FDP selbstbewusst beim Parteitag: Alles eine Frage der Perspektive

Trotz Wahlniederlagen zeigt sich die FDP auf dem Parteitag selbstbewusst und positioniert sich gegen den vom Kabinett beschlossenen Heizungsaustausch.

Christian Lindner gemeinsam mit Volker Wissing und Nicola Beer auf dem FDP-Parteitag Berlin. Die befinden sich vor einer bunten Leinwand

Wie sieht die Zukunft aus? Christian Lindner mit Par­tei­kol­le­g*in­nen Wissing und Beer Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Ist der E-fuels-Tank halb voll oder halb leer? Die Freien Demokraten entscheiden sich offenbar für die optimistische Variante. Vergangene Landtagswahlen waren zwar ein Desaster und ein erheblicher Teil der Partei fremdelt weiterhin mit der Ampelkoalition. Aber fürs Blockieren von Regierungsvorhaben weiß man sich zu feiern – und das geht offenbar auch nach dem FDP-Bundesparteitag weiter, der von Freitag bis Sonntag in Berlin stattfand.

„Wir kämpfen für den Wert der Freiheit, für wirtschaftliche Vernunft, faire Lebenschancen und ein modernes, nicht linkes Deutschland“, sagte Christian Lindner am Schluss seiner anderthalbstündigen Rede am Freitag. Auf direkte Kritik in Richtung SPD und Grüne verzichtete er weitgehend. Lieber kofferte er gegen die Union: „Jetzt kommt der Bumerang der unsoliden CDU-Finanzpolitik zurück.“

Auch die jüngste Bereitschaft der CDU, den Spitzensteuersatz zu erhöhen und die Erbschaftssteuer zu reformieren, griff er an. Die FDP sieht das nicht als Anlass, die eigene Steuerpolitik zu überdenken. Im Gegenteil. Steuererhöhungen bleiben für die FDP ein No-Go. „Deutschland ist bereits Hochsteuerland“ heißt es im verabschiedeten Leitantrag, der vor allem auf klassisch liberale Themen aus der Wirtschafts- und Finanzpolitik setzt.

Lindner wirft Letzten Generation Gewalt vor

Als neuen Lieblingsgegner hatte sich Lindner die Letzte Generation auserkoren, die parallel in Berlin gegen die deutsche Klimapolitik protestierte. Das Blockieren von Straßen und Autobahnen sei nichts anderes „als physische Gewalt“, sagte Lindner – wobei bis zum Schluss nicht klar wurde, warum friedlicher Protest Gewalt sein soll. Auch Argumente für die Aussage, dass Volker Wissing mehr mache „für den Klimaschutz als die Forderungen der Letzten Generation und der Klimakleber“, blieben aus.

Mit 88 Prozent der Stimmen wurde Lindner erneut zum Parteichef gewählt. Auch die Vizechefs Wolfgang Kubicki und Johannes Vogel wurden bestätigt. Neu dazu kam Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Die bisherige FDP-Vizevorsitzende Nicola Beer soll Deutschland künftig als Vizepräsidentin im Präsidium der Europäischen Investitionsbank vertreten.

Die Niederlagen bei den Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein, NRW, Niedersachsen und Berlin spielten keine Rolle beim Parteitag. Auch die anstehenden Wahlen in Bremen, Bayern und Hessen werden kein leichtes Pflaster. Doch die Tatsache, dass die Bundes-FDP in den Umfragen einen leichten Aufwind hat, verbucht die Partei als Erfolg. 7 bis 8 Prozent sind eben gut, wenn man die Welt von der 5-Prozent-Hürde denkt.

Es gibt schon nächste Blockadevorhaben

Was bei vielen Delegierten gut ankam, waren die jüngsten FDP-Erfolge: Dass E-Verbrenner auch nach 2035 möglich sind oder dass auch Autobahnen schneller ausgebaut werden können. Leidenschaftlich wurde auch das Thema Atomkraft diskutiert. „Eine Modifizierung unserer Ausstiegspläne bei Kohle- und Kernenergie behalten wir uns vor“, heißt es nun im Leitantrag, obwohl erst vor Kurzem der endgültige Ausstieg beschlossen wurde. Ein Antrag der Jungen Liberalen, der den Bau neuer Kraftwerke forderte, fand aber keine Mehrheit.

Dafür gibt es schon das nächste Blockadevorhaben. Per Beschluss verlangten die Delegierten „große Änderungen“ am Gesetzentwurf des Gebäudeenergiegesetzes, den das Kabinett – inklusive Christian Lindner – am vergangenen Mittwoch beschlossen hatte. Das Heizungsverbotsgesetz von Robert Habeck sei ökonomischer Unsinn, „es ist aber auch technisch in weiten Teilen nicht umsetzbar“, kritisierte Bundestagsabgeordneter Frank Schäffler.

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