Europa in der Coronakrise: Ohne Solidarität kein Ausweg
Je dramatischer die Viruskrise verläuft, desto wichtiger ist der Zusammenhalt der EU-Staaten, um sie zu bewältigen.
B isher entsteht in der Coronakrise der Eindruck, dass die meisten europäischen Regierungen im Alleingang handeln, unterschiedlich schnell und drastisch. Je dramatischer die Viruskrise verläuft, desto wichtiger wird der Zusammenhalt der EU-Staaten für die Krisenbewältigung.
Es geht darum, Leben zu retten und dafür die notwendige medizinische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Es beginnt dieser Tage mit der Aufnahme französischer Coronapatienten in Baden-Württemberg und italienischer Patienten in Sachsen. Das ist konkret gelebte europäische Solidarität. Aber deutlich ist auch die Not auf den griechischen Inseln wie Lesbos: Hier leben Zehntausende Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser auf engstem Raum. Wir müssen dringend mehr schutzbedürftige Menschen wie Kinder in Deutschland aufnehmen!
Menschenleben zu retten bedeutet auch, die Beschaffung und die Produktion von Tests, von Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten europäisch zu koordinieren. In Deutschland kann das durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes nun angeordnet werden. Wir haben dabei als großer Industriestandort eine besondere Verantwortung für die EU und darüber hinaus, denn nicht nur viele EU-Mitgliedsstaaten haben keinerlei derartige Produktionskapazitäten.
Menschen zu helfen, geht bei der Pflege weiter. Viele pflegebedürftige Menschen in Deutschland verlieren jetzt ihre osteuropäische Pflegekraft, unter anderem, weil diese die Grenzkontrollen scheut. Der Pflegeverband warnt vor einem Versorgungsnotstand ab Ostern. Die Grenzregelungen müssen deshalb laufend angepasst werden, auch aufgrund der lebenswichtigen Lieferketten im Ernährungssektor.
Franziska Brantner
ist Parlamentarische Geschäftsführerin und Sprecherin für Europapolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Viele Länder ergreifen jetzt staatliche Stützungsmaßnahmen. Doch bald werden die nationalen Maßnahmen in strukturschwachen Ländern wie Italien, Griechenland oder Spanien, die in der Finanzkrise stark an ihren Gesundheitssystemen haben sparen müssen, an ihre Grenzen stoßen, und da ist die EU als Krisenmanager gefragt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin