EU-Nitratrichtlinie: Deutschland entgeht Strafe

Die EU will Deutschland nicht mehr wegen zu viel Nitrats aus Düngern im Wasser bestrafen. Damit falle ein Druckmittel zu früh weg, so Umweltschützer.

in Landwirt bringt mit seinem Gespann Gülle im sogenannten Schleppschuh Verfahren auf einem Feld aus

Die Stickstoffverbindung Nitrat ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser Foto: Philipp Schulze/dpa

BERLIN taz | Die Europäische Kommission stellt ihr Strafverfahren gegen Deutschland wegen der Wasserverschmutzung durch Nitrat aus Dünger ein. Bund und Länder hätten ihre Düngevorschriften so überarbeitet, dass sie der EU-Nitratrichtlinie entsprechen und die Belastung der Gewässer verringern, teilte die Behörde am Donnerstag mit. „Damit sind auch die drohenden, sehr hohen Strafzahlungen vom Tisch“, ergänzten die von den Grünen geführten Bundesministerien für Umwelt und Landwirtschaft. Es sei mit einem Pauschalbetrag von mindestens 17 Millionen Euro und einem täglichen Zwangsgeld von bis zu 1,1 Millionen Euro zu rechnen gewesen.

Die Stickstoffverbindung Nitrat etwa aus Gülle ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. Zu viel Dünger trägt zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei. Wenn beispielsweise mehr Stickstoff ausgebracht wird, als die Pflanzen aufnehmen können, versickert er.

Da im hiesigen Grundwasser häufig mehr Nitrat festgestellt wurde als die EU-Richtlinie erlaubt, verurteilte der Europäische Gerichtshof 2018 die Bundesrepublik. Weil Deutschland nach Meinung der Kommission auf das Urteil nicht ausreichend reagierte, startete sie ein zweites Vertragsverletzungsverfahren. Daraufhin weiteten die Bundesländer die besonders nitratbelasteten, „roten Gebiete“ aus, wo grundsätzlich nur noch 20 Prozent weniger Stickstoff als angeblich nötig gedüngt werden darf. Die Bundesregierung verlängerte auch die Sperrfristen, in denen gar nicht gedüngt werden darf, verbot das Düngen auf gefrorenen Böden und verschärfte die Vorschriften auf Hängen.

Überdüngung gesunken, aber nicht genug

„Es ist was passiert. Die Nährstoffüberschüsse sind zurückgegangen“, sagte der taz Friedhelm Taube, Agrarprofessor an der Universität Kiel. Aber sie seien immer noch zu hoch. Im mehrjährigen Mittel brächten die Landwirte in Deutschland pro Hektar im Schnitt 90 Kilogramm Stickstoff zu viel aus. Ziel bis zum Jahr 2030 seien 70 Kilogramm.

„Für die Umwelt bedeutet die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens, dass da nun ein Druckpotenzial fehlt“, kritisierte Martin Hofstetter, Agraringenieur der Umweltorganisation Greenpeace. Die Kommission hätte warten sollen, bis die Verursacher von Überdüngung wirklich sanktioniert werden können. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erinnerte daran, dass die Länder die Vorgaben des Bundes aus der EU-Nitratrichtlinie „noch immer“ nicht vollständig umgesetzt hätten.

Tatsächlich sieht der Bauernverband die Brüsseler Entscheidung als Möglichkeit, das Düngerecht wieder zu entschärfen. „Die Ampelkoalition muss jetzt den aktuellen Regierungsentwurf des Düngegesetzes kritisch prüfen und anpassen“, teilte der Verband mit.

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