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Franziskus mahnt an Ostern zu FriedenPapst fordert Waffenstillstand in Gaza

Krieg, Zerstörung und Leid im Gazastreifen und der Ukraine – dies prägt die Osterfeierlichkeiten im Vatikan. Der Papst fordert sofortige Freidenszeichen.

Papst Franziskus lächelt am Ostersonntag von der zentralen Loge des Petersdoms vor dem Segen „Urbi et Orbi“ Foto: Andrew Medichini/dpa

Rom dpa | Zum Höhepunkt der Osterfeierlichkeiten hat Papst Franziskus angesichts der Kriege im Gazastreifen und der Ukraine eindringlich zu Frieden gemahnt. „Frieden wird niemals mit Waffen geschaffen, sondern indem man die Hände ausstreckt und die Herzen öffnet“, sagte das Kirchenoberhaupt am Ostersonntag vor 60 000 Menschen auf dem Petersplatz in Rom. Besonders forderte er einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen, wo seit fast sechs Monaten die israelische Armee die islamistische Hamas bekämpft.

Ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen sei unerlässlich – allein zum Wohl der Kinder. „Wie viel Leid sehen wir in ihren Augen. Ihre Blicke fragen uns: Warum? Warum so viel Tod? Warum so viel Zerstörung?“, sagte der Pontifex. Krieg sei immer eine Absurdität und eine Niederlage. Papst Franziskus forderte auch einen garantierten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen, wo viele Menschen hungern. Auch müssten die am 7. Oktober von Hamas-Terroristen und anderen Extremisten aus Israel in den abgeriegelten Küstenstreifen entführten Geiseln freigelassen werden.

Die Welt sollte sich nach Franziskus' Worten gegen die stärker werdenden Winde des Krieges über Europa und den Mittelmeerraum wehren. Er warnte davor, der Logik der Waffen und Aufrüstung zu erliegen.

Der Papst äußerte sich auch zum mehr als zwei Jahre andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: „Ich rufe zur Achtung der Grundsätze des Völkerrechts auf und hoffe auf einen umfassenden Austausch aller Gefangenen zwischen Russland und der Ukraine: alle für alle!“ Vor zwei Wochen hatten Interview-Äußerungen des Papstes zum Hissen der „weißen Fahne“ im Ukraine-Krieg weltweit massiven Widerspruch ausgelöst. Dort sagte er: „Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln.“

In der Osterbotschaft richtet der Papst üblicherweise den Blick auf Konflikte und Kriege und mahnt zu Frieden und Aussöhnung. In diesem Jahr erinnerte er auch an Konflikte in Syrien, im Libanon sowie zwischen Armenien und Aserbaidschan. Ebenfalls erwähnte er Haiti und Myanmar sowie den afrikanischen Kontinent. Franziskus' Friedensappelle wurden von Applaus der Gläubigen unterbrochen.

Die Ostermesse feierte er mit Zehntausenden Pilgern und Touristen. Unter großem Jubel wurde er danach mit dem Papamobil an den Menschenmassen vorbeigefahren – viele Gläubige riefen laut „Viva il Papa!“ (Es lebe der Papst). Bei Temperaturen um die 20 Grad mit starkem Wind war der Petersplatz gut gefüllt. Wie in jedem Jahr war der Platz mit zahlreichen Blumen und Pflanzen geschmückt.

Höhepunkt war dann der „Urbi et Orbi“-Segen, also der Stadt und dem Erdkreis. Den Segen spendete Franziskus im Stehen. Zuvor las er seine Osterbotschaft im Sitzen vor. Der 87-Jährige ist seit geraumer Zeit gesundheitlich angeschlagen. Noch immer war seine Stimme etwas heiser und er schien kurzatmig. Im Gegensatz zu vorherigen öffentlichen Auftritten musste aber kein Vatikan-Mitarbeiter seine Ansprache vorlesen.

Am Karfreitag war die Sorge um Franziskus erneut groß gewesen: Kurzfristig und überraschend verzichtete er auf die Teilnahme an der Kreuzwegandacht am Kolosseum in Rom. Nur wenige Minuten vor Beginn der „Via Crucis“ am Kolosseum teilte der Heilige Stuhl mit, Franziskus werde die Prozession von seinem Wohnsitz im Vatikan aus verfolgen, um seine Gesundheit zu schonen. Franziskus leidet unter anderem seit Monaten unter den Folgen eines hartnäckigen Atemwegsinfekts. Langes Sprechen fällt ihm erkennbar schwer.

Zwar hatte er bereits im vergangenen Jahr die „Via Crucis“ an dem antiken Amphitheater ausfallen lassen. Dennoch sorgte die Absage nur wenige Minuten vor Beginn der Prozession für Aufregung, denn am Gründonnerstag hatte er noch verhältnismäßig erholt und frisch gewirkt. Er wusch und küsste zwölf Insassinnen eines römischen Gefängnisses die Füße – eine Geste, die Demut symbolisieren soll. In der Osternacht am Karsamstag absolvierte er dann wieder einen mehrstündigen Gottesdienst und las eine zehnminütige Predigt vor.

In Rom gelten zu Ostern üblicherweise hohe Sicherheitsvorkehrungen. Nach dem islamistischen Terrorangriff bei Moskau waren sie dieses Jahr besonders streng.

Auch in Jerusalem haben Christen Ostern gefeiert – im Schatten des Terrorangriffs der Hamas auf Israel vor rund einem halben Jahr und dem folgenden Gaza-Krieg. Patriarch Pierbattista Pizzaballa, der höchste katholische Würdenträger in der Region, feierte am Morgen in der Grabeskirche die Ostermesse. Mit Blick auf den Gaza-Krieg sagte er: „Diese gewaltige Krise hat unser aller Leben geprägt, ohne Unterschied.“

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10 Kommentare

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  • »Wer Nächstenliebe lehrt, aber Haß sät und Mord als Mittel zum Zweck heiligt, verwirkt das Recht, Sitte und Moral zu predigen und eine Religion der Nächstenliebe zu verkünden« (Karlheinz Deschner (Hrsg.), Das Christentum im Urteil seiner Gegner, S. 53)



    Oder sind die Päpste seit dem 2. Weltkrieg etwa fromm geworden? Unmöglich.

  • Die russische orthodoxe Kirche hat den Krieg gegen die Ukraine als heiligen Krieg bezeichnet. Man sollte sich von der Illusion das es friedliche Koexistenz mit diesem Russland geben kann verabschieden. Russland hat sich ideologisch und wirtschaftlich in eine Lage manövriert wo es keinen Frieden mehr schließen kann. Daher wird man sich der wählen stellen müssen entweder zu kapitulieren oder Russland so unter Druck zu setzen das die Gefahr eine Fragmentierung besteht, das sollte aber nicht soviel Angst machen wie die Amerikaner glauben, Tartaren kann man mit Atomwaffen genauso trauen wie Russen eher mehr. Diese Angst vor dem Zusammenbruch Russlands wird befeuert von einem rassistischen Diskurs der aus Russland kommt das wenn Russland da nicht unterdrückt bricht da die Hölle los. Nein zentralasiaten, sibirier und kaukasier sind auch nur Menschen ein Zusammenbruch Russlands und eine dekolonialisierung ist nichts schlimmes und managbar.

    • @Machiavelli:

      Es bestünde ja auch die Möglichkeit, dass die Überreste eins zerfallenen Russlands zu einer stabilen Friedensordnung kommen, in der Kernwaffen nicht mehr nötig sind. Außer vielleicht gen China, Indien, Iran. Aber da könnten Europa un Nordmaerika ja helfen. Sofern man nicht anderen den Vortrit lässt, weil man selbst nicht in die Gänge kommt.

  • Schön, dass wenigstens eine Person den Frieden in aller Regelmäßigkeit anmahnt.



    Und ja ich weiß es werden sich hier wieder einige über den Papst beschweren, dass er nicht deutlicher Russland verurteilt.



    Leider ist auch bei vielen gebildeten Menschen das Verständnis für Diplomatie verloren gegangen.



    Bis auf die Türkei (wie konnte es nur so weit kommen) gibt es mein NATO Land mehr, dass überhaupt noch als Vermittler fungieren könnte. Wollen wir wirklich das auch noch der Vatikan als Vermittler rausfliegt? Ich möchte nur daran denken wieviele Kinder Dank Papst schon zurückkehren konnten.

  • Eine andere Überschrift wäre: Papst fordert Freilassung aller Geiseln

    • @KonservativBürgerlich:

      Für den Papst hat eben jedes Leben den gleichen Wert!

    • @KonservativBürgerlich:

      So lang kann dieser Textabschnitt nicht sein. Bis jetzt habe ich von Redaktionen, von allen, nur Rosinenpickerei aufgrund der eigenen Voreingenommenheit gesehen und von keiner einzigen den Abschnitt als ganzes.

  • Es ist die vornehmste Pflicht des Papstes sich für den Frieden stark zu machen.



    Der Vatikan hat in der Vergangenheit gute Wege der Diplomatie gewählt.



    Leider leben wir im Zeitalter der Klugs...erInnen und Respekt wird gerne eingefordert, doch selten gewährt.



    Der Satz: "Frieden wird niemals mit Waffen geschaffen", steht für sich.



    Es ist tröstlich, dass eine klare Mehrheit der Deutschen ebenfalls Verhandlungen als Kriegsbekämpfung wünscht.



    Somit steht die Mehrheit hinter dem Ansinnen des Papstes, auch wenn viele Andere versuchen Ihn zu diskreditieren.

    • @Philippo1000:

      Die vornehmste Pflicht des Papstes (und des gesamten Klerus) ist der Schutz der Organisation, alles andere sind Nebenziele. Lesen sie z.B. »Abermals Krähte der Hahn«, von Karlheinz Deschener, und sie können zu keinem anderen Urteil kommen. Zum Warmwerden, hier ein Essay des genannten Autors:



      www.humanist.de/religion/deschner.pdf

    • @Philippo1000:

      "Der Satz: "Frieden wird niemals mit Waffen geschaffen", steht für sich."



      Und wenn er noch wahr wäre, wäre das wirklich schön. Ist er aber nicht. Sollte man im Land des Verlierers 1945 eigentlich wissen.