Eskalation zwischen Israel und Gaza: „Morgengrauen“ endet in Waffenruhe

Im palästinensischen Gaza und in Israel hält der Waffenstillstand. Israels Zivilgesellschaft debattiert über den Kriegsauslöser.

Eine Frau hängt Wäsche zwischen Häuserruinen auf

Im Gazastreifen kehrt wieder der Alltag ein, die Spuren der Eskalation bleiben sichtbar Foto: Suhaib Salem/reuters

BERLIN taz | Nach dreitägigen Kämpfen ist es vorerst vorbei. Die von Ägypten vermittelte Waffenruhe zwischen der Terrororganisation Palästinensischer Islamischer Dschihad und Israel scheint zu halten. Seit Sonntagabend sind keine neuen Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert worden; Israel flog keine weiteren Angriffe auf den Küstenstreifen.

Das israelische Militär hatte am Freitag die Militäraktion „Morgengrauen“ mit Luftangriffen gegen den Islamischen Dschihad im Gazastreifen gestartet. Während der Operation wurden zwei Anführer der Gruppe getötet. Laut israelischem Militär habe der Islamische Dschihad über 1.000 Raketen nach Israel abgeschossen, von denen rund 200 noch innerhalb des Gazastreifens explodiert seien.

Der Islamische Dschihad ist eng mit Israels Erzfeind Iran verbunden und wird von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft.

44 Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen sind laut palästinensischen Angaben während der Militäroperation getötet worden, darunter 15 Kinder. Auf israelischer Seite gab es keine Todesopfer.

Die Hamas hat sich auffällig zurückgehalten

Auf Bedingungen des Islamischen Dschihad zur Waffenruhe, dass Israel kürzlich verhaftete Mitglieder der Gruppe freilassen solle, sei Israel nicht eingegangen, berichtet die israelische Zeitung Times of Israel. Allerdings sei Israel bereit zu weiteren Verhandlungen, auch mit der den Gazastreifen kontrollierenden militanten Organisation Hamas.

Diese hatte sich aus dieser Runde der Kämpfe auffällig zurückgehalten, wohl auch um den Wiederaufbau Gazas nach dem aktiven Konflikt im Mai 2021 und damit die Popularität unter den Be­woh­ne­r:in­nen des Küstenstreifens nicht aufs Spiel zu setzen.

Der Kriegszustand ist vorerst vorbei, doch innerhalb der israelischen Zivilgesellschaft sorgt der Auslöser der Eskalation für Diskussionen. Lapid hatte den Angriff von Zielen des Islamischen Dschihad als „Präventivschlag“ bezeichnet und von „konkreten Bedrohungen“ an der Grenze zum Gazastreifen gesprochen. Konkreter wurden diese Bedrohungen allerdings nicht.

Kri­ti­ke­r:in­nen des Krieges protestierten am Sonntag in vielen Städten Israels gegen den Krieg. „Stop the War“ oder „Stop the Israeli Aggression“ war auf den Schildern in Haifa, Tel Aviv und in der arabischen Stadt Umm el-Fahm im Norden Israels zu lesen. Für die Kri­ti­ke­r:in­nen ging die Initiative für diesen Krieg von Israel aus.

Hat die Eskalation etwas mit dem Wahlkampf zu tun?

„Vergangene Angriffe auf Gaza kamen für gewöhnlich infolge von Raketenbeschuss aus Gaza oder von anderen Umständen, die Israel vermeintlich keine Wahl ließen“, erklärt Ori Givati von der Nichtregierungsorganisation Breaking the Silence, die Menschenrechtsverletzungen an Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen durch israelische Sicherheitskräfte aufzeigen will. „Dieses Mal ist es recht eindeutig, dass die Aggression von Israel ausging, deswegen ist es für einige Menschen leichter, dagegen auf die Straße zu gehen.“

Anonym bleibende hochrangige Beamten zeichnen laut Times of Israel ein anderes Bild: Der Islamische Dschihad, und vor allem die beiden getöteten Kommandanten, hätten geplant, ihre „Operationen gegen Israel zu intensivieren“.

Dass die Operation auch mit innenpolitischen Erwägungen zusammenhängt, bezweifelt Givati nicht: „Wie sehr der Wahlkampf hier eine Rolle gespielt hat oder ob Druck vom Militär den Auslöser gegeben hat, ist allerdings Spekulation.“

Yair Lapid hat mit dem Kollaps der Regierung im Juni den Posten des Interim-Ministerpräsidenten übernommen. Einige Israelis glauben, dass er versucht, für die anstehenden Neuwahlen im November in der israelischen Gesellschaft zu punkten, indem er harte Hand gegenüber Gaza zeigt.

Explosion im Geflüchtetenlager Jabaliya in Nord-Gaza

Weitere Spekulationen löste eine Explosion im Geflüchtetenlager Jabaliya im nördlichen Gazastreifen aus, deren Ursache vorerst ungeklärt bleibt. Bei dieser wurden mehrere palästinensische Zivilist:innen, unter ihnen vier Kinder, getötet.

Das israelische Militär hatte Samstag früh ein Video gepostet, in dem es nahelegte, dass die Rakete, die auf Jabaliya fiel, ein fehlgeleitetes Geschoss aus den Händen des Islamischen Dschihad war. Palästinensische Medien machten wiederum Israel für die Explosion verantwortlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.