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Fortschritte bei Verhandlungen in NahostDie Lösung ist politisch

Karim El-Gawhary
Kommentar von Karim El-Gawhary

Bei den Verhandlungen um einen Waffenstillstand gibt es Fortschritte. Endlich, denn nur so kann ein nachhaltiger Frieden möglich werden.

Plakat von Friedensaktivisten in Tel Aviv Foto: Eyal Washavsky/Sopa/imago

N ach dem 7. Oktober, dem furchtbaren Angriff der Hamas auf Israel und der folgenden israelischen Offensive im Gazastreifen, waren die Rufe nach einer militärischen Lösung und der Vernichtung der Hamas laut. Heute, über sechs Monate und einen zerstörten Gazastreifen später, erhalten die Gespräche zwischen Israel und der Hamas ein neues Momentum. Die Hamas sagt, dass einem Deal keine großen Hindernisse mehr entgegenstünden, US-Außenminister Antony Blinken spricht von einem großzügigen Vorschlag Israels.

Die israelische Regierung scheint sich bei einer der Hauptforderungen der Hamas zu bewegen. Letztere verlangte von Anfang an für die Befreiung der israelischen Geiseln einen permanenten Waffenstillstand. Der israelische Premier Netanjahu hatte das stets abgelehnt. Nun ist von einer „nachhaltigen Ruhe“ die Rede, wenngleich alle Informationen rund um die Gespräche mit Vorsicht zu genießen sind. Wie der Waffenstillstand genau aussieht, werden wir offiziell erst erfahren, wenn er unter Dach und Fach ist.

Der Wind dreht sich

Möglich gemacht hat diese Annäherung der enorme Druck auf beiden Seiten. Die Hamas will um jeden Preis eine israelische Offensive in Rafah verhindern. Und Netanjahu steht gleich an mehreren Fronten unter Druck. Zu Hause wird ihm vorgeworfen, auch nach sechs Monaten Krieg die meisten Geiseln nicht nach Hause gebracht zu haben. Und international wächst das Drängen, auch seines wichtigsten Verbündeten, den USA, er möge endlich einem Waffenstillstand im Austausch mit den Geiseln zustimmen.

Dahinter steckt die Sorge vor einem regionalen Flächenbrand. Aber US-Präsident Joe Biden gibt hier auch den Druck weiter, unter dem er selbst durch die Proteste an den US-Universitäten steht.

Dass nun ernsthaft miteinander geredet wird, ist auch ein Zeichen, dass sich in den letzten sechs Monaten einiges verschoben hat: zu Ungunsten einer militärischen Lösung. Stattdessen setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Palästinenserfrage einer politischen Lösung bedarf – gerade um einen 7. Oktober nie wieder erleben zu müssen.

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Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
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12 Kommentare

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  • Solange die Radikalislamisten in Gaza weiter Einfluss ausüben können wird dort aus keiner Waffenruhe je ein Frieden erwachsen.

  • Zitat von Ismail Haniyya:



    ""Ich danke Gott für diese Ehre, die er uns mit dem Märtyrertod meiner drei Söhne und einiger Enkelkinder erwiesen hat", zitierte der katarische Fernsehsender Al-Dschasira den Hamas-Chef.""

    Wie kann es möglich sein, mit Menschen derartiger Motivation Frieden zu schließen? Ich sehe keinerlei Ansatz das aushebeln zu können bzw. deren Motivation zu ändern, bin allerdings auch keine Psychologin.

    Deswegen hat "Land gegen Frieden" vielleicht nicht funktioniert und das viele Geld, das die Gaza-Hamas-palästinensische Seite bekommt auch nicht.

    • @*Sabine*:

      In Bezug auf Haniyya würden auch Psychologen*innen an ihre Grenze kommen, also wenn sie das in Bezug therapeutische Interventionen meinen.



      Auch wenn der Antisemitismus/Islamismus etc etwas wahnhaftes hat ist er leider nicht therapierbar.



      Ich glaube es stellt sich die Frage ob der Kreis um Haniyya dann doch gerne ein wenig regieren möchte und sich die Kosten für große Angriffe auf Israel dann doch nicht "lohnen". Eventuell werde auch zu viele Palästinenser*innen kriegsmüde und lassen sich nicht länger von der Märtyrerrhetorik einnullen und jagen die Hamas zum Teufel bzw. . ziehen bei größeren Aktionen eventuell nicht mit. Soll heißen pragmatische Regierungsambitionen könnten, das mörderische Potential der Ideologen eventuell eindämmen. (optimistisch ich weiß)



      Die Hisbollah zog bei dem Massaker vom 7.10.2023 zum Glück auch nicht komplett nach, so wie es sich Teile der Hamas anscheinend erhofft haben. Die wollen scheinbar auch gerne ihren eigenen Staat zum Regieren haben. (mag sein dass der Vergleich hinkt)



      Davon ab wäre dann aber auch der nächste innerisraelischer Kraftakt, die Siedler aus Teilen des Westjordanlandes zurückzutreiben, wie es auch schon in Gaza geschah.







      Dafür muss natürlich keine Bedrohung von außen in Form von Angriffen, insbesondere von palästinensischer Seite erfolgen und die Geiseln zurückgegeben werden.

      Es sind im Nahostkonflikt und auch sonst Lösungen gefunden worden, auch wenn die Situationen total verfahren waren und alle Beteiligten nicht klar sagen konnten, wie es weitergeht, zumal Langzeitprognosen eh nicht die Stärke von Menschen sind (auch nicht von (vermeintlichen) Experten*innen)

      Also ohne Blauäugig zu sein, würde ich nicht ausschließen, dass es möglich sich mit Teilen der Hamas zu arrangieren.

      • @Rabenbote:

        "Davon ab wäre dann aber auch der nächste innerisraelischer Kraftakt, die Siedler aus Teilen des Westjordanlandes zurückzutreiben, wie es auch schon in Gaza geschah."

        Das wird nicht geschehen. Dazu muß man die eigentliche Motivation Sharon's für den einseitigen Rückzug 2004 verstehen:

        Auf dem israelisch/palästinensischen Gebiet westlich des Jordans leben laut HRW heute ungefähr genausoviele nichtjüdische (meist muslimische, christliche) Palästinenser wie jüdische Menschen diversen Ursprungs. Durch die Abspaltung Gazas verschob sich das demographische Gewicht im vom Israel verwalteten Gebiet zugunsten der jüdischen Bevölkerung. Durch das Opfer Gaza versuchte Sharon (die Idee stammte von seinem Sohn), den "Apartheitsvorwurf" zu entkräften ... und so die weitere Besiedlung des Westjordanlandes überhaupt international zu ermöglichen.

        Netanjahu hat diese Politik im Grunde nur fortgesetzt. Der Denkfehler dabei ist der, zu vermuten, daß Gaza, wirtschaftlich blockiert und vom Westjordanland isoliert, schon irgendwann an seine Bevölkerungsdecke stossen werde. Durch die internationale Hilfe konnte indessen die Bevölkerung dort weiter wachsen. Die Menschen in Gaza, perspektivlos, haben nichts besseres zu tun, als kreativ die Löcher in der israelischen Abriegelung zu suchen oder ihr Leben der Hamas zu schenken.

        Durch die dem 7. Oktober folgende Besatzung zählen die Einwohner Gaza jetzt wieder zu der von Israel verwalteten Bevölkerung und die demographische/demokratische Frage ist wieder der "Elephant in the room".

        • @Deutschfranzose:

          Wobei mich noch interessieren würde woher sie dieses wissen in Bezug auf Sharons Motivlage beziehen, da wäre eine Quellangabe toll.

        • @Deutschfranzose:

          Erstmal danke für die Erläuterungen, so habe ich das bisher nicht betrachtet.

          Die Frage wäre, ob es einen "nachhaltigen Frieden" (was auch immer das genau heißt) geben wird, ohne dass im Westjordanland die Siedler zurückgeholt werden...

          Genauso müsste wahrscheinlich das Rückkehrrecht auf Seiten der *Palästinenser aufgegeben werden.

          Wie gesagt unwahrscheinlich heißt ja nicht unmöglich. Aber ich gehe auch nicht davon aus, dass das so kommen wird.

          Es auch eher ne Spekulation meinerseits, ich maße mir nicht an, nen Masterplan oder eine Lösung für die Gegend bzw. Konflikt zu haben.

  • Genau. Das gilt auch für alle anderen Kriege und Kleinkriege.



    Wir müssen die Nationlstaaten endlich abschaffen und die "USW" einführen.



    Die Globalisierung ist längst Fakt. Höchste Zeit, das auch politisch umzusetzen. Kriege untereinander und gegen die Natur können wir nicht gewinnen. Was ist daran so schwer zu verstehen?

  • "Stattdessen setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Palästinenserfrage einer politischen Lösung bedarf – gerade um einen 7. Oktober nie wieder erleben zu müssen."

    Es wird keine politische Lösung geben - zumindest nicht mit der Hamas. Selbst wenn in Israel auf einmal Friedentauben regierten und alle Siedler aus der Westbank abzögen. Für die Hamas ist der einzige Existenzgrund die Vernichtung Israels und die Auslöschung jüdischen Lebens. Sie hat es vor dem 7. Oktober gesagt, sie hat es am 7. Oktober in Taten gezeigt und sie hat es hinterher immer wieder bekräftigt. Die eigene Bevölkerung interessiert dabei nur als Reservoir für Terroristen oder als Märtyrer, die man propagandistisch ausschlachten kann.

  • Ein "nachhaltiger Frieden" mit der Hamas? Hat denn hier niemand das Gründungsdokument der Hamas von 1987 gelesen? Oder wird das widerrufen und die Hamas aufgelöst?

    • @Jonas Amazonas:

      Es wird wohl drauf gehofft werden dass die überarbeite Charta mehr war als nur reine PR-Taktik war , um im Ausland besser punkten zu können.

  • Die Hoffnung stirbt zuletzt.

  • "Stattdessen setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Palästinenserfrage einer politischen Lösung bedarf – gerade um einen 7. Oktober nie wieder erleben zu müssen."

    Ich gehe nicht davon aus, dass die Hamas und ihre Anhänger und Unterstützer auf ihr Ziel, Israel auszulöschen und jegliches jüdische Leben in der Region zu vernichten, verzichten wird. Sie werden, meiner Meinung nach, mit Hilfe des Iran, erneut ein Pogrom verüben. Ebenso werden sie in Gaza meiner Einschätzung nach weiterhin Frauen und homosexuelle Menschen, ebenso wie ihre politischen Gegner verfolgen, foltern und töten.

    Die Festsetzung der Hamas wäre meiner Meinung nach die Voraussetzung und eine Chance besonders auch für die Bürger in Gaza gewesen.

    Mit der Hamas wird es ein "weiter so". Mich macht das sehr traurig. Nicht nur wegen der vielen umsonst gestorbenen Menschen, sondern auch weil die Hamas und ihre Anhänger und Unterstützer, in der Region und weltweit, ein "weiter so" als Erfolg verstehen können und werden.