Natürliche Wasserstoff-Vorkommen: Schlummernder Energieträger

Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Ein Zufallsfund in Mali zeigt, dass er nicht aufwändig produziert werden muss

Eine Eisenbahn in der Abenddämmerung

Große Zukunftshoffnungen: Ein mit Wasserstoff betriebener Zug in der Nähe von Frankfurt am Main Foto: Michael Probst/ap

CHIANG MAI taz | Die Industrie wird künftig auf Wasserstoff angewiesen sein. Aber noch ist dessen Produktion sehr energieaufwändig. Da wäre es praktisch, wenn man grünen Wasserstoff einfach aus dem Boden pumpen könnte. Utopisch? Keineswegs, denn vermutlich ist der begehrte Wasserstoff doch häufiger in reiner Form zu finden als bislang gedacht.

Es sind zwei Mechanismen bekannt, bei denen Wasserstoff ohne menschliche Beihilfe freigesetzt wird. Wenn Wasser in der Erdkruste unter hohem Druck und bei über 200 Grad mit eisenhaltigem Gestein in Berührung kommt, wird das Eisen oxidiert. Das Eisen schnappt sich sozusagen das Sauerstoffatom des Wassers, reiner Wasserstoff bleibt übrig. Auch radioaktive Strahlung im Erdinneren kann Wassermoleküle in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten.

An manchen Stellen könnte so viel Wasserstoff „produziert“ werden, dass er sich auch wirtschaftlich nutzen ließe. Darauf deutet eine Zufallsentdeckung aus dem westafrikanischen Staat Mali hin. 1987 sollte dort bei einem Dorf namens Bourakébougou ein Brunnen gebohrt werden. Doch das Bohrloch war trocken. Dafür entströmte dem Loch ein geruchloses Gas. Als sich ein Arbeiter dem Loch mit einer Zigarette näherte, kam es zu einer Explosion und das Loch brannte tagelang, bis es gelöscht werden konnte.

5 Millionen Tonnen H2

2007 ließ der malische Geschäftsmann und Politiker Aliou Diallo das Gas aus dem Bohrloch untersuchen. Es stellte sich heraus, dass es zu 98 Prozent aus Wasserstoff besteht. Seither hat Bourakébougou Elektrizität, die mit einem wasserstoffbetriebenen Generator erzeugt wird. Diallo hofft, mit seiner Firma Hy­droma in Zukunft wirtschaftlich nutzbare Mengen an Wasserstoff fördern zu können. Basierend auf diversen Probebohrungen schätzt er, dass rund um Bourakébougou fünf Millionen Tonnen Wasserstoff auf die Nutzung warten.

Mittlerweile ist Diallo nicht mehr der Einzige, der auf die Förderung von natürlich vorkommendem Wasserstoff hofft. Auch in den USA, Australien, Spanien und Island gibt es Start-ups, die nach dem begehrten Gas suchen, das ein wesentlicher Bestandteil der Energie- und auch Verkehrswende ist. Eine Übersichtsstudie von 2021 schätzt, dass weltweit jedes Jahr mindestens 23 Millionen Tonnen Wasserstoff in reiner Form freigesetzt werden, also rund ein Drittel der aktuellen Produktionsmenge. Im Gegensatz zu Öl und Gas sei Wasserstoff eine „erneuerbare Energiequelle“, denn „die natürlichen Prozesse, die Wasserstoff produzieren, sind seit der Urzeit aktiv und werden auch in Zukunft noch Millionen von Jahren andauern“. Aus dem Bohrloch in Mali strömt seit über zehn Jahren kontinuierlich Wasserstoff aus der Erde.

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