FU entzieht Giffey den Doktortitel: Arroganz oder schon Kalkül?

Doktor weg. Deckel drauf. Weiter im Wahlkampf. So lauten die Reaktionen der Berliner SPD nach dem Urteil der FU. Ob die Kandidatin damit durchkommt?

Man sieht Franziska Giffey

Franziska Giffey und Michael Müller Foto: Mike SChmidt/imago

BERLIN taz | Man kann dieser Tage beobachten, wie Krisenmanagement nicht sein sollte. Etwas beleidigt wie die Grünen in ihrer Causa Baerbock. Oder zunehmend schmallippiger wie die SPD in ihrer Causa Giffey.

Kaum hatte die Freie Universität am Donnerstag bekannt gegeben, der SPD-Spitzenkandidatin und Landesvorsitzende Franziska Giffey den Doktortitel endgültig zu entziehen, purzelten schon die Pressemitteilungen ins E-Mail-Fach. Giffey selbst giftete gegen die FU, sie habe ihr noch 2019 bestätigt, „dass es sich bei meiner 2010 mit ‚magna cum laude‘ bewerteten Dissertation um eine ‚eigenständige wissenschaftliche Leistung‘ handelt“.

Als Mann, der nur wenige Worte braucht, ließ SPD-Co-Landeschef Raed Saleh mitteilen: „Die Berliner SPD konzentriert sich mit der Spitzenkandidatin Franziska Giffey auf den Wahlkampf.“ Und weiter: „Nur die Berlinerinnen und Berliner werden entscheiden, wem sie das Rote Rathaus zutrauen.“

Die Botschaft ist klar. Doktor tot, Deckel drauf, der Wahlkampf geht weiter. Wenn das mal nicht schief geht. In den sozialen Medien jedenfalls ist die wohl entscheidende Frage nicht verstummt. Als Ministerin wegen des Plagiats zurücktreten. Aber fürs Rote Rathaus reicht es?

Giffey verschanzt sich

Um diese Frage glaubwürdig zu beantworten, müssten Giffey und Saleh das Gespräch suchen, statt sich hinter Floskeln zu verschanzen. Die Wählerinnen und Wähler haben immerhin ein Recht darauf zu erfahren, welche Maßstäbe Giffey für ihr Regierungshandeln im Bund und auf Landesebene ansetzt. Was das eine mit dem andern zu tun hat oder eben nicht.

Den Spieß umzudrehen und alleine auf die Wähler zu verweisen, ist schlicht und ergreifend arrogant. Aber vielleicht hat man im Kurt-Schumacher-Haus den Schuss noch nicht gehört, dass man 2021 mit Arroganz wohl keine Wahlen mehr gewinnen kann.

Oder aber es steckt noch etwas anderes dahinter. Vielleicht setzt Giffey, die außerhalb des S-Bahn-Rings ihre Stimmen holen will, auch auf antiintellektuelle Ressentiments. Soziale Sicherheit statt nervender politischer (oder akademischer) Korrektheit. Dann wäre sie so etwas wie die Sahra Wagenknecht der Berliner SPD. Nur hat ihr Wagenknecht eines voraus – den Doktortitel.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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