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Fridays for Future zum GazakriegAntisemitismus pur

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Bei Fridays for Future arbeiten offenbar Judenhasser an wichtiger Stelle. Es wäre jetzt erst einmal gut, ihnen die kalte Schulter zu zeigen.

Nicht nur sie kann nicht zwischen Angreifern und Angegriffenen unterscheiden: Greta Thunberg Foto: Lucy North / dpa

S tellen Sie sich einmal vor, ein bekannter internationaler Hersteller von Bioschokoladenriegeln mit Sitz in Schweden hat die Rezeptur so verändert, dass das bisher so erfolgreiche Produkt plötzlich nach Seife schmeckt. Die Niederlassung in Deutschland findet das gar nicht gut, denn damit ist das Image des Schokoriegels in höchster Gefahr. Die Berliner Chefin protestiert in Stockholm. Doch vergeblich. Von dort wird stattdessen erklärt, dass Seifengeschmack der neue Trend in der Jugend sei. Nur wenige Menschen mögen dem folgen. Folglich liegen die Bioriegel auch in deutschen Biomärkten wie Blei im Regal.

So ähnlich geht es derzeit bei den Fridays for Future (FFF) zu, mit dem Unterschied, dass Seifengeschmack in Schokoriegeln eine harmlose Angelegenheit gegenüber dem ist, was Fridays for Future auf internationaler Ebene derzeit betreibt: antisemitische Ressentiments zum Krieg Israels gegen die Hamas zu verbreiten („es gibt keine zwei Seiten. Der eine ist der Unterdrücker, der andere der Unterdrückte“).

Da kann Luisa Neubauer noch so häufig wiederholen, dass die deutsche Sektion der Klimaschützer ausschließlich hehre Ziele verfolgt – die Glaubwürdigkeit ist dahin. Dass die Internetgruppe von FFF International offenbar schon länger von Judenhassern gekapert worden ist, macht die Angelegenheit nicht besser, sondern verschlechtert sie noch. Wie soll man auch einem Laden vertrauen, der die eigene PR nicht im Griff hat? Zumal Bewegungsikone Greta Thunberg nicht in der Lage ist, zwischen Angreifern und Angegriffenen zu unterscheiden. Das ist mehr als ein PR-Problem. Das ist Antisemitismus pur.

Nun könnte man aus Protest gegen den verbreiteten Judenhass bei FFF dreimal täglich zwischen Berlin und München hin- und herfliegen. Oder sich auf Kredit einen Ferrari zulegen. Beides ist nicht zielführend, denn nicht das Klima ist hier das Problem, sondern seine vermeintlichen Beschützer. Sinnvoller erscheint es da schon, Fridays for Future so lange die kalte Schulter zu zeigen, bis die einen Weg aus der Affäre gefunden haben. Und sei es, indem sie sich umbenennen – meinetwegen in Raider statt Twix.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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25 Kommentare

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  • Es ist etwas unfair, dass man sich beim Thema linker Antisemitismus immer alleine auf Greta Thunberg einschießt. Ihr Name wird bei dem Thema ständig genannt und ihre (Re)Tweets werden scharf verurteilt. Wesentlich milder geht man seltsamerweise mit Judith Butler um, der Ikone des Queer-Feminismus. Und das obwohl Judith Butler schon wesentlich schlimmere Verharmlosungen und Relativierungen des Terrors von sich gegeben hat. Nach der jüngsten Eskalation redet Butler bereits einen israelischen "Genozid" an den Palästinensern herbei.

    www.telepolis.de/f...476.html?seite=all

    Und in der Vergangenheit hat Judith Butler Hamas und Hisbollah als legitime soziale Bewegungen und Teile der globalen Linken (!) bezeichnet, eine ungeheuerliche und unfassbar törichte Aussage, für die sie sich aber niemals entschuldigt hat.

    www.fr.de/kultur/w...iert-11319651.html

  • Kritik an Israel (Regierungspolitik) mit Antisemitismus gleichzusetzen ist eine (mindestens unredliche) Relativierung.

  • Der Autor hat (u.a.) die FFF-Struktur nicht verstanden. Besser informiert das Interview mit Luisa Neubauer auf www.zeit.de/zeit-m...en/komplettansicht .

