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Firma Böttcher in ThüringenAfD-Großspender als Aufsichtsrat abberufen

Die AfD erhält mitten im Wahlkampf 1 Million Euro. Der Spender verliert seinen Posten und soll das Geld zurückzahlen – aber Fragen bleiben.

Muss sich einige Fragen stellen lassen: AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter Foto: Robert Michael/dpa

Berlin taz | Es ist eine Großspende an die AfD, mitten im Wahlkampf, die Fragen aufwirft. 999.990 Euro bekam die AfD vor wenigen Tagen von dem Thüringer Horst Jan Winter, Aufsichtsrat bei der Böttcher AG, einer Firma für Büroartikel. Das Unternehmen hat Winter nach eigener Auskunft nun als Aufsichtsrat abberufen. Die NGO Lobbycontrol fordert aber weiter, zu prüfen, ob sich um eine sogenannte Strohmannspende handelt, bei welcher der wahre Geldgeber verschleiert wird.

Erste Fragen zu der Spende waren aufgekommen, weil die Bundestagsverwaltung eine Adresse von Winter im Thüringer Blankenhain angab – sich dort aber laut Lokalmedien nur ein Briefkasten fand. Nach taz-Informationen lebt Winter in Jena. Unklar war anfangs auch, ob es sich um eine Privatspende oder eine der Böttcher AG handelt.

Tatsächlich prüft die Bundestagsverwaltung die Spende. Ob sich konkrete Anhaltspunkte für eine Strohmann-Spende ergeben, sei derzeit noch offen, sagte ein Sprecher der taz. Auch die Frage der Anschrift des Spenders sei noch zu klären.

Winter selbst war für die taz bisher nicht zu erreichen. Der Berliner Zeitung schrieb er, sein Hauptanliegen sei der Krieg in der Ukraine und das „sinnlose Sterben von Millionen junger Menschen“ dort. Die AfD sei neben dem BSW die einzige Partei, die sich hier konsequent für Frieden und ein Ende der Waffenlieferungen einsetze. Er habe erst an eine Spende für beide Parteien gedacht, diese dann aber der AfD gegeben, weil sie „den größeren oppositionellen Hebel“ habe.

Winter behauptet, er selbst sei nicht rechtsextrem, sondern „vorwiegend liberal“, habe 30 Jahre lang die FDP gewählt. Deshalb habe er auch gebeten, die Spende nicht an gesichert rechtsextreme AfD-Landesverbände wie Thüringen oder Sachsen weiterzuleiten.

Firmenchef Böttcher ist „tief enttäuscht“

Udo Böttcher, Vorstandsvorsitzender der Böttcher AG, beteuerte in einer Stellungnahme, sein Unternehmen oder er selbst habe mit der Spende nichts zu tun. Er habe von dieser vorab keine Kenntnis gehabt – und wäre damit auch „keinesfalls einverstanden“ gewesen.

Böttcher erklärte, er habe in den vergangenen Jahren mehr als 11 Millionen Euro für soziale Zwecke gespendet – darunter auch 2 Millionen Euro an Winter, der schwer erkrankt sei. Er sei davon ausgegangen, dass Winter dieses Geld für Therapien aufwendet. Dass Winter davon offenbar eine Million Euro an die AfD spendete, damit habe er „nicht im Entferntesten gerechnet“.

Er sei von Winter „sowohl menschlich als auch kollegial tief enttäuscht“, so Böttcher weiter. Man habe ihn daher mit sofortiger Wirkung als Aufsichtsrat abberufen. Auch fordert Böttcher die geschenkten knapp eine Million Euro innerhalb einer Woche zurück, wegen „groben Undanks“. Andernfalls werde er Klage gegen Winter erheben.

Böttcher selbst fiel zuletzt allerdings mit Social Media Postings auf, in denen er laut Spiegel etwa AfD-Chefin Alice Weidel eine „geile Rede“ attestierte. „Das sollte unser Traum für Deutschland sein.“ Die Beiträge sind inzwischen gelöscht. Bereits vor einem Jahr hatte die Böttcher AG für Schlagzeilen gesorgt, weil sie eine Umfrage unter ihren Mitarbeitenden durchführte und veröffentlichte, in der 34 Prozent der Befragten angaben, die AfD wählen zu wollen.

Lobbycontrol sieht weiter offene Fragen

AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter sagte der taz, für ihn sei die Spende von Winter „lückenlos aufgeklärt“. Es handele sich um keine Strohmannspende, sondern um die einer Privatperson. Davon habe er sich auch in einem direkten Gespräch mit Winter überzeugt. Die Briefkastenadresse habe Winter gewählt, um sich zu schützen. Es gebe bisher auch keine Forderung an die AfD, die Spende zurückzuzahlen, so Hütter.

