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Finanzbildung in der SchuleMit „Planspiel Börse“ ist es nicht getan

Neobroker laden zum Zocken ein, auf Tiktok kursiert der Hashtag #klarnaschulden. Wie man am besten mit Geld umgeht, sollte klausurrelevant sein.

Bevor es von der Inflation ‚aufgefressen‘ wird: Junge Menschen sollten lernen besser mit Geld umzugehen Foto: imago

W ieso steht Finanzbildung eigentlich nicht auf dem Lehrplan der Schulen? Die Nachfrage wäre da! Laut einer Forsa-Umfrage aus 2023 lag der Wunsch nach mehr Unterricht zum Thema „Umgang mit Geld“ mit 85 Prozent knapp auf Platz zwei hinter „Ernährung und Gesundheit“ und vor „Umweltschutz“. Und eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung unter jungen Menschen ergab, dass 78 Prozent der Befragten gerne mehr Wirtschaftsinhalte in der Schule hätten.

Klar, manch einer darf sich durchs eher dröge „Planspiel Börse“ quälen. Bloß ist es damit nicht getan, wenn man – gerade volljährig – auf Online-Handelsplätzen für Aktien, Kryptowährungen und Co mit Derivaten handeln und binnen Sekunden einen Totalverlust erleiden kann.

Doch nicht nur durch riskante Investments lässt sich Geld verlieren. Auf TikTok kursiert der Hashtag #klarnaschulden, der sich auf „Buy now, pay later“-Angebote bezieht, bei denen man bei Anbietern wie eben Klarna meistens einige Wochen Zeit hat, um seine Bestellung zu bezahlen. Ein Kauf auf Pump, den viele mögen: Eine Umfrage der Verbraucherzentrale ergab, dass rund 37 Prozent der befragten Interneteinkäufer in den vorangegangenen 12 Monaten per Rechnung, Ratenkauf oder längerem Zahlungsaufschub geshoppt haben.

Nun führen Schulden nicht gleich in die Privatinsolvenz. Wer aber hier mal ein Shirt, da mal eine Uhr und dort ein neues iPhone kauft und den Überblick verliert, für den wird es eng. Der Schuldneratlas unterscheidet dabei zwischen Schulden und Überschuldung. Nimmt jemand einen Kredit für sein Auto auf und zahlt diesen brav ab, ist alles gut. Als überschuldet gilt, wer seine Raten nicht begleichen kann. Das konnten im letzten Jahr 5,56 Millionen Menschen in Deutschland nicht. Im Durchschnitt steckte jeder von ihnen mit 31.300 Euro in den Miesen. Während die Gesamtzahl der Menschen in Deutschland, die überschuldet sind, leicht zurückging, nahm sie in zwei Altersgruppen zu: bei den über 60- und bei den unter 30-Jährigen.

Zwischen Familienwissen und Finanzguruversprechen

Während es nachvollziehbar – wenn auch scheiße – ist, dass ältere Menschen bei nur marginaler Erhöhung der Rente, Inflation, Wohnungsnot und gestiegenen Energiekosten in die Schuldenfalle gedrückt werden, fragt man sich bei denjenigen unter 30: Wieso verschulden die sich mehr? Hat es womöglich damit zu tun, dass sie nirgendwo lernen, mit Geld umzugehen?

Wir alle befinden uns auf dem Schachbrett des Kapitalismus. Wieso lernen wir nicht frühzeitig, darauf bewusste Züge zu machen?

In einer Studie der Internationalen Hochschule gab eine Mehrheit der befragten ­Gen-Zler an, sich innerhalb der Familie über das Thema Finanzen zu informieren. Doch was, wenn die Familie dieses Wissen nicht hat? Manche landen dann bei Finanzgurus aus dem Netz, die schnellen Reichtum versprechen und sich eigentlich nur sich selbst bereichern wollen.

Im September 2024 nahm die damalige Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) einen Vorschlag der OECD für eine nationale Finanzbildungsstrategie entgegen. Die von ihr und dem ebenfalls FPD-geführten Finanzministerium initiierte Plattform mitgeldundverstand.de erhielt gemischte Reaktionen. Wäre ein Grunderbe für alle jungen Menschen plus finanzielle Schulbildung nicht eine bessere Lösung? Die Schere zwischen Arm und Reich würde womöglich weniger weit auseinanderklaffen.

Jungen Menschen fällt es in (Wirtschafts-)Krisen-Zeiten wie diesen schwer, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Man sollte ihnen daher endlich beibringen, auf dem Schachbrett des Kapitalismus bewusste Züge zu machen.

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Klaudia Lagozinski
Nachrichtenchefin & CvD
Immer unterwegs. Schreibt meistens über Kultur, Reisen, Wirtschaft und Skandinavien. Meistens auf Deutsch, manchmal auf Englisch und Schwedisch. Seit 2020 bei der taz. Master in Kulturjournalismus, in Berlin und Uppsala studiert. IJP (2023) bei Dagens ETC in Stockholm.
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1 Kommentar

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  • Es fehlt ja nicht nur die finanzielle Bildung (die man zum Teil des Mathematikunterrichtes machen könnte, wenn man den Mut dazu hätte). Es fehlt auch an einem guten Chemieunterricht vor der 9. Klasse, an Kenntnissen zur Geschichte und Geographie der Welt, an Informatikkenntnissen (auch Tabellenkalkulations-Fertigkeiten könnte man gut mit finanzieller Bildung kombinieren), an Sprachkenntnissen außerhalb des Englischen (auch das lernt man heute vielleicht schneller durch YouTube als durch klassischen Englischunterricht), an Kenntnissen in Philosophie, Physik und Mathematik (in all dem waren die Deutschen vor dem von den Nazis verursachten großen Brain Drain mal Spitzenreiter).



    Was ich selbst oft feststelle, ist ein mangelndes Interesse der Kids an den Themen. Das liegt zum Teil an einem langweiligen und vollkommen uninspirierten Unterricht, an Schulbüchern, die zum Selbststudium absolut ungeeignet sind (falls man sich doch mal für etwas interessiert), an Aufgabenstellungen, bei denen man sich fragt, ob ein unmotivierter Aufgabensteller nur etwas brauchte, um die Seiten zu füllen. Alles ist zwar jetzt bunt, aber chaotisch und unwichtige Details verdecken das Große Ganze.