EU zu Glyphosat: Zulassung um fünf Jahre verlängert
Die EU-Länder beschließen, Glyphosat weiterhin zu erlauben. Die deutsche Zustimmung war offenbar nicht mit der SPD abgestimmt.
Ohne die deutsche Stimme wäre die nötige Mehrheit nicht zustandegekommen. Neun Staaten – zum Beispiel Frankreich und Österreich – votierten dagegen, nur Portugal enthielt sich.
Glyphosat ist der meistverkaufte Pestizidwirkstoff. Im März 2015 stufte ihn die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Die Wissenschaftler beriefen sich insbesondere auf beunruhigende Ergebnisse von Tierversuchen. Rückstände der Chemikalie finden sich immer wieder in Lebensmitteln. Auch die Artenvielfalt ist gefährdet: Glyphosat zerstört so gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen auf dem Feld und damit laut Umweltbundesamt auch Nahrung beispielsweise für Vögel.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) kritisierte denn auch die deutsche Zustimmung als Vertrauensbruch. Sie habe noch am Montag gegenüber Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) erklärt, sie sei „mit einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat weiterhin nicht einverstanden“. Dennoch habe der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums in Brüssel für den Antrag der EU-Kommission gestimmt – wer an „Vertrauensbildung zwischen Gesprächspartnern interessiert“ sei, könne sich so nicht verhalten, sagte Hendricks. Bei einer Abstimmung vor gut zwei Wochen hatte sich die Bundesregierung noch enthalten.
Der geschäftsführende Landwirtschaftsminister Schmidt verteidigte sein Abstimmungsverhalten. „Mit unserer heutigen Zustimmung zur weiteren Zulassung von Glyphosat für fünf Jahre konnten wir wichtige Bedingungen durchsetzen“, teilte der CSU-Politiker mit.
Zusätzliche Maßnahmen
Der Minister nannte die „Stärkung der Rolle von Biodiversität und Tierwelt“, weitere Aufklärung im Hinblick auf die gesundheitlichen Gefahren für den Menschen und eine „Prüfung der Optimierungsmöglichkeiten des Genehmigungsverfahrens für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe“.
Schmidt begründete das deutsche Abstimmungsverhalten in Brüssel auch damit, dass die EU-Kommission „sich ohnehin für die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat entschieden“ hätte. „Die Kommission hätte damit den Wirkstoff ohne diese Bedingungen verlängert.“ National werde man zusätzliche Maßnahmen im Sinne restriktiverer Anwendungen ergreifen, versprach Schmidt.
Hendricks wies diese Argumentation aber zurück. Sie habe Schmidt unmittelbar vor der Entscheidung am Telefon klar gemacht, dass sie die Neuzulassung nicht unterstütze, „auch nicht unter bestimmten Konditionen“.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, sprach von einem „Glyphosatskandal“. „Das Umschwenken von einer Enthaltung in dieser Frage zur Zustimmung liefert uns einen Vorgeschmack auf die künftigen Machtverhältnisse in Berlin“, teilte der Abgeordnete mit.
Die EU-Kommission hatte ursprünglich beantragt, die Zulassung um 15 Jahre zu verlängern. Weil die Wissenschaft aber ständig neue Erkenntnisse vorlege, solle der Wirkstoff erst einmal nur für 5 weitere Jahre erlaubt werden, heißt es in der Vorlage, der die Mitgliedstaaten nun zugestimmt haben. Sie enthält kein Ausstiegsdatum.
Die Umweltorganisation Greenpeace forderte, dass Deutschland nun im Alleingang Glyphosat verbieten müsse. Der EU-Bauernverband Copa-Cogeca begrüßte zwar die neue Zulassung. Er bedauerte aber, dass sie nur für 5 Jahre gelten soll.
In der EU wird seit Jahren über den Unkrautvernichter gestritten. Die bisherige Zulassung für Glyphosat läuft am 15. Dezember aus.
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