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Forderung der LänderenergieministerSolarpflicht für alle

In Baden-Württemberg müssen auf allen neuen Nicht-Wohngebäuden Photo­voltaikanlagen installiert werden, andere Länder zögern.

Montage von Solarmodulen auf einem Dach Foto: Jochen Tack/imago

Freiburg taz | Einige Bundesländer haben sie schon beschlossen, jetzt soll nach dem Willen der Energieminister der Länder auch der Bund nachziehen: „Wir wollen, dass es eine Solarpflicht in Deutschland gibt für alle Neubauten und bei grundlegenden Sanierungen“, sagte Baden-Württembergs Energieministerin Thekla Walker (Grüne) am Mittwochnachmittag nach einem Treffen der zuständigen Minister in Hannover. Im Beschluss heißt es wörtlich: „Eine Photovoltaik-Pflicht für alle Neubauten sollte diskutiert werden.“

Unter den Bundesländern ist Baden-Württemberg in dieser Hinsicht schon am weitesten. Bereits seit Jahresbeginn muss auf allen neuen Nicht-Wohngebäuden eine Photovoltaik­anlage installiert werden. Seit Mai greift eine entsprechende Verpflichtung auch für neue Wohnhäuser. Da im Südwesten die Baupflicht am Termin des Bauantrags hängt, kommt das neue Gesetz allerdings erst mit Verzögerung auf den Baustellen an.

Auch andere Länder werden folgen, im Detail aber jeweils unterschiedlich. In Berlin hat das Solargesetz ab Januar 2023 eine Solarpflicht festgeschrieben, die für Neubauten und im Falle von Umbauten am Dach auch für Bestandsgebäude gilt. In Hamburg gilt ebenfalls ab Januar 2023 eine Pflicht für Neubauten, zwei Jahre später dann auch bei Dachsanierungen. Nordrhein-Westfalen hat bereits eine Solarpflicht für Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen eingeführt, in Rheinland-Pfalz wird Ähnliches ab 2023 für Areale ab 50 Stellplätzen gelten.

Weitere Länder kennen inzwischen eine Baupflicht auf Gewerbedächern, während andere noch nichts dergleichen haben – weswegen nun die Pläne einer bundesweiten Regelung reifen.

Bund setzt Anreize

Unterdessen will die Bundesregierung auch mit dem Abbau von Bürokratie und mit Steuer­erleichterungen die Nutzung von Photovoltaik fördern. „Damit greift sie eine zentrale Forderung der Bundesländer auf“, heißt es aus dem Finanzministerium in Baden-Württemberg.

Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bundesfinanzministerium die steuerlichen Regeln für kleine Photovoltaikanlagen vereinfacht: Für Anlagen auf Privatdächern mit bis zu 10 Kilowatt müssen die Betreiber seither keine Einnahmenüberschussrechnung mehr mit der Steuererklärung abgeben. Die Finanzbehörden betonten damals, sie gingen künftig der Einfachheit halber davon aus, dass diese Kleinanlagen nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden.

Nun hat das Bundeskabinett im Rahmen seines Jahressteuergesetzes beschlossen, dass Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bis sogar 30 Kilowatt von der Ertragsteuer befreit werden. Bei Gebäuden, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, also etwa Mehrfamilienhäusern oder gemischt genutzten Immobilien, liegt die Grenze bei 15 Kilowatt pro Wohn- oder Gewerbeeinheit.

Hinzu kommen Erleichterungen bei der Umsatzsteuer: Betreiber, die auf Privathäusern und öffentlichen Gebäuden Solarstrom nutzen, können sich die Anlagen künftig ohne Umsatzsteuer liefern und installieren lassen. Zudem sollen Lohnsteuerhilfevereine ihre Mitglieder künftig auch bei der Einkommensteuer beraten dürfen, wenn die Mandanten Photovoltaikanlagen betreiben, die von der Ertragssteuer befreit sind.

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16 Kommentare

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  • Eine Entschlackung der bürokratischen Hürden für eine Solaranlage auf dem Dach erscheint mir wichtiger als sämtliche Verpflichtungen. Wer es dann bei der enormen Preisdifferenz zwischen Stromeinkauf und Verkauf nicht macht, wird seine guten Gründe haben. Darüberhinaus ist Solar entlang der Autobahn oder Eisenbahn immer noch halb so teuer wie auf dem Dach. Die Investoren stehen Schlange, bekommen aber keine Flächen….Wer also schnell ausbauen möchte sollte dort eingleisen wo es für die Allgemeinheit preiswert ist und die Menschen mehr als wollen. Und trotzdem haben wir eine Scheindebatte. Denn Strom ist Teil des europäischen Zertifikatehandels. Neue Anlgen sparen kein CO2 ein solange dafür an anderer Stelle mehr ausgestoßen werden darf…Auch hier muss nachgebessert werden….Prost!

  • Da wäre ich ja mal auf die spezielle Ausformulierung gespannt.



    Sehen wir in Zukunft Dächer, auf die pro forma ein PV-Modul geschnallt wurde, weil Gaube, Erker und Nachbars Linden eine richtige Anlage unrentabel machen oder das Sanierungsgeld nicht gereicht hat, PV aber Pflicht ist?

    Als grade wenn nicht sowieso schon alles an PV verbaut werden würde, was irgendwie rumliegt. Das richtet doch sowieso der Strompreis.

  • Ein weiterer Zwang, der Reparaturen und Sanierungen verteuert? Klar fördern wir die Solaranlagen und sorgen dafür, dass in Zukunft jede Dachreparatur auch gleichzeitig in den Aufbau einer Solaranlage mündet, doch dann, was danach?

    Der Bürger soll nun richten, was Wirtschaft und Politik seit über 60 Jahren pfleglich vernachlässigt haben, nämlich Deutschland so autark zu machen, das man auch in einem Falle von Ausfällen von Auslandlieferungen auch mal "alleine" da stehen kann.

    Dazu wird der Bürger gezwungen und muss nun installieren und nachrüsten, was das Zeug hält.

    Vernünftig wäre es, wenn nun der Bund erst einmal flächendeckend seine und damit meine ich wirklich alle seine Gebäude eindeckt.

    Danach wird eine Förderung aufgelegt, die den Namen auch verdient! Nicht wir übernehmen einen kleinen Anteil an der Anlage, sondern den Löwenanteil und der Bürger stellt im Prinzip sein Dach zur Verfügung, damit der Bund darauf Bundesanlagen installieren kann.

    Zentral verwaltet, kann man dann planerische Siedlungen und Städte mit Solaranlagen zupflastern und parallel dazu auch Speichersysteme hochziehen, die dann auch in Bundeshand verwaltet zusammengeschaltet die Energie aus Sonne und Wind Speichern für Nächte und Wintermonate.

    Denn so, wie es nun geplant ist, kocht ein jeder sein Süppchen und am Ende haben wir wieder eine Lösung, die versalzen ist und teilweise funktioniert, aber größtenteils nur wieder zur einer Überproduktion führt, die dann an "Ausland" verkauft werden muss.

    Aber das wollen die Damen und Herren der Regierung nicht wahrhaben und scheuen sich davor, mal den sprichwörtlichen Hammer herauszunehmen und auf "Deutschlands kosten" was zu errichten, was am Ende die Versorgungssicherheit aller garantiert.

    • @VigarLunaris:

      "Der Bürger soll nun richten, was Wirtschaft und Politik seit über 60 Jahren pfleglich vernachlässigt haben"

      Der Staat, Wirtschaft und Politik sind Sie und ich, also Wir!

      Oder werden Sie von Aliens beherrscht? Dann können sie weiter jammern.

    • 6G
      651741 (Profil gelöscht)
      @VigarLunaris:

      Der Hinweis mit der Dachreparatur ist richtig. Das wird mit einer Solaranlage drauf, richtig, richtig teuer. Das wird leider unterschätzt. Manche reden von 30 bis 40 Jahren Laufzeit der Module, vergessen aber, dass man zwischenzeitlich vielleicht eine oder zwei Reparaturen und eine komplette Sanierung hat. Abgesehen davon, dass man auch mal hin und wieder auch Module austauschen muss, Wechselrichter sowieso. Billig ist das ganze leider nicht. Derzeit wird es von vielen ja eher ehrenamtlich betrieben. Wenn dann dazu, z.B. es auf öffentlichen Gebäuden stattfinden soll, kommen ganz schnell viele, viele Planstellen dazu. Es muss sich ja jemand kümmern, der Bürgermeister bestimmt nicht.

