Energie-Geschäfte mit Putin: Habecks Öl-Erfolg
Ein deutsches Öl-Embargo wird den Krieg nicht stoppen und ist dennoch richtig. Es würde die Kosten für Putin empfindlich in die Höhe treiben.
J a, Russland bezahlt seine Armee in Rubel, die Präsident Wladimir Putin jederzeit drucken lassen kann, nicht mit den Euros aus dem Energie-Geschäft mit Deutschland. Versiegen die Devisen, führt das also nicht unmittelbar dazu, dass die Soldaten aus Protest über ihr ausbleibendes Gehalt nicht mehr zur Arbeit gehen und der Krieg einfach endet. Die naive Annahme, dass es anders wäre, unterstellen Kritiker:innen eines Energie-Embargos gern dessen Befürworter:innen. Dabei geht es doch darum, sich klar auf die Seite der angegriffenen Ukraine zu stellen und die Kosten des Kriegs für Putin hochzutreiben.
Ein Ausbleiben der Devisen schwächt Russlands Wirtschaft. Stellen Länder ihre Lieferketten für Öl, Kohle und Gas um oder – noch besser – werden durch Energiewende und Energiesparen klimaneutral und unabhängig von jeglichen fossilen Energieträgern, ist das ein Problem für Putin.
Ein Öl-Embargo sei jetzt für Deutschland „handhabbar“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag in Warschau nach Gesprächen mit der polnischen Klimaministerin Anna Moskwa. Es sei nur noch eine Frage von Tagen, bis auch für den letzten Rest des russischen Öls Ersatz gefunden sei. Das ist ein großer Erfolg für Habeck, der noch vor wenigen Wochen davon ausgegangen war, dass dieser Punkt erst Ende des Jahres erreicht sein werde. Der Besuch in Polen dürfte das letzte Teil im Puzzle gewesen sein. Polen hilft Deutschland, Öl für die Raffinerie in Schwedt zu organisieren, die mehrheitlich dem russischen Rosneft-Konzern gehört und Endpunkt der russischen Druschba-Pipeline ist.
Die passende Drohgebärde aus Moskau kam prompt: Russland hat über Nacht die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien gestoppt. Offizielle Begründung ist die Weigerung, für den Rohstoff plötzlich in Rubel zu zahlen, wie Russland das kürzlich verlangt hat. Es liegt aber nahe, dass der Schritt auch ein Vergeltungsschlag in Richtung Warschau ist. Und natürlich eine Warnung an Berlin: Wir machen Ernst. Während Polen und Bulgarien angeben, ihre Versorgungssicherheit sei nicht gefährdet, würde ein Gas-Lieferstopp Deutschland massiv treffen.
Den Rohstoff plötzlich von woanders zu importieren, ist noch schwerer als beim Öl und wird wohl nicht vollständig gehen. Die Hälfte des deutschen Gases kommt traditionell aus Russland, mehr als es beim Öl jemals war. Also jetzt ein Kurswechsel, um die Lieferungen nicht zu gefährden? Nein. Ein entsprechender Notfallplan ist bereits eingesetzt. Ein Strategie-Hopping ist das falsche Signal. Das richtige: Wer einen Krieg startet, ist kein passender Geschäftspartner mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen