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Gantz stellt Netanjahu ein UltimatumIsrael im Lock-in

Lisa Schneider
Kommentar von Lisa Schneider

Netanjahu hat kein gutes Konzept für Gaza nach dem Krieg. Daran wird auch ein Austritt von Benny Gantz aus dem Kriegskabinett nichts ändern.

Should he stay or should he go? Benny Gantz hat keine guten Optionen Foto: AP Photo/Tsafrir Abayov

D er Druck – auch innerhalb Israels – auf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wächst beständig: Täglich protestieren die Menschen auf den Straßen – für die Rettung der Geiseln aus Gaza und gegen die augenscheinliche Planlosigkeit ihrer Regierung. In der vergangenen Woche drängte Verteidigungsminister Yoav Galant öffentlich auf einen Plan für den „Tag danach“ und stellte klar: Mit ihm werde es keine israelische Militärregierung im Gazastreifen geben.

Nun legt Benny Gantz, Minister im Kriegskabinett, nach. Sollte Netanjahu bis zum 8. Juni sechs von ihm aufgestellten Forderungen nicht nachgeben, würden er und seine Partei sich aus der mit Kriegsbeginn eingesetzten Regierungskoalition zurückziehen. Zu Gantz' Wünschen gehört etwa die Schaffung einer Zivilregierung mit „palästinensischen und arabischen Elementen“– aber ohne die Hamas und den Palästinenserpräsidenten Mahmous Abbas – sowie eine Normalisierung der Beziehung zu Saudi-Arabien.

Sollten Gantz und seine Partei sich tatsächlich aus dem Kriegskabinett zurückziehen, schrumpft die Regierungskoalition wieder auf die 64 Mitglieder, mit denen Netanjahu im Herbst 2022 die letzten Wahlen gewann. Die extrem rechten und religiösen Koalitionsmitglieder würden so wieder mehr Macht gewinnen, und die Regierung – denn so wollen es die rechten Parteien – wohl auf eine anhaltende Besatzung Gazas und den Wiederaufbau israelischer Siedlungen in dem Küstenstreifen zusteuern.

Mittragen oder die Extremisten gewinnen lassen

Das zeigt den Lock-in-Effekt, in dem sich Gantz und letztlich das gesamte Land befinden. Verlassen die gemäßigteren Kräfte aus Protest die Regierung, wird deren Politik nur noch extremer. Und bleiben sie in der Koalition, müssen sie Netanjahus Spiel auf Zeit weiter mittragen. Andere Optionen haben Gantz und seine Mitstreiter nicht.

Auch Netanjahu selbst kann dem Druck der Rechten, denen er den Weg an die Macht erst eröffnet hatte, nicht entkommen. Würde er Gantz' Forderungen nachgeben, wäre die Koalition mit ihnen wohl Geschichte. Also tut Netanjahu, was er am besten kann: abwarten, aussitzen, weitermachen. Denn wer sollte ihn davon abhalten können?

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Lisa Schneider
Redakteurin für Nahost
Redakteurin für Westasien & Nordafrika.
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6 Kommentare

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  • "Ministerpräsident" ist Benjamin Netanjahu nicht, sondern Premierminister. Das ist zwar ähnlich, aber inkorrekt, denn einen Präsidenten gibt es in Israel ja auch noch.

    • @Winnetaz:

      Der Originaltitel ist Hebräisch und "Ministerpräsident" und "Premierminister" sind einfach zwei unterschiedliche Übersetzungsmöglichkeiten. Ministerpräsident ist die im Deutschen übliche Bezeichnung für den Rehierungschef, falls sich micht gerade ein anderer Titel eingebürgert hat, wie Kanzler für den deutschen und den österreichischen oder Premierminister für den britischen Regierungschef.

  • Hat denn Bibi einen Plan?

    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Hat er nicht. Das ist ja das Problem. Er ist als Premierminister hochproblematisch. Zum Glück war er die letzten Monate durch Leute wie Benny Gantz im Kriegskabinett noch einigermaßen vernünftig eingerahmt, aber für die Zukunft Israels ist er der Falsche.

  • "Denn wer sollte ihn davon abhalten können?" Eventuell der IStGH- immerhin wurde ja gerade ein internationaler Haftbefehl gegen Netanjahu ausgestellt. Bin ja mal gespannt wie unsere Regierung reagiert- treten sie ein für internationales Recht und stärken dem IStGH den Rücken oder untergraben sie es?!

    • @Momo Bar:

      aktuell wurde der Haftbefehl beantragt, ausgestellt ist er noch nicht.