piwik no script img

Freiwillige Kennzeichnung von FleischSPD stoppt Klöckners Tierwohlsiegel

Es reiche nicht, das beste Fleisch zu labeln, sagt SPD-Fraktionsvize Miersch. Das Siegel gilt als wichtigstes Tierschutzprojekt der Agrarministerin.

Das „Tierwohlkennzeichen“ sollte die Lebensbedingungen im Stall verbessern, behaupet Julia Klöckner Foto: Sina Schuldt/dpa

Berlin taz | Bundesagrarministerin Julia Klöckners Plan eines staatlichen „Tierwohlkennzeichens“ für Fleisch wird in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nicht umgesetzt. Denn die SPD hat dem Vorschlag ihrer Koalitionspartner CDU und CSU die Unterstützung entzogen. „Klöckner ist mit ihrem freiwilligen ‚Tierwohllabel light‘ auf ganzer Linie gescheitert. Sie wird dafür keine Mehrheit im Deutschen Bundestag erhalten“, teilte Matthias Miersch, Vizevorsitzender der SPD-Fraktion, am Freitag mit.

Das Siegel ist Klöckners wichtigstes Vorhaben, um die Lebensbedingungen von Tieren in deutschen Ställen zu verbessern. Die CDU-Politikerin will das Siegel für Fleisch vergeben, bei dessen Erzeugung höhere als die gesetzlichen Mindeststandards eingehalten worden sind. Die niedrigste Stufe könnte zum Beispiel mehr Platz im Stall garantieren, die höchste Auslauf. Ziel ist, dass mehr VerbraucherInnen Produkte aus besserer Haltung kaufen.

Miersch kritisierte aber: „Freiwilligkeit reicht hier nicht. Notwendig ist ein verpflichtendes Tierwohllabel.“ Tierschützer versprechen sich von einer Kennzeichnung auch der schlechtesten Haltungsformen eine abschreckende Wirkung, ähnlich wie bei der EU-weit verpflichtenden Eier-Kennzeichnung.

Verbindliches Label laut Ministerium nicht erlaubt

Auch der Bundesrat und der Bundesrechnungshof hätten Klöckners Entwürfe eines Gesetzes und einer Verordnung für das Tierwohlkennzeichen beanstandet, ergänzte der SPD-Politiker in dem Statement, über das zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet hatte. Tatsächlich hatte vor allem der Rechnungshof die Labelpläne geradezu zerrissen. Er empfahl, das Projekt vorerst nicht weiterzuverfolgen und vor allem nicht mehr Geld für Werbung auszugeben. Das Ministerium habe zu wenig geprüft, ob es nicht besser wäre, ein Label für alle Haltungsformen vorzuschreiben oder die Vorschriften für die Tierhaltung zu verschärfen.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bedauerte das Aus für Klöckners Label. „Das Siegel würde helfen, den Plan zu begründen, dass die Verbraucher über eine neue Abgabe eine tierfreundlichere Haltung mitfinanzieren“, sagte AbL-Vorsitzender Martin Schulz. Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter konterte, dieses Vorhaben lasse sich auch ohne das Label verwirklichen.

Der Bauernverband erklärte, das freiwillige Siegel könne „eine Übergangslösung“ zu einem verpflichtenden sein. „Herr Miersch ist Jurist. Er weiß sehr genau, dass ein verpflichtendes Tierwohlkennzeichen auf nationaler Ebene europarechtlich nicht möglich ist“, teilte der Parlamentarische Staatssekretär des Agrarministeriums, Hans-Joachim Fuchtel, der taz mit.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • 2G
    25968 (Profil gelöscht)

    Frau Prof. Dr. Göpel sagt (so mein Verständnis), es wäre anders herum sinnvoller: Demeter-Fleisch (totgestreichelt) sollte normal sein. Alles davon Abweichende sollte als solches gekennzeichnet sein.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    Ein freiwilliges Label ist kein Tierschutz und gleicht lediglich einem Appell, d.h. einem Witz!



    Einem sehr sehr schlechtem allerdings!



    Leute wie Klöckner kassieren ab, machen mit Nestle & Co. „gemeinsame Sache“ und haben noch nichtmal was mit guter Ernährung am Hut...



    Geschweige denn mit adäquatem Tierschutz, wie man an ihrer proklamierten Freiwilligkeit unschwer ablesen kann.

    Noch Fragen?

  • Warum braucht es ein Gesetz für eine freiwillige Aktion?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Klöckner hat bislang nur Mist gebaut. Ihre Pension hingegen ist gesichert und mehr als reichlich.



    Dafür müsste Otto-Normalverbraucher wahrscheinlich 100 Jahre arbeiten.



    Beim Regierungswechsel wird sie sicherlich in einem Aufsichtsrat landen.



    Ihr Kollege Andy Scheuer ist genauso schlimm, nur noch teurer.

  • Ich kann dieses dumme Gewäsch nicht mehr hören von wegen "auf Europaebene nicht möglich".

    Wenn man wollen würde würde es auch einen Weg für Anzeize geben.

    Z.B. über Umsatzsteuerzuschläge.

    Bei Diesel und Heizöl klappt der Steuertrick ja auch vorzüglich - denn es ist ja der gleiche Stoff.

  • Freiwillige Selbstverpflichtung? Das ist so als ob man Autofahrern erlauben würde selbst zu entscheiden wie schnell in Ortschaften gefahren werden dürfte......

  • '... Er weiß sehr genau, dass ein verpflichtendes Tierwohlkennzeichen auf nationaler Ebene europarechtlich nicht möglich ist“, teilte der Parlamentarische Staatssekretär des Agrarministeriums, Hans-Joachim Fuchtel, der taz mit. '



    Dann sollte sich das Ministerium eben um eine europäische Lösung bemühen, würde ich antworten.

    • @Grauton:

      stimmt... , sich jetzt wieder hinter einer europäischen Gesetzgebung zu verstecken passt zu dieser Partei. Es wird Zeit diese abzulösen.