Fußball-EM der Frauen: Solidarität? Denkste!
Der Fußball sortiert sich in der Krise neu. Dabei müssen die Frauen der Männer-EM weichen und werden weiter an den Rand der Aufmerksamkeit gedrückt.
D as Coronavirus hat die Männerfußball-EM in diesem Jahr zunichte gemacht. Die Männerfußball-EM hat die Frauenfußball-EM im nächsten Jahr zunichte gemacht. So kann man die Geschehnisse der letzten Tage knapp und ungeschönt zusammenfassen.
So viel Ernüchterung muss schon sein angesichts der vielen blumigen und salbungsvollen Worte, die derzeit vorgetragen werden. Die Uefa etwa pries ihre eigene Opferbereitschaft und teilte mit, „in einer einzigartigen Solidaritätsaktion“ habe man den nationalen Männer-Wettbewerben Vorrang eingeräumt und die Männer-EM auf 2021 verschoben.
Dass man dafür den Platz der Frauen-EM freiräumen musste, offenbarte mehr oder weniger erst der letzte kleine Satz am Ende der Mitteilung: „Entscheidungen über die Termine anderer Klub- und Nationalmannschaftswettbewerbe der Männer und Frauen werden zu gegebener Zeit bekanntgegeben.“
Enthaltsamkeit will sich plötzlich auch Fifa-Präsident Gianni Infantino auf die Fahnen schreiben. Er bezeichnete die Epidemie als Chance, den Fußball zu verändern. Zur Sicherheit flocht er noch das Wort „vielleicht“ ein. Der notorische Turniererfinder und -erweiterer dachte laut über „einen Schritt zurück“ nach. Weniger könnte mehr sein, so seine neue Einsicht. Vielleicht. Und auch Uli Hoeneß, der ehemalige Lenker vom millionenschwersten Fußballunternehmens Deutschlands, tat seine Gedanken von einem weniger kapitalistischen und solidarischeren Fußball nach der Coronakrise kund.
Grundsätzlich sind Zäsuren ein guter Nährboden für große Vorsätze und tatsächlich auch auf für einen Neuanfang. Doch die ersten Entscheidungen der großen Fußballfunktionäre bilden lediglich alte Verhaltensmuster ab.
Vertane Chance
Dabei hätte die Uefa die Chance gehabt, zu zeigen, dass ihre im Sommer 2019 vorgestellte Strategie für den Frauenfußball mit dem Titel „Zeit zu handeln“ mehr als nur ein Papier ist. Dass der darin enthaltene Appell, „das Wohlergehen des europäischen Fußballs insgesamt im Blick zu halten“ mit Leben gefüllt werden kann. Die verschobene Jubiläums-EM der Männer hätte mit der Frauen-EM zusammengedacht werden können.
Als ein gemeinsam vermarktetes Event, bei dem die im Idealfall geteilten Einnahmen, eine gute Anschubfinanzierung für die Förderung des Frauenfußballs hätten sein können. Gedacht als ein Großturnier, bei dem am Endspieltag der Männer, dem 11. Juli 2021, wenige Stunden zuvor das Eröffnungsspiel der Frauen angepfiffen wird. Denn beim zeitgleichen Wettbewerb würde der Frauenfußball wieder vom Männerfußball kannibalisiert werden.
Das wäre tatsächlich ein Zeichen von solidarischem Fußball, wenn vielleicht auch nicht ganz im Sinne von Uli Hoeneß. So aber feiert sich die Uefa als solidarisch auf Kosten des Frauenfußballs.
Das funktioniert sogar ganz gut, weil deren Vertreterinnen in den vergangenen Jahren ausdauernd trainiert wurden in der Fähigkeit, Opfer zu bringen. So erklärte die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auf der Website des Deutschen Fußball-Bundes, dass man dem Männerturnier weiche, sei keine Zurücksetzung des Frauenfußballs.
In der Krise müssten eben alle zusammenstehen. Mit Krisensituationen kennt sich der Frauenfußball aus. Die nun auch auf 2021 verschobenen Olympischen Spiele zwingen den europäischen Frauenfußball nun wohl dazu, sein Turnier 2022 auszutragen.
Der Frauenfußball ist unterdessen noch randständiger geworden. Die eh schon mickrige Scheinwerferlicht verliert weiter an Kraft. Schlagzeilen macht Jürgen Klinsmann, weil er angeblich Mario Götze nicht ans Telefon bekommen hat. Oder Bayern Profi Thomas Müller, weil er fürs Gemeinwohl arbeitenden Menschen Schweinebraten mit Kartoffelknödeln spendiert. Oder der Mainzer Coach Achim Beierlorzer, weil er die Situation derzeit „befremdlich“ findet.
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