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Energie-Geschäfte mit PutinHabecks Öl-Erfolg

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Ein deutsches Öl-Embargo wird den Krieg nicht stoppen und ist dennoch richtig. Es würde die Kosten für Putin empfindlich in die Höhe treiben.

Habeck hält ein Öl-Embargo für „handhabbar“ Foto: Lisi Niesner/reuters

J a, Russland bezahlt seine Armee in Rubel, die Präsident Wladimir Putin jederzeit drucken lassen kann, nicht mit den Euros aus dem Energie-Geschäft mit Deutschland. Versiegen die Devisen, führt das also nicht unmittelbar dazu, dass die Soldaten aus Protest über ihr ausbleibendes Gehalt nicht mehr zur Arbeit gehen und der Krieg einfach endet. Die naive Annahme, dass es anders wäre, unterstellen Kri­ti­ke­r:in­nen eines Energie-Embargos gern dessen Befürworter:innen. Dabei geht es doch darum, sich klar auf die Seite der angegriffenen Ukraine zu stellen und die Kosten des Kriegs für Putin hochzutreiben.

Ein Ausbleiben der Devisen schwächt Russlands Wirtschaft. Stellen Länder ihre Lieferketten für Öl, Kohle und Gas um oder – noch besser – werden durch Energiewende und Energiesparen klimaneutral und unabhängig von jeglichen fossilen Energieträgern, ist das ein Problem für Putin.

Ein Öl-Embargo sei jetzt für Deutschland „handhabbar“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag in Warschau nach Gesprächen mit der polnischen Klimaministerin Anna Moskwa. Es sei nur noch eine Frage von Tagen, bis auch für den letzten Rest des russischen Öls Ersatz gefunden sei. Das ist ein großer Erfolg für Habeck, der noch vor wenigen Wochen davon ausgegangen war, dass dieser Punkt erst Ende des Jahres erreicht sein werde. Der Besuch in Polen dürfte das letzte Teil im Puzzle gewesen sein. Polen hilft Deutschland, Öl für die Raffinerie in Schwedt zu organisieren, die mehrheitlich dem russischen Rosneft-Konzern gehört und Endpunkt der russischen Druschba-Pipeline ist.

Die passende Drohgebärde aus Moskau kam prompt: Russland hat über Nacht die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien gestoppt. Offizielle Begründung ist die Weigerung, für den Rohstoff plötzlich in Rubel zu zahlen, wie Russland das kürzlich verlangt hat. Es liegt aber nahe, dass der Schritt auch ein Vergeltungsschlag in Richtung Warschau ist. Und natürlich eine Warnung an Berlin: Wir machen Ernst. Während Polen und Bulgarien angeben, ihre Versorgungssicherheit sei nicht gefährdet, würde ein Gas-Lieferstopp Deutschland massiv treffen.

Den Rohstoff plötzlich von woanders zu importieren, ist noch schwerer als beim Öl und wird wohl nicht vollständig gehen. Die Hälfte des deutschen Gases kommt traditionell aus Russland, mehr als es beim Öl jemals war. Also jetzt ein Kurswechsel, um die Lieferungen nicht zu gefährden? Nein. Ein entsprechender Notfallplan ist bereits eingesetzt. Ein Strategie-Hopping ist das falsche Signal. Das richtige: Wer einen Krieg startet, ist kein passender Geschäftspartner mehr.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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18 Kommentare

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  • Wenn ich es korrekt begreife, hat Russland auch kurzfristig kein Problem sein Öl lukrativ an andere Länder zu verkaufen. Es wird mit Öltankern durch die Welt gefahren. Ein Ölboykott ist also reine Symbolpolitik.



    Nur ein sofortiger Erdgasstopp würde Russland treffen, da es lange dauern würde alternative Gasleitungen (nach China?) zu bauen. Das würde Russland ökonomisch in die Knie zwingen. Wahrscheinlich aber auch Deutschland und dann die EU.



    China wird auf jeden Fall der lachende Dritte sein.

    • @Ignaz Wrobel:

      Mehr noch.. Indien und China haben Energiehunger und sind froh für das freiwerdende Öl. Russland kann so Indien abhängig machen vom russichen Öl. Wollen wir das ? Frieren für Indien?

      Guter Artikel aus der Süddeutschen.

      www.sueddeutsche.d...en-putin-1.5549879

  • Das Drucken von mehr Rubel würde aber dafür für höhere Inflation sorgen. Und mit Euro und Dollar kann Putin andere Aktivitäten finanzieren.

  • Und jetzt noch ein sinnvolles Tempolimit, dann klappt das doch locker!?

  • Habeck macht einen guten Job. Sehr pragmatisch und lösungsorientiert.

    • @nutzer:

      Nun, das alleine würde nicht reichen. Vor allem scheint er langfristig sinnvoll zu agieren, genau das unterscheidet ihn von Fossil-Kumpel Altmaier, u.a. wegen dem Deutschland ja überhaupt in diese Situation kam.

