Drohneneinsätze der US-Armee: Ramstein kann bleiben
Genügen die Maßnahmen der Bundesregierung gegen eventuell völkerrechtswidrige Drohnenangriffe im Jemen? Ja, sagt das Bundesverwaltungsgericht.
Inhaltsverzeichnis
Die drei Männer aus dem Jemen hatten Angehörige durch mutmaßlich völkerrechtswidrige US-Drohnenschläge verloren. Mit Unterstützung der Berliner Menschenrechtsorganisation ECCHR klagten die Jemeniten seit 2014 vor deutschen Verwaltungsgerichten gegen die Bundesrepublik. Die Bundesregierung solle dafür sorgen, dass sie künftig keine Angst mehr vor rechtswidrigen Drohnenangriffen haben müssen.
Im März 2019 konnten sie beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen unerwarteten Erfolg erzielen. Das Gericht stellte fest, es gebe „gewichtige Anhaltspunkte“, dass die US-Drohnenangriffe im Jemen zumindest teilweise gegen Völkerrecht verstießen. Die USA könnten sich nicht auf einen weltweiten „Krieg gegen den internationalen Terrorismus“ berufen.
Außerdem gebe es kein Recht zur „präventiven Selbstverteidigung“. Die USA könnten nur an der Seite der jemenitischen Regierung im dortigen Bürgerkrieg gegen al-Qaida gegen konkrete Al-Qaida-KämpferInnen vorgehen.
Nur ein Datenstrom
Die Münsteraner RichterInnen stellten damals fest, die US-Airbase in Ramstein sei wegen der Erdkrümmung ein „notwendiges Bindeglied“ zwischen der Drohnensteuerung in den USA und der Drohne im Jemen. Deutschland habe also eine Schutzpflicht für jemenitische BürgerInnen gegen rechtswidrige Drohnenangriffe.
Dieser Schutzpflicht sei die Bundesregierung bisher noch „nicht ausreichend“ nachgekommen. Die Münsteraner RichterInnen sahen aber auch keine Pflicht, die Verträge zu kündigen, auf deren Grundlage Ramstein betrieben wird.
Die Revision der Bundesregierung gegen das Münsteraner Urteil hatte Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hob die OVG-Entscheidung auf und lehnte die Klage der Jemeniten in vollem Umfang ab.
So fanden es die Leipziger RichterInnen schon fraglich, ob Deutschland hier tatsächlich eine Schutzpflicht zugunsten der jemenitischen Bevölkerung hat. Zum einen sei der Bezug zu Deutschland zu gering, wenn in Ramstein nur ein Datenstrom durchfließe. Ein „rein technischer Übermittlungsvorgang“ reiche nicht aus.
USA sicherten rechtmäßige Einsätze zu
Zum anderen müsse es in der Vergangenheit zu „regelmäßigen“ Völkerrechtsverstößen gekommen sein, um anzunehmen, dass die US-Drohnen auch künftig rechtswidrig eingesetzt werden. Bei der Frage, was völkerrechtswidrig ist, dürfe das Gericht nicht nur seine eigene Auffassung zugrunde legen, sondern müsse auch andere „vertretbare“ Positionen berücksichtigen.
In beiden Fragen hätte das Verfahren an das OVG zurückverwiesen werden können, damit die Münsteraner RichterInnen neu prüfen können. Darauf verzichteten die Leipziger RichterInnen jedoch.
Denn selbst wenn eine Schutzpflicht gegen völkerrechtswidrige US-Drohnenangriffe entstanden wäre, so der Vorsitzende Richter Ingo Kraft, habe Deutschland genug unternommen, um der Schutzpflicht gerecht zu werden: Die Bundesregierung habe das Problem gegenüber den USA thematisiert und zudem eine Zusicherung eingeholt, dass die Aktivitäten auf der Airbase „in Einklang mit dem geltenden Recht“ erfolgen. Dies sei nicht „völlig unzureichend“.
Richter Kraft wies auf die ständige Rechtsprechung hin, dass die Bundesregierung bei der Erfüllung von Schutzpflichten einen weiten Spielraum habe. Sie dürfe nur nicht untätig bleiben oder völlig ungeeignete Maßnahmen ergreifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben