Ein Jahr Bildungssenatorin Busse: Das darf nicht Schule machen

Rekord beim Lehrkräftemangel, einstürzende Schulbauten: Berlins Bildungssenatorin Busse (SPD) hat ein schwieriges erstes Jahr hinter sich.

Astrid-Sabine Busse beim Festakt anlässlich der Verbeamtung der ersten Berliner Lehrkräfte im Sommer Foto: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Als am 21. Dezember 2021 der neue Berliner Senat vereidigt wurde und die SPD das Bildungsressort behielt, war die Ansage der Regierenden an die von ihre ausgewählte Senatorin Astrid-Sabine Busse: „Keine großen Reformen in den nächsten Jahren.“ Die Schulen bräuchten Ruhe, das war Franziska Giffeys Diagnose. Es sei viel auf den Weg gebracht worden in der Bildungspolitik, Stichwort Schulbauoffensive. Nun müsse man „umsetzen, anpassen, managen“. Mit anderen Worten sagte sie zu Busse: Bringe den Laden zum Laufen.

Nun ist ein Jahr Rot-Grün-Rot vorbei, und dieses Jahr hat bisher eher offensichtlich gemacht, was alles nicht läuft. Beispiel Schulbau: Da bleibt nach den Sommerferien die Hals-über-Kopf-Auslagerung der verschimmelten Anna-Lindh-Schule im Wedding in Erinnerung. Der Schimmelbefall war zwar seit Jahren bekannt, doch eine Kernsanierung scheiterte auch immer wieder am Denkmalschutz.

Beim Gymnasium am Europasportpark in Pankow musste am Ende die Regierende ein Machtwort sprechen und dem Finanzsenator 40 Millionen aus den Rippen leiern für eine verschleppte Komplettsanierung des abrissreifen Plattenbaus. Busse konnte zwar nichts für vertrödelte Bauplanungen des Bezirks vor ihrer Amtszeit. Aber sie machte neben Giffey eine recht blasse Figur in dieser Geschichte.

Dann das zweite Großthema der Schulen, der Lehrkräftemangel. In Berlin blieben zum neuen Schuljahr im August rekordverdächtige 900 Stellen unbesetzt. Busse sagte im taz-Interview, sie rechne damit, dass diese Misere sich auch noch eine Weile fortschreiben werde.

Kurz darauf landeten die Berliner Viert­kläss­le­r*in­nen in einem der wichtigsten Ländervergleiche, der IQB-Studie, bei den Grundkompetenzen Lesen-Schreiben-Rechnen auf den letzten Plätzen. Die Schulen müssen also dringend besser werden, aber leider fehlt auf lange Sicht das Personal dafür. Eine schwierige Bilanz.

Missbilligung der CDU

Doch erstaunlicherweise ist es unglaublich ruhig um Busse geblieben, niemand arbeitet sich an der Bildungssenatorin ab. Nur die CDU versuchte im Juni mit einem Missbilligungsantrag im Parlament gegen Busses Amtsführung ein bisschen Unfrieden zu stiften: Die Senatorin sei ideenlos, überfordert, lasse den Fachkräftemangel und den Sanierungsstau bei den Schulgebäuden einfach laufen.

Es ist ja auch müßig, darauf einzusteigen – den Job der Bildungssenatorin will eh niemand machen. Die Grünen haben sich 2021 bei der Koalitionsbildung erfolgreich weggeduckt. Busse hat nämlich Recht: Einige Probleme, wie etwa der Lehrkräftemangel, werden noch eine ganze Weile lang da sein, egal ob man nun, wie Berlin jetzt wieder, verbeamtet oder nicht.

Das hat etwas mit Demographie zu tun. Die Babyboomer gehen allmählich in Rente und Pension, zu wenige junge Lehrkräfte kommen nach für steigende Kinderzahlen. Und es hat auch etwas mit dem Fachkräftemangel an den Unis zu tun. Die schaffen zwar fleißig Studienplätze, aber die Lehrqualität nimmt ab und immer weniger Studierende halten in der Folge ihr Lehramtsstudium überhaupt durch.

Keine Leute für Schulbau

Bei den bröckelnden Schulen ist es ähnlich. Die Bezirke finden keine Leute für die Bauplanung, wie Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) kürzlich nochmal betonte, und die Handwerksfirmen finden keine Handwerker.

Die Wahrheit ist aber auch, dass eine Regierende Giffey überhaupt niemanden gebrauchen kann, der große revolutionäre Ideen anzettelt. Giffey hat andere Schwerpunkte und Probleme für ihre Legislatur ausgemacht, so sie denn am 12. Februar wiedergewählt wird: Bauen, Mietenpolitik, eine modernisierte Verwaltung. Da kann sie keine Unruhe im Bildungsressort gebrauchen.

Für die Schulen ist das keine gute Nachricht. Wenn der Laden schon nicht richtig rund läuft, muss man wenigstens Ideen haben, wie man das ändern kann. „Umsetzen, anpassen, managen“ reicht da nicht.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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