    • @nutzer:

      Welche "Lösungen" können sie denn erkennen? Außer Verkündungen, wir wollen nicht mehr beim Russen kaufen, Deutschland brauche ja eh keine Energie/Industrie und Aufforderungen den Gürtel enger zu schnallen kam da nix.



      Keinerlei Erklärung, woher die Energie denn kommen soll. Die Reise zum Kaida-Sponsor und der politischen Heimat der Hamas war auch eine reine Luftnummer. Katar hat all sein Gas längst langfristig verkauft. Mehr als eine unversteuerte Rolex oder ein WM-Ball als Souvenir war da nie zu holen.

      • @darthkai:

        Er hat Demokratien und Autokratien bereist. Im Schnitt moralisch besser als die Energie aus einem neofaschistischen Atommachtstaat.

  • "Die passende Drohgebärde aus Moskau kam prompt: Russland hat über Nacht die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien gestoppt. "

    Allein schon die Ansage gestern hat den Gaspreis um 17% hochgetrieben. Die wegfallenden Liefermengen an Polen und Bulgarien sind unbedeutend; Russland wird jetzt also mehr Geld mit seinen Gasverkäufen verdienen. Und wenn er damit durchkommt, wird Putin den europäischen Gasmarkt weiter zerrütten und manipulieren, so dass der Preis dafür (auch der volkswirtschaftliche) für Deutschland am Ende höher ausfallen wird wie bei einem schnellen und glasklaren Schnitt (Embargo). Der einzige "Mehrwert" dafür, dass man "zur Vermeidung wirtschaftlicher Folgen" vor Putin einknickt: Zu den wirtschaftlichen Folgen kriegt man den politischen Schaden obendrauf.

  • "Wer einen Krieg startet, ist kein passender Geschäftspartner mehr".

    Also kein Öl mehr aus Saudi-Arabien?

    • @Katev :

      Auf die 1,7% könnten wir verzichten. Auf die Unterstützung der Ukraine gegen den Putinfaschismus nicht.

    • @Katev :

      ...richtig, aber da müsste man sehr viele Länder meiden..welches Land hat noch keinen Krieg begonnen?...ehrlicherweise gibt es wohl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera... und geht es gerade um diese aktuelle brenzlige Situation...



      wünschenswert wäre eine nationale, besser noch EU weite Kraftanstrengung zu: bis Ende des Jahres läuft alles über erneuerbare...Wunschdenken?



      Vielleicht muss man Unerhörtes denken und sich nicht von: das geht nicht- abbringen lassen....



      Andere Überlegung: kann man eigentlich EU weit irgendwie einen Energietauschring o.ä. organisieren, wo laufend ein Land dem anderen aushilft, wo es gerade hakt?

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Es sei nur noch eine Frage von Tagen, bis auch für den letzten Rest des russischen Öls Ersatz gefunden sei.""



    ==



    1..Kohleimporte aus Russland laufen spätestens im Juli - August aus.



    2..Wie von Susanne Schwarz beschrieben hängt der Rest des Importstops für Öl aus Russland an der Raffinerie in Schwedt, die mehrheitlich dem russischen Rosneft-Konzern gehört. Schwedt war/ist zuständig für allein 12% der Ölimporte. Hier wird ein Ölimporteur gesucht der die gleiche Rohölqualität liefern kann wie sie in Schwedt



    zur Verarbeitung benötigt wird.



    3..Zwischen Mitte Februar und Ende April ist der Füllstand der Gasreserve um 8% auf knapp 33% gestiegen.

    Chapeau für Habeck - damit hat sich auf einen Schlag fast die gesamte Kritik der Partei "Die Linke" an der Energie- Importpolitik der Bundesregierung erledigt - die wie man normalerweise annehmen sollte nicht den haarsträubenden brutalstmöglichen agressiven Imperialismuskrieg Rußlands kritisiert - sondern die Importpolitik der Regierung - wobei die Partei "Die Linke" diejenigen bis zum 24. Februar waren, welche an Northstream I und II am längsten festgehalten hatten.

  • "Wer einen Krieg startet, ist kein passender Geschäftspartner mehr."

    Also auch kein Gas aus Katar?

    • @Rolf B.:

      Nicht vom russischen Vernichtungsfeldzug ablenken bitte!

    • RS
      Ria Sauter
      @Rolf B.:

      Wie ist es mit Frackinggas aus den USA?

    • @Rolf B.:

      Welchen Krieg hat Qatar gestartet? Die haben sich bei der Intervention im Jemen beteiligt da war schon Krieg, unterstützen die offizielle Regierung im Libyen-Krieg und waren an der Intervention gegen den IS beteiligt. Einen Krieg angefangen haben die nie...

      • @Machiavelli:

        Sehr richtig. Es ist eine durchsichtige rhetorische Figur, Dinge gleichzusetzen nur weil es in Teilbereichen Ähnlichkeiten oder Gemeinsamkeiten gibt. Damit soll abgelenkt und relativiert werden. Putin ist der größte Kriegstreiber in Europa nach dem 2.Weltkrieg und wir sind mit bedroht. Punkt.