Flugtaxi-Entwickler kündigt Insolvenz an: „Kein Transportmittel für die Allgemeinheit“
Der Flugtaxi-Entwickler Lilium will Insolvenz anmelden. Das Konzept weise ohnehin in die falsche Richtung, meint Mobilitätsexperte Andreas Knie.
Am Donnerstag kündigte das Luftfahrtunternehmen Lilium an, einen Insolvenzantrag zu stellen. Es hofft, die Entwicklung ihres Flugtaxis danach in Eigenverwaltung fortführen zu dürfen. Mitte Oktober hatte sich der Haushaltsausschuss des Bundestags gegen die Subventionierung des Unternehmens entschieden. Laut Informationen des Bayerischen Rundfunks wohl aufgrund des Widerstands von FDP und Grünen. Zuvor hatte die bayerische Regierung zugesagt, das Unternehmen mit Verwaltungssitz in Oberpfaffenhofen bei München mit 50 Millionen Euro zu unterstützen – sollte der Bund sich ebenfalls beteiligen.
Kein zukunftsfähiges Konzept
Flugtaxis sind gewissermaßen besteigbare Riesendrohnen, also elektronisch betriebene Flugobjekte, in denen Passagiere Platz nehmen können. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge war der Erstflug eines Lilium-Flugtaxis bisher für Anfang 2025, die Zulassung für den Vier- bis Sechs-Sitzer für 2026 geplant. Ein ambitioniertes Ziel, denn bisher habe es noch nie einen bemannte Flug gegeben, so der Mobilitätsexperte Andreas Knie. Er hält nicht viel von dem Konzept. „Wir können unsere Verkehrsprobleme nicht dadurch lösen, dass wir sie von der Straße in die Luft verschieben.“ Auch dort sei schließlich der verfügbare Platz begrenzt, gleichzeitig könnten die Taxis nur eine geringe Personenzahl transportieren und würden die Umwelt durch Lärm belasten. „Dazu kommt, dass wir eine Infrastruktur für Start und Landung bräuchten“, so Knie. Flexibel wie herkömmliche Taxis wären die Äquivalente in der Luft also auch nicht.
Transportmittel für die Reichen und Schönen
Der Bund hat aus Sicht des Sozialwissenschaftlers daher die richtige Entscheidung getroffen, Lilium nicht zu stützen. „Flugtaxis sind kein Transportmittel für die Allgemeinheit, sondern nur für die Reichen und Schönen.“ Schon jetzt sei absehbar, dass die Nutzungskosten immens wären. Öffentliches Geld habe beim Aufbau eines kommerziellen Flugtaxi-Entwicklers nichts zu suchen. „Die offenbar fehlenden Investitionen aus der Privatwirtschaft sprechen ja auch eine klare Sprache“, meint Knie. Es gäbe scheinbar einfach keinen Markt für Flugtaxis, da unterm Strich die Nachteile überwiegen würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?