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Erneuerbarer WasserstoffAus Rot mach Grün

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Grün soll unter Umständen auch der Wasserstoff heißen dürfen, der mithilfe von Atomstrom hergestellt wurde. Besser wäre ein Ausbau der Erneuerbaren.

Von hier soll Strom für die Wasserstoffproduktion kommen: Akw im Saint-Paul-Trois-Chateaux Foto: Eric Gaillard/reuters

D ie EU ist bei dem Wort „grün“ bekanntermaßen flexibel. Viele Investitionen in Erdgas und Atomkraft darf man als grün verkaufen, so hat die EU es im vergangenen Jahr in ihrer sogenannten Taxonomie für nachhaltige Finanzen festgeschrieben, den vielen Treibhausgasemissionen und dem vielen Atommüll zum Trotz.

Jetzt will die EU-Kommission die logische Konsequenz beim Wasserstoff ziehen: Grün soll man den unter Umständen auch nennen dürfen, wenn er gar nicht mithilfe von erneuerbaren Energien hergestellt wurde, sondern auf Basis von Atomstrom. Einfach entscheiden kann die Kommission das zwar nicht, es bräuchte aber breite Mehrheiten im EU-Parlament und im Ministerrat der EU-Mitgliedsstaaten, um das Vorhaben aufzuhalten. Die sind nicht zu erwarten.

Eigentlich ist für solchen Wasserstoff aus Atomstrom bisher eine ganz gegenläufige Bezeichnung üblich, nämlich „rot“. Dass sich das trotz Strahlengefahr und Atommüll jetzt ändern soll, ist ein Zugeständnis an Frankreich mit seinen vielen Atomkraftwerken und der verschlafenen Energiewende. Immerhin sind Auflagen vorgesehen: Netzbetreiber müssen einen langfristigen Kaufvertrag für erneuerbaren Strom in der Region abgeschlossen haben, damit es doch noch vorangeht mit der Energiewende. Das ist dringend nötig – für den Wasserstoff, aber auch für den sonstigen Strombedarf.

Wasserstoff hat einen Spitznamen, vom „Champagner der Energiewende“ ist in der Ökoszene oft die Rede. Die Botschaft: Es geht um ein knappes und wertvolles Gut, das nicht zu jedem Anlass in die Gläser fließen kann. Es ist nachvollziehbar und auch mehr als sinnvoll, die Kapazität ausbauen zu wollen. Grüner Wasserstoff wird zentral, um beispielsweise die Industrie klimafreundlich zu machen.

Dafür brauchen wir aber in erster Linie einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien, kein Greenwashing der Atomkraft. Außerdem ist es wichtig, im Blick zu behalten: Nicht für jeden Zweck, zu dem man Wasserstoff theoretisch einsetzen könnte, wird es praktisch sinnvoll sein – etwa im Autoverkehr.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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8 Kommentare

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  • Eine Gesellschaft kann sich gegen die Nutzung der Atomkraft entscheidet, aber doch nicht von anderen das gleiche verlangen!



    Ebenso wenig ist es realistisch in europäischen Verbundsystemen eigentlich standardisierte Produkte durch nicht messbare Bewertungen zu differenzieren.



    Es geht doch um pragmatischen Umweltschutz und nicht puristische Ideologie.

  • "Grüner Wasserstoff wird zentral, um beispielsweise die Industrie klimafreundlich zu machen."



    Und außerdem wird der "Champagner der Energiewende" dafür gebraucht, dass Wärmepumpen auch im Winter heizen:



    www.ingenieur.de/f...esst-stromluecken/



    Wenn es ihn denn gibt. Notfalls machen wir den Wasserstoff eben mit Braunkohle oder Atomstrom!!!

  • Aus Qualfleisch wird Tierwohl, aus Umweltzerstörung grüner Strom. Nachdem der Klimawandel eskaliert ist und niemand radikal umsteuern will (Umstellung auf vegane Ernährung, Konsum- und Produktionsverzicht), ist das die logische Konsequenz, um noch ein grünes Fähnchen im Wind schwingen zu können .

    In Kauf genommen werden dafür zahlreiche Tote, untergehende Inselstaaten, eine Vervielfachung der Geflüchteten (die eben an sichtbaren oder verdeckten Mauern scheitern sollen), die bereits errichtet und ausgebaut werden.

    Derweil beklagt sie die Gewalt derjenigen, die sich auf Straßen festkleben ...

    • 6G
      654782 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Aus verantwortungsvoller Teilhabe an der Gesellschaft wird zynischer Rückzug unter Palmen, aus Tier- und Umweltschutzforderungen wird leeres Gerede.

    • @PolitDiscussion:

      "Untergehende Inselstaaten", beschreien sie zu Lebzeiten. Naja, die Angelsachsen haben es nicht besser verdient. (Wobei sich die Frage ergibt, ob der Doktor des notorischen Niedersachsen dann noch gültig bleibt.)

  • Ausbau der Erneuerbaren sollte wirklich nochmal diskutiert werden. Hier auf dem Land wir gerade gefühlt jeder zweite Acker zum Solarfeld. Es sieht Scheisse aus und es verbaucht dermaßen Boden ... WTF. Sollen wir Sonne essen? Sollen wir die Seele an mit Hochsicherheitsdraht verstrickten Metallfeldern baumeln lassen? Deutschland ist ein scheisskleines Land, das macht in meinen Augen gar keinen Sinn. Und dann soll auch noch mehr Wohnraum gebaut werden - also noch mehr Flächenfrass. Solar aufs Dach wäre eine Sache. Genaue Analyse wo wir überall Strom verbrauchen und dann Diskussion darüber was sein muss und was nicht. Ich hab keinen Bock drauf für den Wohlstandsstrom aller dauerhaft im Industriegebiet zu leben.

    • @emmicam:

      Wenn Sie um Flächenverbrauch besorgt sind, informieren Sie sich doch mal darüber, wieviel landwirtschaftliche Fläche für Futtermittelproduktion verwendet wird. Und dann stellen Sie die Zahlen der Fläche von durch Solarstromproduktion verdrängte Landwirtschaft daneben. Dann sehen Sie schnell, wo wir ansetzen sollten. Aber das wollen Sie ja gar nicht.

      • @Ebenenwanderer:

        Eine beliebte Argumentationslinie, obwohl es ja etwas Äpfel mit Birnen vergleichen ist...

        ...gegen den Flächenverbrauch durch Futtermittelproduktion hilft in erster Linie je nach Ambition eine gesunde Fleischreduzierte/Vegetarische/Vegane Lebensweise und keine Freiflächen-PV-Anlagen.

        Nur im Einzelfall finde ich Freifläche sinnvoll. Bei uns im Ort soll eine Waldbeerplantage mit PV teilüberdacht werden. Solch eine echte Koppelnutzung finde ich überlegenswert, wobei die einzuzäunende Fläche von 20 ha schon eine Hausnummer ist.

        Nun ja, von nix kommt halt auch nix.

        by the way (wie Inga Rumpf so schön sagte): mit höchstens 10 AKW- Standorten in Deutschland könnte trotz Kohleausstieg der erforderliche Ausbau der PV weiterhin größtenteils mit Dachanlagen erfolgen.