  • Kritik an Israel ist kein Antisemitismus.

    www.juedische-stim...mit-antisemitismus

    • @Iker Carrasco:

      Doch. Aber hat Kriebs schon beantwortet. Wollte das nur wiederholen.

    • @Iker Carrasco:

      "Free Palestine from the river to the sea" ist aber keine "Israelkritik", sondern der Kampf für den Untergang des Israelischen Staates.

      Davon abgesehen ist "Israelkritk" natürlich Antisemitismus, denn es ist Kritik am jüdischen Staat Israel selbst.

      Das hat aber nichts zu tun, mit Kritik an israelischer Politik, Netanjahu, der Siedlungspolitik, etc. Konkrete politische Themen kann man durchaus ohne Antisemitismus kritisieren (obschon man auch hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln sollte). Aber pauschale "Israelkritik" ist halt pauschaler Antisemitismus

    • @Iker Carrasco:

      Die Verwendung eines Kraken-Stofftieres ist eindeutig Antisemitismus in Reinform. Auch wenn Frau Thunberg wohl ein paarmal zu oft in der Schule gefehlt hat, so hat es jemand anderes gewusst. Oder wollen Sie tatsächlich behaupten, es habe sich zufällig um eine Krake gehandelt?

  • Inwiefern ist der Account eigentlich wirklich das Sprachrohr der internationalen Fridays for Future? Dazu hat die Jüdische Allgemeine einen interessanten Artikel. Die antisemitischen Ausfälle gehen demnach auf einen Hasan Ö. aus Rheinland-Pfalz zurück. So international kommt mir das aus deutscher Sicht schon gar nicht mehr vor. Der ist wohl "international" geworden, weil er dem deutschen Verband zu heftig war.

    www.juedische-allg...ocket-newtab-de-de

  • Kriege im Frieden



    Gödeke Stuckmann und Vogt:



    Verlag: Braunschweig, Westermann, 1983



    Empfehle ich dringen (auch dem Autor), die Texte sind auch nicht zu lang, kleiner Ausschnitt: "Ein Abrücken Großbritaniens von seiner Palästinapolitik 1939 hätte nach dem Krieg zu Feindschaften mit den jungen arabischen Staaten geführt. Im Klartext: Gefährdung des Einflusses am Suezkanal und auf den Ölfeldern des Irak". Die Briten haben damals einfach "Schei....." gebaut. Im übrigen geht es um die friedlichen Palästinenser und nicht um die Hamas. (Herr wirf Hirn vom Himmel)

  • Puh, Samthandschuhe. Mir gehen ganz andere Fragen durch den Kopf. Erstens: War das nicht eine Klimaschutzbewegung? Seit wann fragen wir klimaschützende Teenager nach ihrer Meinung zum Nahostkonflikt? Völlig random! Und zweitens: geht gar nicht, wie die sich äußern. Sind sie wirklich selber schuld, wenn sie ihre Herzensangelegenheit gerade sabotieren.

    Komische Zeit, in der wir leben. Alle versuchen sich gegenseitig zu Statements zu erpressen, zu Angelegenheiten, von denen die meisten keine Ahnung haben und außerdem alles schon gesagt wurde. Aber der Mob kommt per Twitter und verlangt Statements.

    • @Hinkelstein:

      "War das nicht eine Klimaschutzbewegung?"

      --> Ja das Deckmäntelchen Klimaschutzbewegung hat sich bei vielen im Kopf verankert. Schaut man aber hinter die Fassade der derzeitigen Klimaschutzbewegungen kommt man nicht umhin, das als Deckmantel zu sehen.

      Kampf gegen Israel ist bei FFF schon seit Jahren ein Thema. Da wird bezüglich Israel seit Jahren von einem "Apartheidsregime" gesprochen und es werden munter die Kampagnen der antisemitischen BDS-Initiative geteilt und unterstützt.

      Das zeigt Haltung. Die Frage ist nur, ob man diese Haltung unterstützen sollte.

  • Die entsprechenden Posts sind unerträglich, aber der Kommentar ist auch eher irreführend. Es gibt eben quasi keine internationale Struktur bei FFF, die transparent und funktionierend wäre. Insofern ist es auch irreführend, dass da jemand auf einer 'position' 'arbeitet'. Weder erwerbsarbeitet da wer noch gibt es Positionen, da fehlende Organisationsstruktur mit Positionen.



    Es gab und gibt dazu gute Recherche, die mehr Hintergründe bietet, und für einen Kommentar hilfreich gewesen wäre z.b.

    www.tagesspiegel.d...tzte-10699462.html

    www.juedische-allg...die-klimabewegung/

    So entsteht ein falsches Bild von der Professionalität der Bewegung und eine zu hohe Verantwortungszuschreibung an jeden dort aktiven. Was nicht heißt, dass hier kein Problem wäre und dringend agiert werden muss, damit dich das nicht wiederholt.

  • Ich empfehle hierzu mal die Recherche vom Tagesspiegel:



    www.tagesspiegel.d...tzte-10699462.html

  • Dem Kommentar schließe ich mich an.

    Wenn es nicht möglich ist, so viel Druck auf FFF International auszuüben, dass sich dort grundlegend etwas ändert, dann muss man das Schiff, dass durch trübe antisemitische Wasser dümpelt, verlassen.

    Für mich ist es erschütternd zusehen, wie die kluge, ernsthafte Greta Thunberg derartig tief fallen konnte.

    Gleichzeitig ist es ein Beweis dafür, das so gut wie niemand gegen dieses Gift gefeit ist.

  • Das Problem war wohl eher die mangelnde Organisation der Social-Media-Accounts von FFF. Laut einer Tagesspiegel-Recherche stand hauptsächlich ein einziger Aktivist (aus Mainz) hinter den Pro-Hamas-Posts, der wegen seiner Ansichten bereits aus mehreren FFF-Gruppen ausgeschlossen wurde:

    www.tagesspiegel.d...tzte-10699462.html

    Mich würde es nicht wundern, wenn dieser "Aktivist" am Ende vielleicht sogar FFF schaden wollte, vielleicht aus Rache für seinen Rauswurf...

  • Ich dachte, als es das erste mal um eine Textpost von Greta Thunberg ging, Sheikh Jarrah Mai 2021: nun sie ist noch jung, und jeder kann noch weiter lernen. Bei mir hat das auch lange gedauert: [Verfolgungsgeschichte der Juden in Europa, Konferenz von Evian 1938,



    Erste Kibbuzim 1910, die Geschichte der Mandatszeit, Israels Geschichte und die der arabischen Regime - was waren die Baath-Parteien? Was ist geldbezogener Antisemitismus?]



    Ganz normal. Nimm Dir die Zeit.



    Aber wie Luisa Neubauer vor kurzem sagte: es gibt eine löchrige Struktur bei FFF in der hier und da bestimmte Personen, die Gelegenheit für aggressive Tiraden nutzen - off topic!



    Gab es auch beim World Social Forum in Tunis 2012: Infostand des Iranischen Regimes: "The Real Holocaust": Tote Babies...

  • Leider zerbricht jetzt auch die Klimabewegung - die Taten des 7. Oktober sind unentschuldbar - die meisten Guerilleros der Vergangenheit hatten einen minimalen humanistischen Ehrenkodex - hier stehen wir vor einer Form des Menschenhasses ,den wir ,unsere Vorfahren während des 30 Jährigen Krieges ( Magdeburg) oder in der Mehrzahl jüdische Menschen in den Konzentrationslagern und Liquidationen der Nazis erleiden mussten - mit Freiheit haben dies Massaker nichts zu tun.



    Dennoch ist jeder Tote auch in Gaza einer zu viel



    Greta sag was!

  • Jeder, der ein Bewusstsein für Antisemitismus hat, konnte dies in Teilen von FFF erkennen. Erinnert sich noch jemand an die Causa Ronja Maltzahn und ihre Dreadlocks? Kultureller Aneignung wurde sie geziehen. Und in dieser Verurteilung schwang schon ein gerüttelt Maß an Diskriminierung mit, von welchen, die angetreten sind, Diskriminierung zu verhindern. Schon damals wurde zugelassen, dass randständige Themen das eigentliche Thema Klima überwölbten.

    Doch nicht diese an und für sich harmlose Petitesse - außer natürlich für die Betroffene selbst - war das eigentliche Problem, sondern der totalitäre Anspruch und die Deutungshoheit dahinter, die ein paar Jugendliche beanspruchten. Wäre diese Haltung nicht so grundsätzlich, man hätte sie für Auswüchse einer nicht abgeschlossen Adoleszenz halten können. Aber auch Jugendliche können wiel Schaden anrichten.

    Seitdem ist das Durchschnittsalter der Bewegung gewachsen, ihr Geltungsanspruch über das eigentliche Kernthema auch.

    Luisa Neubauer moderiert das Thema in Deutschland erstaunlich erwachsen. Sie und ihre Mitstreiter hätten jedoch früher damit anfangen müssen. Siehe Ronja Maltzahn und viele andere Aufreger danach.

  • Hier das schöne Gesicht des Wunsches, Israel in die Tonne zu treten:

    jungle.world/blog/...0/israel-den-muell

    • @Jim Hawkins:

      Danke für den link. Unfassbar widerlich. Ich dachte, so etwas würde es nie wieder geben.

  • Das Problem ist wie so oft eine undifferenzierte Sichtweise - die Geschichte ist historisch sehr komplex und es m.E. keine "gute und schlechte Seite", sondern beide Parteien haben gute und schlechte Gründe für ihr Handeln.



    Und beiden Parteien wurde die Situation grundsätzlich von aussen aufgedrängt. Extremistische Standpunkte verschärfen die Situation bis zur Unlösbarkeit.

    Dummerweise ist die palästinensische Zivilbevölkerung auch Opfer des gleichen Terroristen-Regimes....und ab dem Punkt wird es kompliziert, weil nichts mehr so schön klar schwarzweiss ist.

    Dem Terrorismus kann man eindeutig schlechte Gründe attestieren. Die Verteidigung dagegen ist völlig legitim.

    Aber wie weit will und darf oder muss man historisch zurückgehen, um "berechtigt" von "unberechtigt" zu unterscheiden bei den Kriegshandlungen? Terrorismus ist immer zu verurteilen, aber ist "Rache " und "Vergeltung" die richtige zielführende Antwort, auch wenn es nachvollziehbar und verständlich ist?

    • @Mitch Miller:

      "Terrorismus ist immer zu verurteilen, aber ist "Rache " und "Vergeltung" die richtige zielführende Antwort, auch wenn es nachvollziehbar und verständlich ist?"

      Weshalb wird Israel so oft "Rache" und "Vergeltung" vorgeworfen? Ich gehe davon aus, wenn Israel rächen und vergelten wollte, würde in Gaza längst kein einziger Mensch mehr leben und kein Haus mehr stehen.

      Dass keines der Nachbarländer die Gaza-Bevölkerung als Flüchtlinge aufnehmen möchte, nicht einmal die Frauen und Kinder, dass die Hamas sich hinter Frauen und Kindern versteckt/verstecken darf, ihre Vorräte nicht teilt, ist nicht Israel anzulasten, sondern der Gesellschaft/dem Gemeinwesen in Gaza.

    • @Mitch Miller:

      Ja, die Lage dort ist kompliziert.



      Die PR von FFF behauptet leider gerade, dass es sehr einfach ist.



      Der Verteidigungsreflex schreit: Nein es ist genau anders herum (Aber immer noch einfach)



      FFF-Deutschland muss sich davon frei machen, damit sie sich wieder auf das konzentrieren können, worum es ihnen wirklich geht: Das Klima



      Ob sie sich dafür umbenennen müssen? Ich bin mir nicht sicher. Schließlich ist es normal, dass bei einem breiten Konsens auch Idioten zustimmen müssen.

    • @Mitch Miller:

      Es mag sein, dass die palästinensische Zivilbevölkerung auch Opfer des Terroristen-Regimes der Hamas ist - nur wurde und wird das auf keiner Demo oder in irgendeiner Weise thematisiert. Stattdessen wird die Hamas zur Freiheitsbewegung stilisiert - das ist schon ein ziemlich deutliches Zeichen...

    • @Mitch Miller:

      Nein, Rache und Vergeltung sollten nie Gründe für das Handeln sein.

      Israel übt seine Angriffe derzeit aber natürlich auch nicht aus, um Rache auszuüben, sondern um die Hamas zu vernichten.



      Sie haben angekündigt, dass ein Leben in Frieden mit der Hamas nicht mehr realistisch sei und insofern nehme ich sie in ihrem Vorhaben auch völlig ernst.