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Ferngesteuerte Waffen für die BundeswehrNeuer Streit um Kampfdrohnen?

SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans hält die bisherige Debatte um bewaffnete Drohnen nicht für ausreichend. Die CDU ist dafür, solche Waffensysteme anzuschaffen.

Bloß ein Aufklärer oder bald auch Kampfplattform? Die Drohne Heron 1 Foto: imago images / StockTrek Images

Berlin dpa/afp | In der Regierungskoalition zeichnet sich Streit über die Anschaffung bewaffneter Drohnen ab. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans fordert weitere Beratungen über die vom Verteidigungsministerium geplante Bewaffnung der neuen Bundeswehr-Drohnen.

Walter-Borjans sagte der Süddeutschen Zeitung, er sehe die Voraussetzungen für die vom CDU-geführten Bundesverteidigungsministerium angestrebte Beschaffung noch nicht als erfüllt an. „Zusammen mit großen Teilen der SPD-Mitgliedschaft und vielen anderen friedenspolitisch engagierten Gruppen in unserer Gesellschaft halte ich die bisherige Debatte über bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend“, sagte er der Zeitung.

Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Union verständigt, über die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr erst nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ zu entscheiden. Das Bundesverteidigungsministerium hatte in diesem Jahr mehrere öffentliche Debatten organisiert, woraufhin Ressortchefin Annegret Kramp-Karrenbauer die Entscheidung zur Anschaffung bewaffneter Drohnen fällte.

Walter-Borjans machte nun aber klar, dass er die bisherigen Debatten nicht für ausreichend hält. „Die Grenze zwischen der Verteidigung von Leib und Leben unserer Soldaten und Töten per Joystick ist hauchdünn“, erklärte Walter-Borjans. „Wer eine differenzierte Entscheidung will, muss Sicherheitsstreben und Ethik gleichermaßen ernst nehmen.“

Dies habe die Ministerin „in Coronazeiten nicht nur nicht gewährleistet – sie nutzt den Fokus auf andere Schwerpunkte, um in Rüstungsfragen Fakten zu schaffen“, kritisierte der SPD-Chef. Die vom Ministerium organisierten Diskussionsrunden waren coronabedingt in einem deutlich kleineren und vor allem stark digitalen Rahmen erfolgt.

Dagegen hatte sich die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl (SPD) kürzlich klar für die Bewaffnung der Drohnen ausgesprochen. Der Koalitionsvertrag sei klar, die Diskussion habe stattgefunden und auch die Rahmenbedingungen seien klar, sagte sie.

Das neue Drohnenmodell Heron TP – ein israelisches Fabrikat – ist „bewaffnungsfähig“ und kann zur Beobachtung von Gegnern eingesetzt werden, aber auch zum Angriff. Vor allem in der SPD hatte es lange Zeit erhebliche Bedenken gegen die Bewaffnung von Drohnen gegeben. Kritiker führten wiederholt an, die Hemmschwelle für die Anwendung militärischer Gewalt könne durch eine räumliche Distanz sinken.

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21 Kommentare

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  • Kostengünstig wird das schon . Hat jemand mitgedacht !

    Man braucht nur noch Räume für das Personal.



    Es bietet sich da RAMSTEIN an !



    Ideal.



    Gemeinsam gegen den Rest der Welt

  • Und morgen brauchen wir dann noch eine zweite Bundeswehr zur Sicherung der ersten und spezielle Verteidigungsdrohnen zur Verteidigung der bewaffneten Drohnen im Einsatz und und und. Ein Faß ohne Boden.

  • In der Steinzeit haben sich die Menschen mit Keulen den Schädel eigeschlagen. Im Mittelalter haben sie dann Schwerter und Lanzen benutzt, um ihresgleichen umzubringen. Später kam dann das Schwarzpulver auf den "Markt" und man konnte aus der Distanz seine Gegner mit Schusswaffen "erledigen" - genauso wie noch später mit Bomben und Raketen. Anstatt dass der Homo sapiens sich endlich einmal daran erinnert, weshalb er sich überhaupt "sapiens" nennt, will man die Perversität des Krieges jetzt mit dem Drohnenmodell Heron TP noch perfektionieren. Nun ja, letztendlich geht es wohl wieder um Wirtschaft, denn man muss ja die Handelswege weltweit offen halten, um dem Wirtschaftswachstum noch mehr "Nahrung" zu geben; und die Rüstungsindustrie freut sich natürlich auch. Und wenn man dann mit dem Joystick (Stock der Freude) aus der Ferne unschuldige Menschen umbringt, dann nennt man das wieder einmal Kollateralschaden, der leider nicht zu ändern war.

  • Wie wärs CDU? milliardenteure Killerdrohnen gegen Zustimmung zum minimal erhöhten Rundfunkbeitrag?

  • Was soll das?



    Als ob es "saubere" Waffen geben würde.

  • Kein Problem, nach der Wahl werden grüne Kampfdrohnen entwickelt, mit umweltfreundlichem Elektroantrieb, und CO2 freie Atomwaffen made in Germany :-)

  • diese sogenannte diskussion hätte gar nicht stattfinden müssen da das ergebnis ja sowieso schon fest stand bevor sie begonnen wurde um der entscheidung für die automatisierung des krieges eine scheindemokratische legitimation zu geben



    von entscheidungen über krieg und frieden über die mitgliedschaft in militärbündnissen und die interpretation von militärischen bündnisverträgen oder über die höhe der ausgaben für aufrüstung oder die art der bewaffnung sind die bürger*innen ausgeschlossen



    die militärische gewalt die letztlich die im zweifelsfall entscheidende staatliche gewalt letzter instanz ist -ist keine die noch vom volke ausgeht oder noch von ihm kontrolliert werden könnte.



    für die demokratie bedeutet das dass sie nur noch auf abruf existiert und jederzeit abgeschafft werden könnte.

    gegen schwärme von kampfdrohnen haben zivilist*innen keine chance



    berufssoldat*innen oder sogar söldner*innen werden vielleicht-trotz ihrer abhängigkeit vom sold ,die die moralische autonomie genausogründlich aber mit schlimmeren folgen kompromittiert wie jede andere lohnarbeit -den gehorsam verweigern wenn ihnen befohlen wird auf bürger*innen zu schiessen -von kampfdrohnen ist dies garantiert nicht zu erwarten



    wer auch immer über sie verfügt erlangt damit eine noch grössere und totalere erpressungsmacht als sie die herrscher im zeitalter des absolutismus aufgrund ihrer stehenden heere gehabt haben

    die automatisierung des krieges macht demokratie noch unmöglicher als söldner*innen- armeen und armeen aus festangesstellten berufssoldat*innen sie unmöglich machen.

    die demokratie ist heute nur noch einen ausnahmezustand von ihrer abschaffung entfernt



    denn im ausnahmezustand liesse sie sich nicht mehr sichern

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Wenn alle anderen Drohnen haben, warum nicht Deutschland?



    Ein logisches Gesetzt des Wahnsinns.



    Wo soll das hinführen?



    Ein Wettlauf in den Tod - früher oder später.

  • Ich werde die Aufregung um Kampfdrohnen nie verstehen. Das ist eine sinnvolle "neue" Technologie für die Streitkämpfe, die Soldaten im Verteidigungsfall helfen und unterstützen kann. Auf eine Art und Weise, die andere Waffensystem nicht leisten können.

    Es ist Sache der Politik dafür zu sorgen und festzuschreiben, dass damit aber nicht irgendwelche Ziele "einfach so" neutralisiert werden, wie es die Amerikaner tun.

    Mit klaren Regeln/Richtlinien/Vorgaben/Einsatzbeschränkungen.

  • Norman Mailer - “Pervers“ •

    Mehr gibt es nicht zu sagen.

    • @Lowandorder:

      Seh ich auch genau so.

  • Die Frage ist: was will man mit den Teilen anfangen? Völkerrechtswidrig Menschen ohne Urteil aus der Ferne umbringen? Hoffentlich nicht. Andere Länder im Kampf gegen militanten Extremismus (z.B. in Afrika gegen Islamisten) unterstützen? Dann braucht es Close-Air-Support (das geht am Besten bemannt) und Aufklärung (die muss nicht bewaffnet sein). Wohin will/soll die Bundeswehr? Was sollen ihre Aufgaben sein? Erst wenn diese Frage beantwortet ist, kann man sich überlegen, was man zur Erfüllung dieser braucht.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Luftfahrer:

      Für Close-air-support sind die Dinger ganz gut, die Folgen einer Patrouille, klären auf, sollte es Feindkontakt geben geben sie Luftunterstützung.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Klappt aber nur, wenn der Gegner keine gute Luftabwehr hat. Also vorrangig in Kolonialkriegen...

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @warum_denkt_keiner_nach?:

          Mit Anti-Radarraketen und Luftkampfdrohnen die Luftherrschaft erkämpfen, danach unterstützen die Drohnen.



          Und Kolonialkriege sind das nun wirklich nicht. Da ging es ums Geld verdienen Afghanistan etc.kosten nur.

          • @83379 (Profil gelöscht):

            "Mit Anti-Radarraketen und Luftkampfdrohnen die Luftherrschaft erkämpfen, danach unterstützen die Drohnen."

            Ja, ja die Theorie...

            "Und Kolonialkriege sind das nun wirklich nicht."

            Natürlich sind das neokoloniale Kriege. Kolonialkrieg wurde auch früher schon mit allerlei schönen Worten umschrieben. Das die jetzigen kein Geld abwerfen, liegt nur daran, dass man von einer Niederlage in die Andere taumelt. Kolonialismus ist schwerer geworden.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Mir erschließt sich nicht, warum die Unterstützung anderer Länder im bewaffneten Kampf gegen militanten Extremismus (anders kommt man denen erfahrungsgemäß nicht bei) ein neokolonialer Krieg sein soll. Und Luftabwehr haben die islamistischen Milizen im Nahen Osten und in Afrika nicht, solange ihnen niemand absichtlich welche gibt (*hust* Mudschahidin *hust*).

              • @Luftfahrer:

                Deshalb schrieb ich ja, dass die derzeitigen Drohnen vor allem für Kolonialkriege sind.

                Und die Geschichte mit dem selbstlosen Kampf gegen Extremisten klingt zwar schön, hält aber eine Prüfung nicht stand. Es geht um geostrategische Interessen. Alles andere ist nur Vorwand. Wir haben ja z.B. keinerlei Probleme, den Monarchen am Golf jede Menge Waffen zu liefern. Und diese unterstützen wiederum diverse Extremisten. Mit der Türkei, die sich etliche islamistische Milizen hält, sind wir sogar direkt verbündet.

                PS: Mudschahidin ist gut. Wer hat die wohl in den 80ern mit Luftabwehr versorgt? :-)

                • 8G
                  83379 (Profil gelöscht)
                  @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Jeder Krieg wird aus Interessen geführt das machtveinen Krieg noch nicht kolonial. Und die 80er Jahre sind 40 Jahre her, Bündnisse ändern sich nicht. Man führt in Afghanistan und Irak Krieg gegen Extremisten um die Peripherie ruhig zu stellen, bischen so wie die Römer in Germanien. Es ist aber kein Kolonialer Krieg weil man weder das Land dauerhaft kontrollieren noch ausbeuten will, es geht darum das kleine Kriege klein bleiben und sich nicht ausbreiten.

                  • @83379 (Profil gelöscht):

                    " Man führt in Afghanistan und Irak Krieg gegen Extremisten um die Peripherie ruhig zu stellen..."

                    Der Irak war ziemlich ruhig. Überhaupt konnten Extremisten im nahen Osten und Nordafrika erst an Macht gewinnen, weil der Westen der Meinung war, er dürfte dort bestimmen, wer regiert. Auf eine Feuerwehr, die selbst gelegte Feuer löschen will, kann man verzichten.

                    Und Afghanistan liegt sehr weit weg von unserer "Peripherie". Dazu kommt natürlich, dass auch die Römer schon kein Recht hatten, sich bei ihren Nachbarn einzumischen. Das war imperialistische Kolonialpolitik. Nichts anderes.

                    Ist aber immer wieder nett zu lesen, was es so für Ausreden gibt :-)