      • @651741 (Profil gelöscht):

        Die Dachreparatur wird langfristig betrachtet mit Solaranlage günstiger als ohne, denn Ihre Dachplattendeckung liefert Ihnen bestenfalls einen netten Anblick ihres Daches aber keinen Strom. Wenn Sie dann noch dachintegriert montieren lassen und Glas-Glas-Module verwenden ist Ihre innovative Deckung sogar richtig Hagelsicher im Vergleich zu ihren Dachplatten.



        Wenn die öffentliche Verwaltung staatliche Anlagen flächendeckend betrieben würde, könnte sie die zusätzlichen Stellen mit dem Mehrwert der Stromerzeugung finanzieren, und die nächste Instandhaltung der Dachdeckung ebenfalls einsparen.



        Aber auf so etwas kommt nur, wer es schon erlebt hat und keine unbegründeten Bedenken mit sich herum trägt.

  • Kaum sind die Grünen über 10 Jahre an der Macht, haben sie endlich eine Pflicht für Solarzellen beschlossen.

  • Wie wärs denn, wenn mal die zig bescheuerten künstlichen Hürden beseitigt würden, die durch intensive Lobbyarbeit der Energiekonzerne erst geschaffen wurden? Ich meine insbesondere die sog. Balkonkraftwerke.

    Balkonkraftwerke sind kleine PV-Anlagen, die aus ein oder zwei PV-Panels bestehen und einem Wechselrichter, der die Gleichspannung der Panels in stromnetztaugliche Wechselspannung umwandelt. Balkonkraftwerke unterscheiden sich deutlich von größeren PV-Anlagen:

    - Der erzeugte Strom wird selbst genutzt und unterhalb des Eigenverbrauchs nicht eingespeist. Der gewerbliche Overhead entfällt, die 6 Cent aktuelle Einspeisevergütung sind eh lächerlich gegenüber den 40+ Cent aktueller Bezugstarife.

    - Mit ca 800 Euro sind die Anlagen relativ günstig, um selbst in die Stromerzeugung einzusteigen.

    - Balkonkraftwerke müssen nicht vom Fachbetrieb installiert werden, Sie stellen die Panels auf, schließen den Wechselrichter an eine Steckdose an und los gehts.

    Die Technik ist längst da. Aber wo kämen wir denn hin, wenn jedeR den eigenen Strom erzeugen könnte? Entsprechend gibt es zig Hürden, die man teilweise ignorieren kann und von denen wohl noch einige fallen werden.

    - Schukostecker vs Wielandstecker: Der spezielle Wielandstecker wird gerne als sicherer vorgeschrieben, muss aber vom Elektriker installiert werden. Dieser Streit wird zugunsten des Schukosteckers ausgehen, da sich das technisch nicht begründen lässt.

    - Begrenzung des Wechelrichters auf max 600 Watt. In anderen Ländern (zb Österreich) sind höhere Werte üblich.

    - Bei Anmeldung verpflichtender Einbau eines neuen Zählers mit Rücklaufsperre. Das ist der zentrale Punkt: Damit schenken Sie ihren Strom dem Netzbetreiber/Stadtwerk, anstatt das Netz als Speicher zu nutzen und ohne weitere Maßnahmen den eingespeisten Strom mit dem bezogenen zu verrechnen. In vielen Ländern ist letzteres der Normalfall, nur in Deutschland nicht.

    Hierzulande wird alles getan, die Energieversorgung nicht zu demokratisieren.

    • 6G
      651749 (Profil gelöscht)
      @uvw:

      Das Problem ist nicht, dass Sie das nicht machen sollen, sondern nicht ALLE und jeder Laie.

      Stellt sich morgen jeder 600W ins Haus, ohne Brandschutz, ohne Elektroinstallateur, ohne Meldung welche Energie rückeingespeist wird verkraftet das unser Netz nicht, Module wehen aufs Auto oder den Passanten, Brände auch nicht ausgeschlossen.

      Mir ist verpflichtend und gleich ordentlich installiert lieber. Sie wollen auch nicht durch den Wohnort und einen Wildwuchs wie bei Satellitenschüsseln an Plattenbauten angucken.

      Klar ist vieles Lobbyismus und Abzocke (wie überall), aber Sie regen sich hier darüber auf, dass nicht jeder E-Bike mit 80kmh ohne Helm fahren darf (obwohl das super umweltbewusst wäre).

    • @uvw:

      Deshalb auf die Fördergelder für Balkonanlagen verzichten und nicht registrieren. Dann reinvestiert sich die Anlage innerhalb eines Jahres.



