Frankreichs neue Einwanderungsquote: Von Le Pen diktiert
Macron fährt mit seinen Maßnahmen gegen Flüchtlinge einen gefährlichen Kurs. Rechtsextreme Wähler wird er nicht überzeugen, linke verlieren.
M arine Le Pen kann sich ins Fäustchen lachen. Das, was der französische Regierungschef Edouard Philippe am Mittwoch verkündete, ist von der Chefin des rechtsextremen Rassemblement National diktiert. Sie hat es geschafft, dass mitten in der heiklen Reform des Rentensystems plötzlich die Einwanderungspolitik ganz nach oben auf die Agenda kommt. Und zwar in einer Tonart, die Le Pen vorgegeben hat. Es ist ein Ton des Misstrauens gegen alle Flüchtenden, die nach Frankreich kommen.
Frankreich, das älteste Einwanderungsland Europas, schottet sich mit diesem Katalog zur Einwanderungspolitik ein Stück weiter ab. Nicht, weil das Land mit den Flüchtenden nicht mehr fertigwerden könnte. Sondern eher, weil Präsident Emmanuel Macron bei der Präsidentschaftswahl 2022 Marine Le Pen das Wasser abgraben will.
Eine jüngste Umfrage zeigt die Tochter des mehrfach wegen Antisemitismus und Rassismus verurteilten Jean-Marie Le Pen praktisch gleichauf mit Macron, der mit seiner Wahl im Jahr 2017 schon Sozialisten und Konservative zerlegt hatte und nun dasselbe mit dem Rassemblement National tun will.
Doch die Strategie, mit einem Rechtsschwenk Le-Pen-Wähler zu gewinnen, ist in Frankreich noch nie aufgegangen. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ist damit krachend gescheitert. Dennoch verfolgt Macron nun dieselbe Taktik – und richtet sich so offen an Le Pens Wählerschaft, wie nicht einmal Sarkozy es tat.
Macron, der einst die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel lobte, fährt damit einen gefährlichen Kurs. Denn die rechtsextremen Wähler wird er mit seinen Maßnahmen nicht überzeugen. Ihnen geht der Katalog Philippes längst nicht weit genug. Dafür verliert der Staatschef seine linke Wählerschaft.
Mit der Streichung der Krankenversicherung für Geflüchtete, die frisch ins Land kommen, hat er bei allen, die einst die Sozialisten wählten, eine Grenze überschritten. Der Präsident, der gleichzeitig rechts und links sein wollte, steht nur noch auf einem Bein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption