EU-Rüstungskonferenz in Brüssel: EU will Waffenproduktion ankurbeln
Die Ukraine braucht Waffen und Munition. Europas Rüstungskonzerne sollen groß einsteigen. Auch vor Ort selbst soll produziert werden.
![Rheinmetall, Schwerer Waffenträger· steht auf dem Abzeichen eines Mitarbeiters. Rheinmetall, Schwerer Waffenträger· steht auf dem Abzeichen eines Mitarbeiters.](https://taz.de/picture/6985805/14/35235743-1.jpeg)
Es ist das erste Mal, dass sich die EU derart in die Aufrüstung eines nicht verbündeten Drittstaats einbinden lässt. Es ist auch das erste Mal, dass das „Rüstungsforum“ in Europa stattfindet. Die ersten beiden Waffenmessen zugunsten der Ukraine waren in Kyjiw und Washington abgehalten worden. Das dritte Treffen in Brüssel war nach Angaben der EU ein voller Erfolg: Mehr als 140 Rüstungsfirmen aus 25 EU-Ländern seien gekommen, um die Ukraine militärisch auszurüsten. „Wir haben die industriellen Kapazitäten, und wir haben das Geld“, erklärte Borrell. Nun gehe es darum, „mehr und schneller“ Waffen zu produzieren.
Bisher liegt die EU weit hinter ihren eigenen Zielen zurück. So hatte sie der Ukraine bis März eine Million Artilleriegeschosse versprochen. Geliefert wurde nur etwa die Hälfte. Um die Produktion anzukurbeln, hat die EU-Kommission im März eine eigene Rüstungsstrategie vorgelegt und Geld aus dem EU-Budget reserviert.
Allerdings dürften die bis 2027 vorgesehenen 1,5 Milliarden Euro kaum reichen, um den Nachholbedarf zu decken. Der zuständige Binnenmarktkommissar Thierry Breton räumte dies am Montag offen ein. „Wir wissen, dass es nicht genug ist“, sagte Breton. Doch ein Anfang sei gemacht. Die EU und die Ukraine hätten bei der Rüstungszusammenarbeit ein „neues Kapitel“ aufgeschlagen. Ziel sei es, die ukrainische Rüstungsindustrie zu einem „integralen Bestandteil“ des europäischen Verteidigungssektors zu machen, betonte er.
Europa rüstet mehr auf denn je
Schon jetzt sorgt die enorme Nachfrage nach Waffen und Munition dafür, dass große Waffenschmieden wie Rheinmetall ihre Produktion immer mehr auf die Ukraine ausrichten. Man sei bereits „der wichtigste rüstungsindustrielle Partner des Landes bei seinem Abwehrkampf gegen die russische Aggression“, brüstet sich der Düsseldorfer Konzern. Im laufenden Jahr will Rheinmetall der Ukraine eigenen Angaben nach „Hunderttausende“ Granaten liefern, finanziert aus Mitteln der EU.
Unterstützt wird die Aufrüstung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sei jetzt auch, „Rüstungsindustrieminister“ zu sein, erklärte Habeck Ende April in Berlin. Ähnliche Stimmen kommen aus Paris. Verteidigungsminister Sébastien Lecornu drohte der Industrie zuletzt mit Beschlagnahmung, falls sie nicht schneller Waffen produziert.
Noch vor ein paar Jahren wären diese Töne undenkbar gewesen. Schließlich schmückten sich die Europapolitiker in Brüssel, Berlin und Paris lange mit dem Friedensnobelpreis, der der EU 2012 in Oslo verliehen worden war. Noch 2019, zu Beginn der Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, war Aufrüstung kein Thema. Nun beherrscht sie die EU-Agenda. Kritiker verweisen zwar weiter auf Artikel 41 (2) des EU-Vertrages, der es verbietet, „Ausgaben aufgrund von Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen“ aus dem EU-Haushalt zu finanzieren. Doch sie werden kaum noch gehört.
Europa rüstet sogar mehr auf denn je. Nach Angaben des Friedensforschungsinstituts Sipri lagen die Militärausgaben in Europa 2023 insgesamt höher als in China. Mit 37 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag der Anteil der Verteidigungsausgaben in der Ukraine besonders hoch. Grund dafür ist die russische Invasion.
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