      Nur bei digitalem Zähler macht eine Registrierung Sinn und eine Beantragung von Fördergeldern bei welchen eine Registrierung nachzuweisen ist.



      Um eine höhere Ausbeute mit Balkonanlagen zu erreichen sollte darauf geachtet werden welche Phase des Drehstromanschlusses durch das Balkonmodul versorgt wird. In der Regel werden die drei Phasen auf unterschiedliche Stromkreise verteilt. Die Balkonanlage sollte primär den Stromkreis mit dem höchsten Verbrauch versorgen. Mehrere Balkonanlagen sollten auf die drei Phasen verteilt angeschlossen werden.

  • 6G
    651741 (Profil gelöscht)

    Solaranlagen produzieren nur tagsüber bei entsprechenden Lichtverhältnissen. Wer tagsüber den produzierten Strom nicht nutzen kann, wird einspeisen müssen oder muss sich Gedanken über Speichermöglichkeiten machen. Das ist derzeit noch relativ teuer. Bleibt nur die Einspeisung. Da hat es Verbesserungen gegeben, könnte aber noch etwas mehr sein. Bei Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen zum Beispiel, wird nur die Einspeisung sinnvoll sein. Eine Verteilung des Stroms nach Miteigentumsanteilen ist schlicht nicht möglich, bleibt also nur die Einspeisung, die Erlöse kann man ohne Probleme nach Miteigentumsanteilen verteilen. Man muss sich das ganze Paket etwas genauer anschauen. Ich traue den Frieden nicht. Bisher ist es so, dass man mit einer Solaranlage Umsätze erzielte, die wiederum steuerpflichtig sind. Es muss eine Einnahmen-/Überschussrechnung erstellt werden. Wenn das zukünfig nicht mehr der Fall sein soll, dann muss es auch für Altanlagen eine Aussage geben. Ansonsten wäre es steuerlich gesehen eine Ungleichbehandlung. Heißt konkret: Abwarten.

    • @651741 (Profil gelöscht):

      "Bei Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen zum Beispiel, wird nur die Einspeisung sinnvoll sein. Eine Verteilung des Stroms nach Miteigentumsanteilen ist schlicht nicht möglich, bleibt also nur die Einspeisung, die Erlöse kann man ohne Probleme nach Miteigentumsanteilen verteilen." Wie wäre es mit einer kostenfreien Weitergabe des Überschusses an Ihre Nachbarn ohne den Umweg über das Netz?



      Umsätze sind demnächst steuerfrei bei Anlagen bis 30 kWp. Da muss man/frau nicht abwarten. Das kommt so sicher wie die bereits umgesetzte Zuschussreduzierung von erneuerbaren Energietechnik durch das Wirtschaftsministerium. Wer da wohl wieder im Ministerium die Feder geführt hat. Hr. Habe hat doch extra zu beginn seiner Amtszeit viele Abteilungsleiter ausgewechselt das so etwas nicht mehr passiert. Da wurde wohl jemand übersehen.

    • @651741 (Profil gelöscht):

      Gibt es nicht auch Modelle, wo der Hauseigentümer nur die Dachfläche zur Verfügung stellt und ein Dritter (z.B. ein kommerzieller Stromanbieter) die PV-Anlage betreibt?

    • @651741 (Profil gelöscht):

      Och ,mit dem überproduzierten Strom kann man ja auch erst mal alle sonstigen stromfressenden Gadgets laden,wie E-Bike und so.Oder einfach massenhaft Powerbanks, mit denen dann abends der Tesla gefüttert wird. ;-)

  • Ist vernünftig. Allerdings sollten die öffentlichen Gebäude voran gehen und der Denkmalschutz ausgehebelt werden. Die Pyramiden oder Neuschwanstein vertragen an der Südseite eine Solaranlage.

    Auch eine Abtretung der Dachfläche, damit Hausbesitzer, die nicht die Mittel haben, sollte geregelt werden.

    • @WeisNich:

      Passt! Der "Kini" war modernen Technologien sehr aufgeschlossen, das Wort "Pharao" heißt "Sonnengott" - allerdings stehen die Pyramiden außerhalb Deutschlands.

      In ein paar (zu wenigen) Städten bieten die Stadtwerke an, Hausbesitzer und Vermieter bei Installation, Betrieb und Abrechnung unter die Arme zu greifen.



      Könnte man verpflichtend für alle Grundversorger machen.