Für die Organisation Lobbycontrol sind die offenen Fragen dagegen noch nicht geklärt. Vielmehr verstricke sich Unternehmensvorstand Udo Böttcher in Widersprüche, erklärte ihr Sprecher Aurel Eschmann. Denn Böttcher habe zunächst behauptet, das Geld für die AfD-Spende sei nicht von ihm gekommen. „Aber auch schon zu diesem Zeitpunkt hätte ihm ein Zusammenhang mit seiner angeblichen Schenkung klar sein müssen“, so Eschmann.

Auch Böttchers eigene „intensive Unterstützung“ der AfD auf Social Media werfe weiter Fragen auf. „Eine Spende in knapper Millionenhöhe ist keine Lappalie, zumal so kurz vor einer Bundestagswahl“, sagte Eschmann. „Daher müssen hier alle Fakten schnellstens vollständig auf den Tisch.“ Die jüngsten Aussagen von Böttcher seien unzureichend, um den Sachverhalt aufzuklären. Und auch die AfD müsse weiter klären, ob sie geprüft hat, ob es Anhaltspunkte für eine weitergeleitete Spende gebe und ob diese von einem Privat- oder Firmenkonto einging.

Erst vor einer guten Woche hatte die AfD eine weitere Großspende erhalten: 1,5 Millionen Euro vom früheren Pharma-Unternehmer Winfried Stöcker – ein Rekord für die Partei. Er soll schon länger mit der AfD sympathisieren. Stöcker hatte während der Corona-Pandemie einen nicht-zugelassenen Impfstoff entwickelt und an über 50 Personen verimpft. Dafür war er zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden, insgesamt 250.000 Euro.

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9 Kommentare

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  • Real haben bei dieser Entwicklung wohl eher die diversen Boykottaufrufe gegen Böttcher eine Rolle gespielt.

  • "Das Unternehmen hat Winter nach eigener Auskunft nun als Aufsichtsrat abberufen. "

    Entweder ist die Meldung eine Ente, oder sie ist sprachlich unglücklich formuliert.



    Ein Unternehmen kann keinen Aufsichtsrat abberufen, denn der Aufsichtsrat ist im Gegenteil ja dazu da, das Unternehmen und dessen Leitung zu kontrollieren.



    Berufen wird der Aufsichtsrat von der Hauptversammlung der Anteilseigner, und nur diese kann ihn auch abberufen.



    Falls diese Abberufung tatsächlich erfolgt ist, kann sie allerdings aufgrund der im Aktiengesetz vorgeschriebenen Ladungsfristen nicht im Zusammenhang stehen mit einer erst kürzlich bekanntgewordenen Parteispende.



    Unabhängig davon, ob so etwas überhaupt ein zulässiger Grund für eine Abberufung wäre.

    • @Don Geraldo:

      Bei zwei Aktionären geht das zügig...



      insbesondere, wenn der Mensch dem Unternehmen schadet? Kunden sollen ihre Konten gekündigt habne, war zu lesen.

    • @Don Geraldo:

      Nicht jede AG hat Aktien die jeder erwerben kann, auch die Böttcher AG nicht. Die Anteilseigner können also ohne Bekanntmachung in der Börsenzeitung jederzeit tagen und Beschlüsse fassen. So wird es hier auch geschehen sein. Und wenn damit Schaden für die AG abgewendet werden kann, dann gilt dieser Beschluss erstmal. Und dann kann noch geklagt werden. Aber soweit ist man hier wohl nicht.

    • @Don Geraldo:

      Was ich auch nicht verstehe: Ein Unternehmen kann eine Spende von einer Million an einen Aufsichtsrat aus sozialen Gründen geben, weil dieser erkrankt ist? Ist das üblich?

  • Hoffentlich regelt der Markt das hier und die Böttcher AG geht pleite.

    • @Dude666:

      Die Böttcher AG verkauft gute Ware zu fairen Preisen. Das zählt für mich und keine üblen Nachreden und existenzbedrohliche Boykottaufrufe.

  • "für soziale Zwecke gespendet – darunter auch 2 Millionen Euro an Winter, der schwer erkrankt sei" - einem Aufsichtsrat mal eben 2 Millionen zugeschoben, der ja auch eine Krankenversicherung für das Grundlegende haben sollte???



    Klingt, pardon, nach einer arg schlecht erfundenen Vernebelung.

    Fair genug darf, solange sie nicht verboten ist, auch die AfD Geld erhalten. Man darf aber auch anderes wählen, als Kunde wie als Wähler m/w/d.

    • @Janix:

      Habe bisher öfter bei Böttcher Büromaterial bestellt. Ab sofort wird das ausgesetzt, Newsletter abbestellt, mal sehen ob auf google maps Bewertungen zu tätigen sind.