Energieversorgung in Deutschland: Verwirrung um Gas aus Russland
Eine Turbine für Nord Stream 1 kommt aus Kanada zurück. Die Ostseepipeline liefert aber erst mal wegen Wartungen kein Erdgas mehr.
Einerseits kündigte Kanada an, die Lieferung einer gewarteten Turbine der Erdgaspipeline Nord Stream 1 aus Montréal trotz der Sanktionen gegen Russland zu ermöglichen. Dazu werde Kanada „eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Erlaubnis“ an Siemens Canada geben, sagte der zuständige Minister Jonathan Wilkinson am Samstag.
Damit die Sanktionsregeln umschifft werden können, soll die Turbine nun aus Kanada erst nach Deutschland und anschließend nach Russland geliefert werden. Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte im Juni die Liefermenge durch Nord Stream 1 deutlich gedrosselt – und das auch mit dem Fehlen der Turbine begründet.
Die Bundesregierung hatte das öffentlich angezweifelt und behauptet, Russland nutze im Krieg seine Energielieferungen als Waffe. Derzeit ist die Leitung laut Bundesnetzagentur nur zu etwa 40 Prozent ausgelastet. Der Kreml kündigte zwar am Freitag an, im Fall einer Rückkehr der Gasturbine aus Kanada die Energielieferungen durch Nord Stream 1 wieder hochfahren zu wollen.
Wartungsarbeiten stellen eine Unsicherheit dar
Ob das aber wirklich passiert, ist nicht eindeutig. Eine weitere Unsicherheit stellen die nun anstehenden Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 dar: Die Bundesregierung hatte immer wieder angezweifelt, ob der Gashahn nach den Reparaturen wieder aufgedreht wird. Schließlich hat Russland bereits die Lieferungen für mehrere Länder eingestellt.
Die zuletzt wichtigste Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland wird am Montagmorgen zur jährlichen Inventur abgeschaltet. Laut der Betreibergesellschaft Nord Stream AG sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern. Es gehe um eine Überprüfung und gegebenenfalls Instandsetzung oder Kalibrierung etwa der Stromversorgung, des Brand- und Gasschutzes sowie bestimmter Ventile.
Gasversorger verkaufen wieder Gas aus ihren Speichern
Wegen der vielen Unklarheiten setzt Habeck auf Vorsorge: Dabei gehe es um die Füllung der Gasspeicher, die Rettung der hiesigen Gasversorger und Einsparungen bei Bürgern, Firmen oder in Verwaltungsgebäuden. Die von der Regierung bereitgestellten 15 Milliarden Euro für den Ankauf von Flüssigerdgas (LNG) könnten möglicherweise nicht ausreichen, um Deutschlands Gasspeicher auf die erhofften 80 Prozent im Oktober zu füllen, sagte der Minister. Und kritisierte, dass einige Gasversorger sogar wieder Gas aus ihren Speichern verkauften, was jedoch legal sei.
„Auch wenn wir in keine Gasnotlage kommen, bleibt das Gas teuer“, sagte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller dem Focus. Die Folgen der aktuellen Gasknappheit seien preislich bei den Verbrauchern noch nicht angekommen. Eine Familie könne schnell mit 2.000 bis 3.000 Euro mehr im Jahr belastet werden.
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