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Fleischproduktion im RückgangKlasse statt Masse

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Wenn die deutsche Fleischbranche nicht bald tier- und umweltfreundlicher wird, wird sie zusammenbrechen. Das zeigen die jüngsten Produktionsrückgänge.

Landwirte müssen Tieren mehr Auslauf und Platz geben Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

D ass die Fleischproduktion in Deutschland im vergangenen Jahr um 8,1 Prozent eingebrochen ist, ist ein Weckruf für die Branche: Vor allem die Viehhalter müssen dringend tier- und umweltfreundlicher werden, wenn sie überleben wollen.

Denn der Produktionsrückgang ist kein einmaliger Ausreißer, sondern langfristig, und wird das wohl auch so bleiben. Der aktuelle Trend nach unten begann bereits 2016. Ein Grund für die sinkenden Zahlen ist, dass die Menschen in Deutschland immer weniger Fleisch essen.

Außerdem hat vor allem China seinen Markt für Schweinefleischimporte aus Deutschland gesperrt, nachdem hierzulande 2020 die Afrikanische Schweinepest ausbrach. Jetzt baut die Volksrepublik, die einmal wichtigster Importeur von Schweinefleisch aus Deutschland war, ihre eigene Produktion aus. Gegen die Konkurrenz im Billiglohnland China werden die deutschen Landwirte und Schlachter nicht bestehen können.

Jedenfalls nicht über den Preis. Aber die deutsche Fleischbranche hätte sehr wohl eine Chance, wenn sie auf Klasse statt Masse setzen würde. Es wäre ein Wettbewerbsvorteil, wenn die Landwirte ihren Schweinen Auslauf gewähren, mehr Platz im Stall einräumen und nicht mehr die Ringelschwänze abschneiden würden. Auch wenn Fleisch mit höheren Ethikstandards wegen der hohen Inflation derzeit nicht mehr so stark nachgefragt wird: Das Mensch-Tier-Verhältnis hat sich grundlegend verändert. Wenn der Inflationsschock abklingt, wird Tierschutz wieder eine größere Rolle für die Verbraucher spielen.

Klar ist aber auch, dass die Fleischbranche in Deutschland schrumpfen muss und wird. Denn tierfreundlicher erzeugtes Fleisch kostet mehr, und das wird den Konsum senken. Außerdem erkennen immer mehr Verbraucher, dass der derzeitige durchschnittliche Fleischkonsum der Gesundheit schadet, von den Schäden für das Klima ganz zu schweigen. Wenn die deutschen Viehhalter nun schnell auf mehr Tierschutz umstellen, können sie die Verluste aber so stark wie möglich begrenzen. Tun sie es nicht, gehen sie unter.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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5 Kommentare

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  • Dann hoffe ich mal, dass sie untergehen.

    Wer fühlende, intelligente und soziale Wesen so behandelt, der hat nichts anderes verdient.

    Und die Konsumenten, die ihre Haustiere verhätscheln wie Kinder und sich gleichzeitig gedankenlos das Schnitzel auf den Teller legen, sollten endlich ins Grübeln kommen.

    Jeder der es wissen will, weiß wie die "Fleischproduktion" läuft.

    Deutlich über 90 Prozent des konsumierten Fleisches in Deutschland stammt aus der Massentierhaltung.

  • Etwas weniger Fleisch, etwas weniger fossiler Energieverbrauch, etwas weniger unnützer Konsum pro Tag und schon sind das bei 750 Millionen Menschen i n Europa gigantische Einsparungen, ohne dass man Veganer werden oder groß Verzicht üben muss.

  • "Alles in Maßen" - sagte man schon in der Antike.



    Da möcht´ich hin !

  • Ich kann aufrichtig schreiben: Ich wünsche, es wird, wie vom Autor beschrieben. Allerdings befürchte ich, dass wir in Europa zunehmend unsere landwirtschaftliche Produktion auslagern und die Erzeugnisse somit aus dem Ausland importieren. Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Leider wird das kein Nullsummenspiel für die Tiere und die Umwelt, da Tierrechte und Umweltanforderungen im Ausland oftmals deutlich niedriger sind. D.h. unter der Prämisse das Gute zu wollen, könnte die Umwelt stärker belastet werden und das Tierwohl sinken. Außerdem wird der Hunger in der Welt größer, da Europa bisher ein wichtiger Agrarexporteur war. Umgekehrt steigt die Abhängigkeit vom Ausland steigt.

    • @Schildbürger:

      Das wäre kein Argument für die Aufgabe obiger Forderung sondern eines für die Erhebung von (mehr) Steuern und Zöllen auf Tierprodukte. Hierdurch würde das Sinken von Tierproduktkonsum hierzulande verstärkt.



      Hierfür kann mensch sich politisch einsetzen, auch im eigenen Umfeld und zudem selbst ein Zeichen setzen: am besten vegan werden. Dadurch würde mensch gar keine Tierprodukte konsumieren.