Erfolgreiche AfD-Klage gegen Merkel: Es ist so einfach
Das Karlsruher Urteil gegen Merkel ist vertretbar. Unverändert können Regierungsmitglieder vor der AfD warnen – wenn sie sich an eine Regel halten.
W ieder einmal hat die AfD beim Bundesverfassungsgericht gewonnen, weil sich Regierungsmitglieder nicht an die vom Gericht postulierte Neutralitätspflicht gehalten haben. Dass nun auch die damalige Kanzlerin Angela Merkel gemaßregelt wird, kommt also nicht überraschend.
Überraschend ist eher, dass der strikte Neutralitätskurs im Gericht zu bröckeln beginnt. Immerhin drei der acht zuständigen Richter:innen wollten die AfD-Klage diesmal ablehnen. Eine neue Richterin schrieb sogar ein fulminantes Minderheitsvotum, in dem sie die Neutralitätspflicht für Regierungsmitglieder generell ablehnte.
Tatsächlich gibt es gute Argumente gegen die etwas weltfremden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es ist doch nicht undemokratisch, wenn die Kanzlerin oder ein Minister die Bevölkerung aufrufen, nicht die AfD zu wählen oder sogar gegen die Partei zu demonstrieren. Das ist politische Führung und dafür ist die Regierung gewählt. Die Bürger:innen sind eher irritiert, dass Karlsruhe so etwas verbietet. Allerdings schadet die Karlsruher Rechtsprechung auch nicht, denn sie ist eher symbolisch. Letztlich können auch Regierungsmitglieder vor der AfD warnen, so viel sie wollen – wenn sie jedes Mal dazu sagen, dass sie nun als Parteipolitiker:in oder als Privatperson sprechen. Die Regel ist ganz einfach, man muss sich nur daran halten.
Es kann ja wohl nicht sein, dass das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung ändern muss, nur weil es die Regierungsmitglieder nicht schaffen, eine einfache Regel zu befolgen. Dies wäre weder für die Akzeptanz des Gerichts noch für die Akzeptanz der Demokratie förderlich.
Im Gegenteil dürfte ein gelegentlicher symbolischer Erfolg der AfD in Karlsruhe sogar die Bereitschaft der AfD-Anhänger:innen erhöhen, das Bundesverfassungsgericht auch in anderen Fragen zu akzeptieren, etwa wenn es um die Zulässigkeit von Coronamaßnahmen oder die Rechte von Migrant:innen geht.
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