen, dürfte es bis zur Einsatzbereitschaft zwischen zwei und fünf Monate dauern, meint Gepard-Fachmann Richter.

Ein weiteres Problem ist der Aufbau einer belastbaren Munitionslogistik für die Ukraine-Geparden. Hier hat KMW noch keine Lösung. Der Versuch einer raschen Ausstattung über die Schweiz scheiterte. Dort ist der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall mit seiner Tochter RWM Schweiz AG ein wesentlicher Produzent der entsprechenden 35-Millimeter-Munition. Doch Bern verweigert die Lieferung oder Weitergabe von Munition in das Kriegsgebiet Ukraine mit Verweis auf die Neutralität der Schweiz.

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19 Kommentare

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  • “Der Versuch einer raschen Ausstattung über die Schweiz scheiterte. Dort ist der deutsche Rüstungskonzern (...) Produzent der entsprechenden 35-Millimeter-Munition. Doch Bern verweigert die Lieferung oder Weitergabe von Munition in das Kriegsgebiet Ukraine mit Verweis auf die Neutralität der Schweiz.“

    Das bedeutet dann jawohl, dass diese Munition nie in irgendeinem Konflikt zur Anwendung kommen kann, es sei denn er fände in der Schweiz statt.

    Die bei der Beschaffung massiv bevorzugte heimische deutsche Rüstungsindustrie (die Bevorzugung bei Ausschreibungen ist bei militärischen Gütern erlaubt) sollte prinzipiell überhaupt nicht im Ausland produzieren dürfen.

  • Der letzte Versuch von deutscher Seite (Olaf Scholz - Putin) erfolgte am vergangenen Freitag - mit bekanntem Ergebnis.

  • "Dort ist der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall mit seiner Tochter RWM Schweiz AG ein wesentlicher Produzent der entsprechenden 35-Millimeter-Munition."

    Dann ist doch alles klar: Relevante Maschinen nach Deutschland karren und hier produzieren – wenn’s sein muss, auf dem Parkplatz, mit Sondergenehmigung. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

    Gibt es denn wirklich keine anderen Produktionsstätten? Dann muss es so sein, und zwar, wie so häufig in diesen Tagen, im Schweinsgalopp. Sonst hat sich das Projekt Gepard ja wohl erledigt.

  • "Hilfreich in den Ebenen des Donbass"



    Nicht nur die Headline könnte beim Stürmer geklaut sein ...

    "... Attacken ... zerschlägt ... Großkampfs gegen eine Hauptmilitärmacht ... Vorwärtspräsenz im Baltikum ... indirektem Feuer ... Bekämpfung massenhafter Klein-Ziele ..."

    Gibt es wirklich niemanden in der taz-Redaktion, der/die sich dieser Militarisierung nicht nur in der Sprache, sondern offenbar mittlerweile auch im Denken entgegenstellt?

    • @Tiene Wiecherts:

      Ich finde es auch fürchterlich.

    • @Tiene Wiecherts:

      Es ist ein Artikel über Waffen, deren Einsatz und militärischer Strategie.

      Das geht nicht ohne militärischer Fachsprache.

      Es ist Krieg.

      Gleich hinter einem direkten deutschen Nachbarland.

      Deutschland liefert zu dessen Verteidigung Waffen.

      Die Zeiten haben sich geändert.

      Da kann man sich auch mal dafür interessieren, was das denn für Waffen sind, ohne ein kriegsverherrlichendes Denken zu haben.

      Man muss sich aber nicht dafür interessieren.

      Das ist Ihr gutes Recht.

      Ich nehme mir dieses Recht auch und lasse oft Artikel über Greueltaten weg.

      Mir genügt es zu wissen, dass es sie gibt.

      Ich muss nicht das blutigste Detail wissen.

    • @Tiene Wiecherts:

      Wie eng ist unser Denken geworden, wenn ein sachlicher Artikel über ein Waffensystem schon eine Provokation darstellt. Während einer Pandemie braucht es Artikel über die Funktionsweise von Impfungen, während des Kriegs eben auch über Waffentechnologie. Man kann nicht über den Krieg in der Ukraine reden und dabei die militärische Seite komplett ausblenden.

    • @Tiene Wiecherts:

      Sie haben schon verstanden, dass es sich hier um Kriegsberichterstattung handelt oder?

      Ich bin gespannt auf Ihre Alternativvorschläge bezüglich der angesprochenen Wortwahl.

  • Wer hätte es gedacht, das wir in der taz jemals eine so kompetente Expertise über Waffensysteme der Bundeswehr erhalten werden.



    Und wer kommt noch klar, mit all diesen 180 Grad Wendungen:



    Der Goldplan geriet ins Wanken:taz.de/Habeck-und-die-Ukraine/!5775305/



    Nun gehen sie allen voran, wie die Reiter mit der Fackel.



    Allen Wirrköpfen scheint das Wichtigste durch die Lappen gegangen zu sein, sagen viel und vergessen die Hauptsache -MITEINANDER REDEN- Und wer's versucht...ja, WENIGSTENS versucht, dem schlagen sie genau wie der Gutsherr seinem Lakaien die Tür vor dem Kopfe zu taz.de/Ex-Kanzler-...indungen/!5855708/



    Schlafwandler sind sie alle, heute wie damals:www.medimops.de/ch...AAYAiAAEgKEwfD_BwE

    • @Günter:

      " -MITEINANDER REDEN-"



      Hat man doch versucht. Wochen- und monatelang hat man es versucht, während an der Grenze zur Ukraine immer noch mehr russische Truppen aufmarschierten. Reden kann eben nur dann zu einer Lösung führen wenn das auch von beiden Parteien gewollt ist, aber nicht wenn das Reden von einer Seite allein taktisch motiviert ist und eine Lüge nach der anderen aufgetischt wird.

      • @Ingo Bernable:

        Sie haben sicher Recht. Jedoch, halten Sie doch einmal kurz inne....welche Gespräche können den Krieg beenden? Gespräche zwischen Russland und der Urkaine oder Gespräche zwischen Russland und den USA?

  • So auffallend langsam, wie die Bundesregierung und allen voran Herr Scholz die Waffenlieferungen verzögert, kommen die Gepard-Panzer niemals in der Ukraine an. Aber das ist ja wahrscheinlich auch das Ziel der SPD. Alles so lange hinauszögern, damit man bloß keine Waffen liefern muss. Ich bin mir sicher, nach dem Krieg ist Herr Scholz der erste Besucher in Moskau. Das Verhalten der SPD ist soooo peinlich.

    • @Dirk Osygus:

      Lieber peinlich als Kriegstreiber!

  • Angesichts von "Hyperschallraketen" eine sicherlich sehr effektive Waffe. Weil so gut, schon lange ausgemustert.



    Täglich siegt sich in den Medien eine Seite zu Tode.



    Selbst die härtesten Hunde fahren aber Bus.



    Verhandlungen sind ein Zeichen von Schwäche.



    Durch sie werden aber Kriege beendet. Nicht durch Marder, Füchse oder Tiger.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Die Heeresflugabwehr ist nicht zerschlagen worden, weil der Gepard veraltet gewesen wäre, sondern weil die Bundeswehr dringend Geld sparen musste und man angesichts von Szenarien wie Afghanistan und der viel bemühten Friedensdividende nicht erwartete, dass man noch einmal gegen einen symmetrisch kämpfenden Gegner antreten und damit eine Flugabwehr brauchen werde.

      Die Zerschlagung der Heeresflugabwehr ist ein gutes Beispiel für das folgenschwere Kaputtsparen der Bundeswehr. In einem modernen Kriegsszenario stehen unsere Soldatinnen und Soldaten damit relativ schutzlos da, vor allem gegen die immer gefährlicher werdenden Kleindrohnen.

      • @Bussard:

        "Die Zerschlagung der Heeresflugabwehr ist ein gutes Beispiel für das folgenschwere Kaputtsparen der Bundeswehr."

        Die im Artikel auf 2012 datierte Abschaffung der Flugabwehr kann schwerlich auf 'Kaputtsparen' zurückgeführt werden. Abgesehen von einem kleinen Knick steigt der Verteidigungsetat seit Jahren an...



        Ist halt nur wie überall im Kapitalismus - blöd, wenn das Management die Mittel lieber windigen Beratungsfirmen hinterherwirft, anstatt sie zu nutzen um Aufgaben zu erfüllen.



        de.statista.com/st...n-von-deutschland/

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Die schöne und hoffnungsvolle Hypothese, Reden hilft Kriege zu beenden, gilt nur, wenn auch zwei Seiten bereit sind, miteinander zu reden. Eine Seite allein kann nur Selbstgespräche führen, während die andere Seite munter drauflosstürmt.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Wir brauchen mehr Menschen, die sich so äußern wie Sie. Ist aber schwierig bei der derzeitigen Kriegsrhetorik in den Medien.

    • @Hans Jürgen Langmann:

      Es wurde bis gestern verhandelt, das Problem ist Putin hat komplett unrealistische Forderungen der will immer noch alles wie an Tag 1 durchsetzen. Krieg werden beendet wenn eine Seite die Überhand gewinnt 8durch Marder, Füchse, Leopard, Stinger, Javelin etc. und die andere verhandeln muss. Oder durch Stillstand weil beide Seiten ein Unentschieden erreicht haben oder eine Seite gewinnt total d.h. Ukraine erobert Krim zurück, Donbas becken, dann nimmt der Westen die Ukraine in die NATO auf. Stationiert Truppen dort und Russland stellt die Angriffe ein.

      Hyperschallraketen sind nette Spielzeuge aber Kriege werden von den Bodentruppen gewonnen.