Expertin über EU-Einigung zu Vorgaben: „Reparieren soll Standard werden“
Die EU-Gremien haben sich auf ein Recht auf Reparatur geeinigt. Was das bringt, erklärt die Expertin Katrin Meyer.
taz: Die EU hat sich auf ein Recht auf Reparatur geeinigt. Was heißt das für Verbraucher:innen?
Katrin Meyer: Momentan ist eine Reparatur häufig eine aufwendigere und teurere Lösung als ein Neukauf. Das muss und soll sich ändern: Reparieren soll günstiger und einfacher sein und damit zum Standard werden. Und zwar ganz egal, ob sich das Gerät noch innerhalb des Gewährleistungszeitraums befindet, in dem ich als Verbraucherin ohnehin einen Anspruch auf Reparatur oder Neulieferung habe, oder danach.
Was soll sich konkret bessern?
Zum Beispiel müssen Hersteller für alle Geräte, die diese Richtlinie umfassen, ein Reparaturangebot machen müssen – auch dann, wenn die Gewährleistung schon abgelaufen ist. Gleichzeitig müssen die Hersteller ihre Ersatzteile auch unabhängigen Werkstätten zur Verfügung stellen, und zwar zu „angemessenen Preisen“. Das ist tatsächlich ein ganz großer Fortschritt. Denn es gibt Produktgruppen, bei denen zwar Ersatzteile verfügbar sind, aber die Hersteller verlangen dafür astronomische Preise. Damit lohnt natürlich keine Reparatur und es kann kein nennenswerter Reparaturmarkt entstehen.
Was ist denn ein angemessener Preis?
Das ist noch nicht klar, denn der endgültige Text der Richtlinie ist noch nicht veröffentlicht. Momentan gehen die Preise jedenfalls sehr auseinander: Ein Dichtungsring für eine Waschmaschine kann 38 Euro, aber auch mehr als 100 Euro kosten. Es gibt eine Studie aus Frankreich, die zu dem Ergebnis kommt, dass eine Reparatur, damit sie für Verbraucher:innen lohnenswert erscheint, nicht mehr als ein Drittel des Neupreises kosten darf.
Wobei ein Drittel des Neupreises bei einem defekten Dichtungsring immer noch ziemlich viel wäre.
ist Geschäftsführerin des Vereins „Runder Tisch Reparatur“, der sich gemeinsam mit Verbänden wie BUND und Deutscher Umwelthilfe für eine Reduktion des Ressourcenverbrauchs und für Maßnahmen etwa zu mehr Langlebigkeit einsetzt.
Genau. Wir hoffen daher, dass die EU-Kommission bei der Ausformulierung der Richtlinie konkrete Schwellenwerte einzieht, zum Beispiel Prozentwerte für bestimmte Arten von Reparaturen. Als Vorlage könnte dabei der französische Reparaturindex dienen. Dort wird der Preis für Ersatzteile schon bewertet. Daran könnte man sich orientieren.
Die Regeln sollen zunächst für neun Produktkategorien wie Smartphones, Waschmaschinen oder Kühlschränke gelten. Welche Produkte sollten schnellstmöglich dazukommen?
Vor allem ist es wichtig, schnell weitere Elektro- und Elektronikgeräte aufzunehmen, da fehlt noch ganz viel. Computer oder Laptops zum Beispiel, aber auch kleinere Haushaltsgeräte wie Kaffeemaschinen oder Haartrockner. Gerade bei diesen kleineren Haushaltsgeräten ist der Neukauf oft unglaublich billig. Ersatzteile sind dagegen nicht zu kriegen und eine Reparatur ist unverhältnismäßig teuer. Das Problem ist allerdings: Der Prozess, neue Produktgruppen hinzuzufügen, wird sich ziehen. Und die Richtlinie gilt immer nur für Produkte, die neu auf den Markt kommen. Also alles, was wir schon zu Hause rumstehen oder -liegen haben, wird sich in Sachen Reparierbarkeit nicht verbessern.
Wann werden erste Effekte der Richtlinie zu spüren sein?
Die Umsetzungszeiträume werden wir erst im finalen Text sehen. Aber ich denke, dass Verbraucher:innen gerade bei den Ersatzteilpreisen schnell Verbesserungen merken werden. Erstens, dass Ersatzteile verfügbar sein werden, und zweitens, dass sie von unabhängigen Werkstätten verbaut werden können. Die Richtlinie erlaubt auch ausdrücklich, dass die EU-Mitgliedstaaten Förderprogramme für die Reparatur auflegen. Aus Österreich ist schon der Reparaturbonus bekannt, in Deutschland gibt es ihn regional in Thüringen. Hier hoffen wir, dass die Bundesregierung diese Möglichkeit für ein bundesweites Bonusprogramm nutzt. Denn ein Reparaturbonus führt nachweislich dazu, dass mehr repariert wird.
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