Gebühren für Öffentlich Rechtliche: Im Taxi nach Karlsruhe
Die KEF sagt, dass der Rundfunkbeitrag steigen muss. Manche Politiker sagen hingegen, dass es nicht passieren wird. Dabei geht es um 58 Cent.
E igentlich ist die Geschichte so alt wie bekannt. Die Finanzkommission KEF errechnet den neuen Rundfunkbeitrag. Die Länder beschließen das Ganze, fertig. Doch weil das ja viel zu langweilig wäre, bringt Sachsens Medienminister Oliver Schenk (CDU) bei den Medientagen Mitteldeutschland Stimmung in die Bude.
Die von der KEF vorgegebene und zum 1. Januar umzusetzende Beitragsanhebung um 58 Cent „wird nicht kommen“ sagt Schenk, „da müssen wir uns ehrlich machen“. Worauf seiner Kollegin Heike Raab (SPD) aus Rheinland-Pfalz, die mit Schenk die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, alles aus dem gut kontrollierten Gesicht fällt. War wohl nicht abgesprochen, dass sich hier so offen widersprochen wird.
Schenk warnt dann ARD und ZDF auch davor, wie beim 2020 von Sachsen-Anhalt angezettelten Beitragsknatsch gleich wieder in Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht zu rennen und zu petzen. Das wäre ein „Pyrrhussieg“, der nach hinten losginge und „die Akzeptanz der Öffentlich-Rechtlichen weiter schwächt.“
Worauf die Moderatorin der Runde erklärt, hier rufe „ein Staatsminister offen zum Verfassungsbruch auf“, und Schenk bestimmt am liebsten auf offener Bühne verhaften lassen würde. Nun ist Michaela Kolster vom öffentlich-rechtlichen Ereigniskanal Phoenix hinreichend Partei. Außerdem lässt sich auf Medienpanels alles sagen, weil das von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.
Töröö!
Der Elefant ist in Leipzig nämlich auch im Raum. „Der Elefant ist blau und nervt“, sagt Thüringens Kulturminister Benjamin Immanuel Hoff (die Linke). Dabei geht es natürlich nicht um die „Sendung mit der Maus“ und ihren kleinen Freund, sondern die AfD. „Wir sind als Politik mit unserem Beitragspopulismus auch Teil der Delegitimierung der Öffentlich-Rechtlichen“ sagt Hoff auch noch.
An so viel Selbstkritik könnten sich die Anstalten mit ihren zu schwerfälligen und langsamen Strukturen ein Beispiel nehmen.
Doch die berauschen sich in Leipzig lieber am eigenen Reformtempo, was Hoff ein bezaubernd lästerliches „Hui, sagte die Schnecke, als sie auf der Schildkröte saß“ über die Lippen kommen lässt. „Es besteht die Notwendigkeit zur Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Dahinter sollte man dann aber auch nicht zurückfallen“, so Hoff. „Und wem schaden die offenen Worte und die Kritik mehr als dass sie nützen und wirklich was passiert?“, fragt die Mitbewohnerin.
Doch einer dieser kleinsten gemeinsamen Nenner lautet juristisch nun mal, dass eine KEF-Empfehlung bindend ist. Und die Erhöhung laut Raab sowieso nur „ein Brötchen“ ist beziehungsweise so viel kostet. Und das verspeist der neue MDR-Intendant Ralf Ludwig dann im Taxi nach Karlsruhe. Denn auch wenn er den Satz auf dem Leipziger Panel nicht wiederholt, hatte er schon angekündigt, bei einer Nichterhöhung des Beitrags vors Verfassungsgericht zu ziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland