EU-Gipfel zur Ukraine-Frage: Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Selenski macht sich zurecht Sorgen: Beenden die USA unter Trump die Hilfe an die Ukraine, steht die EU alleine da. Einen Plan B hat sie nicht.
![Portrait von Wolodymyr Selenskyi Portrait von Wolodymyr Selenskyi](https://taz.de/picture/7427755/14/37271620-1.jpeg)
F ür die EU und ihre Ukrainepolitik naht die Stunde der Wahrheit. In einem Monat übernimmt Donald Trump in Washington die Macht – da müssen sich die Europäer auf alles gefasst machen. Auch das Albtraumszenario – ein „Diktatfrieden“ für die Ukraine und ein Rückzug der USA aus Europa – ist nicht ausgeschlossen.
Doch der letzte EU-Gipfel „vor Trump“ hat offenbart, dass die EU nicht gut vorbereitet ist. Sie geht schwach und uneins in die Ära Trump 2.0. Ausgerechnet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dies ausgesprochen. Er klagte in Brüssel nicht nur über fehlende Waffen und schlecht ausgerüstete Kampfbrigaden.
Selenskyj hat auch den Finger in die transatlantische Wunde gelegt: Die Europäer wären nicht in der Lage, die Amerikaner zu ersetzen, falls Trump seine Drohung wahr machen und sich aus der Ukraine zurückziehen sollte. „Nur zusammen können die USA und Europa Putin tatsächlich stoppen und die Ukraine retten“, warnte er.
Das wissen Kanzler Olaf Scholz und die anderen Staats- und Regierungschefs natürlich auch. Die EU allein wird die Ukraine nicht verteidigen können. Selbst große Länder wie Deutschland, Frankreich oder Polen sind bei der Waffen- und Finanzhilfe an ihre Grenzen gekommen. Auch die politische Unterstützung bröckelt.
Parolen
Doch statt diese bittere Wahrheit endlich auszusprechen, taten die Staats- und Regierungschefs immer noch so, als ginge es auch ohne Trump. In der Gipfelerklärung kommt der nächste US-Präsident gar nicht vor. Umso mehr strotzt der Text vor Durchhalteparolen und Treueschwüren, wie wir sie seit Jahren aus Brüssel hören.
Woran liegt das? Nun, die neue Führung hat keinen Plan. Und die 27 EU-Staaten sind heillos zerstritten. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Ukraine nach einem möglichen Waffenstillstand mit „Friedenstruppen“ sichern will, ist das für die meisten anderen Staats- und Regierungschefs ein No-Go.
Man dürfe nicht den dritten Schritt vor dem ersten machen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel. Da hat er natürlich recht – doch wie der erste und der zweite Schritt aussehen sollen, konnte er nicht sagen. Scholz hat nämlich auch keinen Plan. Wie auch? Niemand weiß, was Trump im Schilde führt.
Umso wichtiger wäre es, sich mit dem unberechenbaren US-Republikaner zusammenzusetzen. Darauf läuft auch hinaus, was Selenskyj in Brüssel sagte. Er appellierte an die Europäer, auf Trump zuzugehen. Darauf hätten sie natürlich auch alleine kommen können. Peinlich genug, dass es diesen Ratschlag überhaupt braucht!
Statt eines Termins gab es bisher aber nur ein Telefonat. Was Scholz mit Trump besprochen hat, wollte er nicht verraten. Soll das nun bis zum 20. Januar so weitergehen? Müssen wir uns auf Geheimdiplomatie verlassen? Das kann es doch nicht sein! Die EU und die Ukraine müssen endlich selbst die Initiative ergreifen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau