Endlager für Atommüll: Gewerkschafter gegen Schacht Konrad
Der Widerstand gegen das geplante Atommüllendlager wird stärker. Eine Unterschriftenaktion soll der Kampagne mehr Aufmerksamkeit bringen.
Seit 2007 baut der Bund das frühere Eisenerzbergwerk Konrad in Salzgitter zum nationalen Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus. Es soll ab 2027 mit bis zu 303.000 Kubikmetern Atommüll befüllt werden. Ein vergleichendes Suchverfahren wie derzeit beim Endlager für hochradioaktiven Müll gab es nicht. Die Baukosten sind von 900 Millionen auf derzeit 4,2 Milliarden Euro gestiegen.
Im April haben die Umweltverbände BUND und Nabu beim Umweltministerium Niedersachsen beantragt, dass die Baugenehmigung zurückgenommen wird. Die damaligen Pläne und Gutachten entsprächen nicht dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik. Die bundesweite Unterschriftenaktion soll den Druck erhöhen. Neben Bürgerinitiativen und Umweltgruppen, Kommunen und Verbänden wie dem Landvolk mischen auch die Gewerkschaften in der Region aktiv in der Kampagne mit.
Bei VW in Salzgitter kommen in wenigen Tagen mehr als 2.100 Unterschriften zusammen. „In den Gesprächen haben wir festgestellt, dass viele Unterzeichnende es klasse finden, dass der Widerstand gegen Schacht Konrad wieder so präsent in der Öffentlichkeit ist“, sagt Jessica Knierim, stellvertretende Vertrauenskörperleiterin im Werk.
Metallgewerkschafter Matthias Wilhelm moniert, dass die Auswirkungen eines atomaren Endlagers auf die ansässigen Großbetriebe wie die Salzgitter AG und VW überhaupt noch nicht untersucht wurden: „Es ist absurd und verantwortungslos, ein Atommülllager mitten in einem Industriegebiet neben Störfallbetrieben errichten zu wollen“, sagt er.
Strahlung und Unfallgefahr
Viele Gewerkschafter halten die Inbetriebnahme von Schacht Konrad in der Industrieregion Salzgitter für „strukturpolitisch unverantwortlich“. Ausdrücklich warnen sie aber auch vor einer Gefährdung der Gesundheit der hier lebenden Menschen durch radioaktive Strahlung und vor der Gefahr schwerer Unfälle bei Atommülltransporten in das Endlager.
„Mehrere Zehntausend Gewerkschaftsmitglieder werden ihr Leben lang auf Atommüll arbeiten“, betont Ozan Inci, Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung von VW Salzgitter. „Die Betriebe sind teils hoch störanfällig. Wir werden der Verantwortung für künftige Generationen nicht gerecht, wenn ohne die Rückholbarkeit zu gewährleisten und ohne genaue Kenntnis der geologischen Verhältnisse dieser Atommüll hier im Schacht Konrad gelagert wird.“
Nicht erst jetzt erweisen sich Gewerkschaften und insbesondere die IG Metall als ein Motor des Widerstands. Schon vor 20 Jahren initiierten die Metaller eine Spendenkampagne, um Klagen gegen das Endlager abzusichern. Im Frühjahr 2000 legten Tausende Stahl- und Metallarbeiter einen Tag die Arbeit nieder. Dass sich Gewerkschaften so eindeutig gegen Atomkraft positionieren, ist nicht selbstverständlich. In der Vergangenheit standen sich organisierte Arbeitnehmer und Atomkraftgegner oft unversöhnlich gegenüber.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene