Das bringt 2023 in Berlin (1): Impuls gegen den Lehrkräftemangel

Berlins Schulsenatorin übernimmt den Vorsitz in der Kultusminister*innenkonferenz. Auf sie warten große Herausforderungen.

Berlins Bildungssenatorin auf einer Pressekonferenz

In diesem Jahr oberste Bildungsministerin der Länder: Astrid-Sabine Busse (SPD)

BERLIN taz | Es ist eine ungelöste Frage: Wie autonom sollen die Länder in Bildungsfragen agieren? Derzeit haben sie weitgehend freie Hand – Schulangelegenheiten sind Ländersache, der Bund gibt höchstens Geld. Nicht je­de*r findet das immer sinnvoll, etwa beim länderübergreifenden Problem Fachkräftemangel.

2023 übernimmt Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz, also des Gremiums, in dem die Bil­dungs­mi­nis­te­r*in­nen der Länder zusammenkommen. Die Erwartungen an Berlins KMK-Vorsitz: Busse möge ihre Präsidentschaft nutzen, um endlich einen gemeinsamen, deutlichen Impuls gegen den Lehrkräftemangel zu setzen.

Sowohl Bil­dungs­po­li­ti­ke­r*in­nen der Koalitionsfraktionen als auch der Landeselternausschuss, Berlins oberste Elternvertretung, sagen: Da muss jetzt etwas kommen. Es könne nicht so weitergehen, „dass die Bundesländer versuchen, sich untereinander Lehrkräfte abzuwerben“, sagt Franziska Brychy, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Wir brauchen eine grundsätzliche Lösung.“

Diese konkrete Lösung könnte nach Meinung der Linken ein Staatsvertrag Lehrkräftebildung sein: Ein verbindlicher Vertrag also, der die Ausbildungsquoten in den Ländern regelt. Keine ganz neue Idee, sie steht so bereits im rot-grün-roten Koalitionsvertrag. Aber Brychy sieht mit der KMK-Präsidentschaft nun eine gute Gelegenheit, die Senatorin daran zu erinnern.

Marianne Burkert-Eulitz, Grüne

„Ich wünsche mir endlich eine pragmatische Organisation zwischen den Ländern.“

Denn obwohl die Länder bereits 2020 verabredeten, die Ausbildungsplatzkapazitäten zu erhöhen, ist der Personalmangel nicht behoben worden. Eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung kam kurz vor Weihnachten zu dem Ergebnis, dass die Länder 18 Prozent unter Bedarf ausbildeten – also weniger Lehrkräfte ausbilden, als sie einstellen.

Man müsse dafür auch gar nicht gleich den Föderalismus in Frage stellen, sagt die Bildungsexpertin der Grünen-Fraktion, Marianne Burkert-Eulitz: „Ich wünsche mir endlich eine pragmatische Organisation zwischen den Ländern.“ So ein Staatsvertrag habe ja auch durchaus Vorbilder, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei ähnlich gesetzlich geregelt.

„Ich glaube, das dringendste und wichtigste Thema ist der Lehrkräftemangel und die Einigung auf den Staatsvertrag“, sagt auch Norman Heise, Berlins Landeselternsprecher. Außerdem erwarte er, Stichwort Pandemie-Nachsorge, eine Verlängerung des Bundesprogramms „Stark trotz Corona“. „Ich denke“, sagt Heise, „mehr wird in der Konstruktion der KMK auch nicht möglich sein.“ Die Beschlüsse der zweimal jährlich tagenden Konferenz sind nicht bindend. Sie müssen, weil Bildung eben Ländersache ist, dort in Rechtsvorschriften übersetzt werden.

Lücken bei Digitalisierung

Aus Schü­le­r*in­nen­sicht wünscht man sich vor allem, dass die Digitalisierung nicht aus dem Blick gerät: „Wir haben das Gefühl, da dreht sich das Rad nach dem Schub durchs Homeschooling jetzt eher wieder zurück“, sagt Antonio Rosenberger, Vorstandsmitglied im Landesschül­er*in­nenausschuss. Die „Lücken“ zwischen gut und weniger gut ausgestattenen Schulen würden „größer“.

Busse selbst hat bereits angekündigt, in der KMK einen Fokus auf den Ausbau der inklusiven Ganztagsgrundschule zu legen: mehr Ganztagsplätze, bessere Betreuung auch im Brennpunkt. Bundesweit wird dafür bis 2035 mit einem Mehrbedarf von 75.000 Lehrkräften gerechnet.

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